2020 – in dem Jahr, in dem die Covid-19-Pandemie uns in Schach hielt, verbrachten viele Jugendliche durch Einschränkungen im Alltag und fehlende Freizeitmöglichkeiten viel Zeit zu Hause vor Laptop und Smartphone. Die Unsicherheit, die die ungewisse Lage der Pandemie mit sich bringt, bietet Futter für Verschwörungstheoretiker. Auch religiöser Fundamentalismus spielt dabei mit der Angst und dem Kontrollverlust gerade junger Menschen in instabilen Lebenslagen. Dabei fängt Radikalisierung ganz langsam an, mit der Identifizierung mit einfachen Botschaften, die über Filterblasen verbreitet werden und dem Gefühl, sich zugehörig und besonders zu fühlen zu einer “wissenden” Gruppe, die die “Welt verstanden hat”. 2020 wurde Visioneers e. V. im zweiten Jahr in Folge gefördert durch die Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung. Letztes Jahr legten wir den Fokus darauf, den Jugendlichen in diesen ungewissenen Zeiten einen Raum zu bieten, um sich ihren jeweiligen Glauben und die Botschaften, mit denen sie von Außen konfrontiert werden, reflektieren zu können.
Im Rahmen des Projektes “Dein Gott? Mein Gott? Ein Gott?” konnten Jugendliche in 21 Workshops, lernen, was die unterschiedlichen Weltreligionen Christentum, Jugendtum und Islam ausmacht, wie sich ihre eigene Religion von den anderen unterscheidet und welche Gemeinsamkeiten es gibt. Dazu wurden beispielsweise Bibeltexte verglichen mit Ausschnitten aus Tora und Koran.
Zielgruppe waren Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte, die die Willkommensklasse der Sophie-Scholl-Schule in Berlin Schöneberg sowie das Übergangswohnheim Marienfelder Allee Wohnheim oder unseren Jugendtreff besuchten. Jugendliche mit Einwanderungsgeschichte, die noch nicht lange in Deutschland sind, wissen häufig wenig über Religionsfreiheit in Deutschland und darüber, welche Rolle andere Religionen spielen. Vor allem das Judentum in seiner Beziehung zu Israel ist ein Thema, das viel Aufklärungsarbeit bedarf, insbesondere zur wissenschaftlich fundierten geschichtlich-politischen Aufarbeitung des Israel-Palästinakonflikts. Nur wer reflektieren kann, wie die eigenen Werte zustande kommen, was von Familie, Umfeld und Gesellschaft übernommen wurde, der kann sich eine eigene Meinung bilden und diese tolerant gegenüber anderen vertreten.
Jugendleiter Giresse Dako erzählt von seinen Erfahrungen in den Workshops:
„Viele Jugendliche, die mitunter mit Vorurteilen und Stereotypen in den Workshop gegangen sind, beispielsweise die Negierung des Holocaust, haben diese abgelegt. Es geht nicht darum, die jeweilige Religion in Frage zu stellen, wir wollen vielmehr erreichen, dass die Jugendlichen besser verstehen, warum sie bestimmte Sichtweisen haben, was da die historischen Hintergründe sein könnten und ein Verständnis für andere Religionen bekommen. Viele sind in ihren Peergroups und Familien eingebunden, da gibt es gar nicht den Raum, um bestimmte Dinge überhaupt offen zu diskutieren. Warum genau esse ich als Moslem kein Schweinefleisch? Ihr Wissenstand vorher und nach dem Workshop ist ein ganz anderer, oft wird sogar von guten und respektvollen Gesprächen mit den Eltern zu Hause berichtet.“
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