Bis zu meiner SDG–Tätigkeit war es ein weiter Weg, der sich aber definitiv gelohnt hat. Ganz am Anfang meiner Suche war ich lange Zeit ziemlich ratlos in welche Richtung ich überhaupt gehen wollte, und als ich mich schließlich für die soziale Richtung entschlossen hatte, hat sich die Bewerbung bei meinem jetzigen Träger (Inneren Mission e.V.) noch lange gezogen. Vor ca. einem Monat bekam ich dann endlich die Nachricht, dass die Organisation eine Stelle gefunden hatte, bei der ich gleich anfangen könnte. Nach der langen Wartezeit war ich super glücklich, endlich anfangen zu können – allerdings bekam ich gleich am nächsten Tag einen Anruf, dass meine Arbeitsstelle wegen Corona für 2 Wochen in Quarantäne muss.
Jetzt arbeite ich zwar erst seit 2 ½ Wochen, aber es gibt trotz der kurzen Zeit schon viel zu erzählen. Meine Stelle ist beim Unterstützungsangebot für geflüchtete Kinder und Jugendliche in einer Erstaufnahmeunterkunft. In diesen Unterkünften verbringen die geflüchteten Familien im Schnitt zwischen 2 Wochen und höchstens 2 Monaten (manchmal noch länger), bevor sie in eine dauerhaftere Unterkunft vermittelt werden. Die Kinder gehen deshalb noch nicht in den Kindergarten oder in die Schule und können auch meistens noch kaum Deutsch sprechen. Dadurch fällt in den Erstaufnahmeunterkünften kaum Papierkram für meine Abteilung an und ich kann die meiste Zeit mit den Kindern verbringen. Natürlich ist wegen Corona der Alltag wie fast überall erheblich eingeschränkt. In meiner Unterkunft gibt es ein Spielezimmer, in dem normalerweise die Kinder und Jugendlichen zweimal pro Tag Zeit verbringen können. Es werden auch regelmäßig Ausflüge, z.B. in Museen oder Parks, gemacht. Zudem gibt es in der Nähe noch zwei Freizeitstätten für geflüchtete Kinder und Jugendliche, die auch sehr vielseitige Angebote haben. Im Moment darf allerdings immer nur eine Familie mit entsprechenden Hygienemaßnahmen (das Tragen von Masken, regelmäßiges Lüften und gründliches Desinfizieren aller Oberflächen) in das Zimmer und auch bei einem Ausflug dürfen wir nur eine Familie einladen. Der Vorteil dabei ist, dass man sich auf die Kinder individuell konzentrieren kann, aber meine Kollegen sind sich einig, dass sie den alten Trubel vermissen.
Bei meinem ersten richtigen Arbeitstag habe ich gleich bei der Fortbildung „Lesen bringt uns weiter“ von der Stiftung Lesen teilgenommen. Diese drehte sich um das Thema, wie wir mit Hilfe von Büchern geflüchtete Kinder beim Deutschlernen unterstützen können. Besonders für mich (ohne pädagogisches Vorwissen im Bereich der Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen) waren viele neue Methoden und Ideen dabei, die ich davor noch gar nicht kannte.
Durch die Corona-Maßnahmen haben die Kinder und Jugendlichen kaum Möglichkeiten aus ihrem Zimmer rauszukommen, und besonders bei der einsetzenden Kälte wird auch kaum mehr Zeit draußen verbracht. Ein aktuelles großes Projekt von mir ist daher, kleine „Spielepakete“ für Familien zusammenzustellen, mit denen sie sich auch in ihren Zimmern beschäftigen können. Dafür habe ich zum einen eine Spendenaktion für Farbstifte organisiert, um diese zusammen mit Ausmalbildern zu kleinen Päckchen zu packen und plane Spiele wie Memory oder Mensch-ärgere-dich-nicht selbst zu basteln, um auch diese verteilen zu können.
Die Arbeit mit den Kindern macht mir persönlich sehr viel Spaß, allerdings bekomme ich natürlich auch die negativen Seiten des Lebens in einer Flüchtlingsunterkunft mit. Mir fällt es noch ziemlich schwer, nach der Arbeit abzuschalten, wenn ich z.B. mitbekomme, was manche Kinder in so jungen Jahren schon alles erlebt haben, aber ich denke das ist normal.
Mein Auslandsjahr ist zwar jetzt ganz anders, als ich es mir ursprünglich vorgestellt habe, aber ich bin trotzdem ziemlich glücklich im Moment und hoffe, dass ich noch nächsten Sommer in einen Flieger in Richtung Sonne und Dschungel steigen kann!
Wir bedanken uns für die Förderung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.