Lernen, in den Unterschieden zu leben

14. November 2018

Woran denken die Leute als erstes, wenn man von Deutschland spricht? Manche denken an die berühmten Würstchen, andere an die große Vielfalt von Biersorten, wieder andere denken an Bauwerke und große Unternehmen und natürlich an die bekannte Vorstellung, dass die Deutschen wegen ihres Tonfalls immer schlecht gelaunt wirken.

Ich lebe seit vier Monaten in diesem Land und zwar in der Hauptstadt Berlin, einer multikulturellen Gegend voller Menschen, Kirchen und Züge. In dieser kurzen Zeit habe ich vieles gesehen, was für diese Gegend typisch ist, zum Beispiel, dass Arbeit einer der Mittelpunkte des Lebens ist, dass Pünktlichkeit extrem wichtig ist und dass um den heißen Brei herumzureden nicht der Stil der Deutschen ist. Wenn ihnen etwas nicht gefällt, dann sagen sie es dir und damit hat es sich erledigt. Sie sind sehr direkt, wenn sie eine Aufgabe erledigen oder sie jemandem zuweisen. Und manche Dinge, die für mich ganz normal sind, wie ein Kuss auf die Wange zur Begrüßung oder Umarmungen, sind hier gar nicht so weit verbreitet.

Manchen erscheinen diese Eigenschaften vielleicht etwas unhöflich, ich weiß, ich erfinde hier

auch nicht gerade das Rad neu. Aber in gewisser Weise ist es etwas Neues, was ich erlebe. Manche Situationen waren für mich ein Kulturschock, andere sehr schön. Der Prozess ist nicht einfach, aber wenn er es wäre, dann wäre es auch keine so große Herausforderung.

Es geht mir nicht darum, Regionen oder Lebensstile zu vergleichen, denn es sind gerade die Unterschiede, die einen Ort, ein Land und seine Leute interessant machen. Die Geschichte eines Landes, seine Vergangenheit, seine Entwicklungen und seine großen Ereignisse lassen das Verhalten der Menschen, ihre Politik und sogar ihren Glauben viel klarer werden. Die Unterschiede zwischen kulturell ‚warmen‘ und ‚kalten‘ Ländern spiegeln sich in fast allen Bereichen des Lebens wider, von familiären Beziehungen bis zu Arbeitsabläufen in einem Betrieb.

Von dem Moment an, in dem ich zugesagt habe, in dieses Land zu kommen, wusste ich, dass ein neuer Abschnitt meines Lebens beginnt, an dem ich wachsen würde. Ich musste aus meiner Komfortzone heraus und mein Land und meine Leute verlassen. Am Anfang gibt es zu viele Veränderungen und neue Regeln, aber Zeit, Geduld und Lernbereitschaft helfen bei der Eingewöhnung.

Es war eine Erfahrung mit Höhen und Tiefen, definitiv eine Achterbahn der Gefühle. Manches war befremdlich, aber anderes habe ich auch genossen; ich habe geweint, aber auch viel gelacht. Trotz allem waren es gute Monate und eine Vorbereitung für das, was kommt, nun mit mehr Verstand, Aufmerksamkeit und Wissen.

Fern von meiner Familie und meinen Freunden zu leben ist trotzdem schwierig. Das hat mir geholfen mich daran zu erinnern, woher ich komme, und hilft mir, mich selbst besser kennenzulernen und wertzuschätzen, was ich hinter mir gelassen habe, aber auch, was noch vor mir liegt. Noch gibt es viel mehr zu lernen; hier zu sein stellt eine tägliche Herausforderung dar, aber ich bin mir sicher, dass diese Zeit mich wachsen lassen wird und mir eine andere Sicht auf die Welt ermöglicht.

Hier noch eine kurze Liste von Dingen, die mich hier begeistert haben:

* Die öffentlichen Verkehrsmittel sind schnell, effizient und pünktlich, außerdem ist es nicht schwierig, weiter entfernt liegende Orte zu erreichen.

* Der Herbst ist wunderschön und gibt der Stadt einen magischen Anstrich, wenn man die Farben der Blätter sieht und wie sich die Bäume von Tag zu Tag verändern.

* Das Brot ist lecker und man isst es meistens jeden Tag.

* Der Stil mancher Gebäude, die alt, aber immer noch elegant sind.

Ich danke den Menschen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben, und auch denen, die sich ein bisschen Zeit genommen haben, um diesen Artikel zu lesen.

Danke schön!