Kulturschocks der letzten 6 Monate

10. April 2023   |   Autorin: Svea

Kulturschocks der letzten 6 Monate

Buenos días,

für meinen zweiten Blogartikel habe ich mir überlegt, dass ich eine Liste von Kulturschocks ausformuliere, die mir in meinem letzten halben Jahr in Costa Rica begegnet sind. Die Punkte habe ich dann nochmal in Kategorien eingeteilt, um es etwas übersichtlicher zu gestalten. Erstaunlicherweise ist es mir ziemlich leichtgefallen, die Kultuerschocks zu benennen. Im Folgenden soll es sich also um die Themengebiete Lebensmittel, Haushalt und Allgemeines drehen.

Lebensmittel:

#01: Salsa Lizano
Diese Soße ist typisch costa-ricanisch und wird für viele Gerichte zum Würzen benutzt. Aus einem costa-ricanischen Haushalt ist diese daher nicht wegzudenken und auch im Supermarkt ist sie mengenweise in allen Formen und Größen zu finden.

#02: Gallo Pinto
Es ist das Nationalgericht Nummer eins und wird vorwiegend zum Frühstück gegessen. Es besteht aus Reis und Bohnen vom Vortag und wird mit der eben erwähnten Salsa Lizano gewürzt.

#03: Pollo
Polllo, also Hühnchen wird in Costa Rica sehr viel gegessen und beinahe jedes traditionelle Gericht beinhaltet Hühnchen. Vegetarisch zu leben ist daher auch nicht ganz so einfach wie in Deutschland, aber durchaus machbar.

#04: Zucker
Dazu gibt es nicht viel zu sagen, außer dass er wirklich überall drin ist.

#05: Gummibärchen
In Costa Rica sind Gummibärchen eine echte Rarität und wenn es tatsächlich welche gibt, dann beinhalten sie noch mehr Zucker als in Deutschland. Im Automercado (Supermärkte mit vielen Importprodukten aus aller Welt) gibt es zwar Haribo, die aber zu einem viel zu hohen Preis angeboten werden.

#06: Schokolade
Als Mittelamerikanisches Land, in dem Kakaobohnen wachsen, sollte man meinen, dass es Schokolade in den verschiedensten Ausführungen gibt. Allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Mit Glück findet man irgendwo eine kleine Vollmilchschokolade, aber sowohl Zartbitterschokolade als auch weiße Schokolade sind nur sehr teuer im Automercado zu finden.

#07: Obst
Zwar muss ich auf Gummibärchen und Schokolade verzichten, dafür ist aber das Obst hier so viel besser als in Deutschland. Insbesondere wenn es zu Ananas, Papaya oder Wassermelone kommt. Aber auch Früchte wie Mamon Chino, die es in Deutschland gar nicht zu kaufen gibt, sind hier superlecker und definitiv etwas, was ich vermissen werde, wenn ich wieder in Deutschland bin.

#08: Batidos
Wo wir schon beim Thema Obst sind, muss ich unbedingt auch Batidos in die Liste aufnehmen. Batidos sind nichts anderes als Smoothies, werden aber in so gut wie jedem Restaurant angeboten. In der Regel hat man dann die Wahl zwischen einem Batido „en agua“ oder „en leche“, also mit Wasser oder Milch. Ein kleiner Tipp: Um das Obst in seiner natürlichen Süße genießen zu können, sollte man immer dazu sagen, dass man den Batido ohne Zucker möchte.

#09: Kochbanane
Kochbananen kannte ich vorher überhaupt nicht und ich muss ehrlich zugeben, dass ich lange gebraucht habe, um mich mit ihnen anzufreunden. Man kann sie sowohl kochen als auch backen oder frittieren. „Platano“, wie die Costa Ricaner sagen, gibt es auch wirklich überall in Form von Chips zu kaufen.

Haushalt:

#10: Essig und Chlor
Als Mischung mit Wasser werden Essig und Chlor zum costa-ricanischen Allzweckreiniger. Damit wird hier in Costa-Rica wirklich alles saubergemacht. Vom Wischen des Bodens, über das Schrubben der Zimmerwände, bis hin zum Waschen von Obst und Gemüse.

#11: Gelbe Putzlappen
Ich sag’s euch, diese Putzlappen sind wirklich überall. Die Mikrofasertücher kann man als Einheitsgröße überall kaufen und wirklich jeder besitzt diese Tücher und benutzt sie im Haushalt.

#12: Reiskocher
Nicht nur gelbe Mikrofasertücher, sondern auch mindestens ein Reiskocher darf in keinem costa-ricanischen Haushalt fehlen. Es ist aber auch sehr viel einfacher und schneller als Reis im Topf zu kochen.

#13: Waschmaschine
Die Waschmaschinen sind hier wirklich gewöhnungsbedürftig, denn sie sind zum einen sehr viel größer als deutsche Modelle und zum anderen werden sie ganz anders bedient. In der Waschmaschine sind Wäschetrommel und Schleuder voneinander getrennt. Vor dem Waschen muss in die Trommel manuell über einen Schlauch das Wasser eingelassen werden. Schließlich wird die Wäsche 15 Minuten in kaltem Wasser gewaschen. Bei stark verschmutzter Wäsche wird der Waschgang einfach nochmal wiederholt. Danach muss man die Wäsche noch fünf Minuten zum Schleudern in die Schleuder legen, bevor sie zum Trocknen aufgehängt werden kann.

Allgemeines:

#14: Toilettenpapier
Wie in vielen anderen Regionen der Welt, wird auch das Toilettenpapier in Costa Rica separat im Mülleimer entsorgt, weil sonst die Toiletten sehr schnell verstopfen würden.

#15: Hygiene
In Costa Rica ist Hygiene ein sehr wichtiges Thema und es wird erwartet, dass man mindestens einmal am Tag duschen geht. Sogar die Kinder im Projekt kommen jeden Tag frisch geduscht und viele sogar noch mit nassen Haaren. Der Kleidungsstil ist generell auch eher etwas schicker und normalerweise trägt jeder Parfum (auch Kinder). Auch an Zahnhygiene mangelt es nicht, denn hier werden die Zähne mehrmals täglich geputzt. Die Kinder müssen allein während der Zeit im Projekt schon dreimal ihre Zähne putzen. Am Nachmittag werden die Kinder außerdem umgezogen und ihnen wird eine Frisur gemacht.

#16: Kindererziehung
Davon war ich ehrlich erschrocken, denn mir war nicht bewusst, dass sich die Kindererziehung in Costa Rica so wenig entwickelt hat. Ich konnte es kaum glauben, als ich zum ersten Mal mitbekommen habe, wie ein Kind Zuhause geschlagen wurde. Auch über die Selbstverständlichkeit, mit der die Menschen darüber reden, dass die Kinder Zuhause geschlagen werden, hat mich ernsthaft schockiert. Im Projekt ist das aber nicht der Fall. Trotzdem ist auch hier die Pädagogik noch nicht so weit fortgeschritten wie in Deutschland und vor allem leider sehr inkonsequent.

#17: Namensgebung
Viele Menschen in Costa Rica tragen Namen aus aller Welt, besonders aus Amerika, die dann aber sehr anders ausgesprochen werden. Es ist natürlich nicht ganz einfach, das schriftlich darzustellen, aber ich versuche euch mal ein paar Beispiele zu geben:

  • Der Name Abigail wird hier genauso ausgesprochen wie er geschrieben wird.
  • Aus Stewart wird etwas wie [Estiwuart]
  • Und ein Vlademir wird zu einem Blademir, weil im Spanischen das V wie ein B und das B wie ein V ausgesprochen wird

#18: Spanisch:
Das Spanisch, das in Costa Rica gesprochen wird, unterscheidet sich merklich vom spanischen Spanisch. Zum einen haben einige Dinge einfach andere Bezeichnungen und zum anderen ist auch die Aussprache ganz anders, denn hier wird zum Beispiel das R nicht ganz so stark gerollt. Außerdem wird die Orthografie hier nicht so ernst genommen und in der strengen Theorie würden die Sätze überhaupt keinen Sinn ergeben, in der Praxis scheint es aber zu funktionieren.

#19: Hilfsbereitschaft:
Die Ticos (so werden die Costa Ricaner genannt) sind im Gesamten sehr viel hilfsbereiter und zuvorkommender als die Deutschen. Wenn man sie um etwas bittet, wird es meistens freundlich gemacht und auch danach keine Gegenleistung erwartet.

#20: Pura Vida:
Das Leben in Costa Rica läuft ganz nach dem Motto „Pura Vida“. Die Ticos sehen alles viel entspannter und haben einen simpleren Blick auf das Leben.

#21: Straßenverkehr:
Ziemlich passend zum Thema „Pura Vida“ ist der Straßenverkehr, denn der kann gerade in größeren Städten wie San José sehr chaotisch werden und wo Deutsche schon längst am Fluchen wären, sitzen die Ticos völlig entspannt hinter dem Steuer. Definitiv etwas, was ich bewundere. Und mal ehrlich, was bringt es schon sich aufzuregen? Ändern wird es sowieso nichts.

#22: Kälter als gedacht
Wer an Costa Rica denkt, hat Sonne und unerträgliche Wärme im Kopf. In der Sommerzeit am Pazifik oder in der Karibik kann man auch genau das erwarten. Wer aber in den Bergen lebt, sollte ausreichend lange Hosen und Pullover mitnehmen, denn dort kann es auch sehr kalt werden. Das musste ich leider auch feststellen und ich wünschte, ich hätte es vorher gewusst.

#23: Tagesrhythmus
Die Ticos stehen in der Regel sehr früh auf und gehen dafür früher ins Bett. Dementsprechend beginnt die Arbeit der meisten sehr früh und auch die Schule beginnt hier um 7 Uhr. Häufig höre ich meine Gastmutter schon um 4:30 Uhr in der Küche und abends geht sie dann zwischen 20 Uhr und 21 Uhr ins Bett. Hier ist es allerdings morgens um 5:30 Uhr schon hell, während die Sonne um 18 Uhr schon wieder untergeht.

#24: Religion wird anders ausgelebt
In diesem Punkt kann jede:r Freiwillige:r eine andere Erfahrung gemacht haben. Ich habe allerdings festgestellt, dass hier der katholische Glaube weniger über die Kirche, als über die Bibel ausgelebt wird. Meine Gastfamilie geht beispielsweise kaum in die Kirche, dafür finden regelmäßige Online- oder Präsenztreffen statt, um aus der Bibel zu lesen und zu singen.

#25: Teuer
Man würde meinen, das Leben in Costa Rica wäre so günstig, wie in anderen Ländern Zentral- und Südamerikas, aber nicht umsonst wird Costa Rica als Schweiz Lateinamerikas bezeichnet. Die Preise gleichen ungefähr dem europäischen Standard und mein Jahr in Costa Rica fällt leider alles andere als günstig aus.

So, das war es jetzt erstmal von mir. Zum Schluss möchte ich allerdings nochmal betonen, dass die Liste ausschließlich auf den Erfahrungen meines Freiwilligendienstes basieren und jede:r kann andere Erfahrungen gemacht haben.

Pura Vida!

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