Zwischen Heimat und Fernweh: Meine Zeit in Costa Rica

18. Juni 2024   |   Hannah Schnell

Nach über 8 Monaten in Costa Rica, würde ich sagen, bin ich endlich wirklich angekommen. 

Ich habe eine feste, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vereinbare Sportroutine gefunden, der Busfahrer kennt meinen Namen, auf der Arbeit sind wir fester Bestandteil des Teams, und ich kann inzwischen ohne Probleme Tortillas backen und Pinto kochen.

Meine Wochenroutine läuft gut, und ich mag meine Arbeit, vor allem mit den Kindern und den Senior*innen. Und bin ich mal ein paar Tage weg, merke ich, dass ich mich trotzdem freue, wieder meine Gastfamilie (& im Besonderen die besten Hunde der Welt) zu sehen – und sie mich.

Doch trotzdem spüre ich Sehnsucht. Sehnsucht nach Dingen, die ich in Deutschland hatte und mit deren Fehlen man sich zeitweise abfindet, die aber vor allem dauerhaft einen großen Unterschied machen. Ich sehne mich nach bestimmten Lebensmitteln, aber vor allem nach der Einfachheit, schnell zu einem Supermarkt zu gelangen. Ich sehne mich nach einem Fahrtweg, bei dem ich zu meinem Sport anstatt 1,5 Stunden nur 10 Minuten brauche und bei dem ich mich ungebunden an irgendwelche Fahrzeiten auf mein Fahrrad schwingen kann.

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Ich sehne mich danach, mich nachmittags spontan mit Freunden im Park oder im Café treffen zu können – beides gibt es bei mir im Dorf nicht, sondern erfordert immer Planungsaufwand aufgrund der schlechten Busfahrzeiten. Doch es ist nicht nur Sehnsucht nach Dingen, die bereits vorhanden waren, beziehungsweise sind, sondern auch danach, weitere Schritte zu gehen. Das heißt für mich, endlich zu studieren, in die erste eigene Wohnung zu ziehen und neue Leute kennenzulernen, die dieselben Interessen teilen.

Dadurch, dass jetzt Anfang Mai die Bewerbungsphase für das Wintersemester 2024/2025 anfing und ich mich seit März bei Online-Seminaren von möglichen Hochschulen eingeloggt habe, wächst natürlich auch der Fokus auf das Thema Studium und anders als zuvor kreisen die Gedanken deutlich mehr um die Zeit nach dem Freiwilligendienst.

Etwas, was – obwohl nach ein Viertel der Zeit vor mir liegt – die Ungeduld nach neuen Erfahrungen und Fortschritten steigert, aber einen gleichzeitig auch oft an den Moment denken lässt, an dem man ins Flugzeug zurück nach Deutschland steigen wird. Und wenn ich an dem Punkt in meinen Gedanken angekommen bin, macht mich das wiederum unfassbar traurig.

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Denn mit dem Beginn des Studiums und der Rückkehr nach Deutschland endet – für immer – das (zweite) Leben in Costa Rica. Die Menschen (& Tiere), die man so lieb gewonnen hat, wird man höchstens in ein paar Jahren oder vielleicht auch nie wieder sehen. Aus „pura vida“ wird wieder eine Leistungsgesellschaft. Aus mit Menschen arbeiten wird – für mich zumindest – wieder stundenlanges Lernen für Klausuren.

Diese Dualität der Gefühle innerhalb von Momenten soll jedoch nicht das sein, was meine letzten 3 Monate in Costa Rica prägen wird – deshalb denke ich, ist es wichtig, das ganze emotionale Chaos zu akzeptieren und noch so viele Erfahrungen und schöne Momente wie möglich zu sammeln. Denn die Erinnerungen an diese genau 363 Tage in Zentralamerika werden mit dem Schritt ins Flugzeug nicht so einfach verschwinden – die bleiben für immer.

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