„Wenn ich gewusst hätte, dass es so gut wird, dann hätte ich es schon ein bisschen früher versucht.“ So ist es. Und obwohl es nicht leicht ist, so weit weg von meiner Familie und meiner Komfortzone zu sein, und auch wenn es manchmal deprimierend ist, weil man sich allein und nicht verstanden fühlt, ist es das wert. Ja, es hat sich gelohnt, es hat sich gelohnt für die Menschen, die Momente, das Lachen und die Orte. Natürlich gehört es dazu, auch mal emotional zu sein. Manchmal fühle ich auch alle Emotionen auf einmal, was es dann ein bisschen schwieriger macht. Aber trotz allem ist es schön zu wissen, dass all dies auch anderen so geht und es gehört auch zum Freiwilligendienst in einem komplett anderem Land dazu.
Als Nord-Süd-Freiwillige in Deutschland
Aber wenn ich doch dieses große Abenteuer vorher gemacht hätte…
Aber nichts kommt zu früh oder zu spät, sondern es passiert alles zur richtigen Zeit. Ich werde in diesem Blogartikel ein bisschen offener mit euch sein.
Natürlich gibt es immer das Risiko, als Ausländerin von anderen gemobbt zu werden. Sei es wegen der Sprache oder der Kultur oder wegen mir nicht erklärbaren Gründen. Manchmal ist es sehr hart, damit zurechtzukommen. Es ist das Beste, sich davon nicht beeinflussen zu lassen, auch wenn es manchmal fast unmöglich scheint. Fünf meiner Freunde unterstützen mich sehr und das ist wirklich unglaublich. Ich schreibe euch dies, weil ich ehrlich mit euch sein möchte und euch keine falsche Vorstellung geben möchte. Ja, diese Dinge passieren und sie werden immer passieren, aber es kommt auf unsere Person an, ob es uns schwächt oder wir diese Art von Situationen ignorieren können und uns dadurch stärken. Ich muss außerdem verstehen, dass viele dieser Menschen keinen wirklichen interkulturellen Austausch hatten und wenn doch, dann hatte es wohl keine große Auswirkung für sie, denn für mich sollte eine Person, die diese Art von Freiwilligendienst oder „sozialer Hilfe“ leistet und andere Länder bereist, ein bescheidenes und bewusstes Herz haben. Aber manchmal ist es leider nicht so.
Wahre Freundschaft
Ich hatte euch erzählt, dass ich im Januar auf einem Seminar war, in dem ich eine Gruppe von Latinos aus Bolivien kennengelernt habe. Ich habe mich dort auch mit ihnen angefreundet, sodass ich ein paar von ihnen in Hamburg besuchen konnte, weil sie dort ihr freiwilliges Jahr machen. Ich hatte eine wunderschöne Zeit mit ihnen und ich habe mich in die Stadt Hamburg verliebt. Es ist ein wunderbarer Ort! Die Leute dort sind total nett und offen, es gibt kaum Stress und das Einzige, was ich fühlen konnte, war Ruhe und Frieden, immateriell und unvergleichlich. Es ist ohne Zweifel ein Ort, an dem man vor Chaos und Stress flüchten kann. Außerdem kam ein Freund aus Bolivien zu Besuch. Er wohnt auch in Berlin und wir haben zusammen mit meiner Gastfamilie ein nettes Gespräch gehabt und leckeren Kaffee getrunken. Ich glaube, ich versuche mich durch genau solche Momente gegenüber Personen zu öffnen und weiß, dass wir uns gegenseitig haben und unterstützen können.
Verbesserung der Deutschkenntnisse
Ich bin jetzt gerade in einer Phase, in der ich mich wie ein Fisch außerhalb des Aquariums fühle. Ich habe alle möglichen Aufgaben vom Putzen bis hin zur Übersetzung von Dokumenten gemacht. Ich habe bei der Buchhaltung mitgeholfen und war sogar in einer Schule, um dort das weltwärts-Projekt vorzustellen. Dort habe ich vor 13 Jugendlichen und zwei deutschen Lehrern gesprochen und ich habe mich sehr gefreut, zeigen zu können, dass ich in der Lage dazu bin. Ich merke, wie ich jeden Tag mehr und mehr Deutsch lerne und übe, wie ich Freude und Glück an mein Umfeld weitergeben und verbreiten kann. Am Schönsten ist es, zu sehen, dass selbst etwas ganz Simples, wie jemandem einen guten Tag zu wünschen, den Gesichtsausdruck der Menschen verändert. Ich habe zum Beispiel eine Nachbarin, die immer mit ihrem Hund spazieren geht und immer sehr ernst dreinschauend ihren Weg geht. Vor ein paar Tagen habe ich mir dann gedacht: „Warum wünsche ich ihr nicht einfach mal einen schönen Tag?“ Ich schwöre, ihr Lächeln danach hat bedeutet, dass es sie sehr glücklich gemacht hat. Seitdem lächelt sie mir immer zu und wünscht mir einen schönen Tag, wenn wir uns sehen.
Hiermit komme ich dann wieder zu dem Satz vom Anfang: „Wenn ich gewusst hätte, dass es so gut wird, dann hätte ich es schon ein bisschen früher versucht.“ Es ist jetzt schon lange her, dass ich die Ängste und Sorgen hinter mir gelassen habe und ich kann jetzt endlich Ich sein oder sogar schon ein besseres, verändertes Ich.Und natürlich weiß ich, dass nicht alles, was ich gebe, auf Gegenseitigkeit beruht. Es fühlt sich aber gut an Gutes zu tun und zu wissen, dass alles, was gemacht wird, mit dem Herzen aufgenommen wird, selbst an unvorstellbaren Orten und Personen.
Winter und Frühling in Deutschland
Im Februar fiel ein bisschen Schnee und ich schwöre, ich war noch nie so glücklich ihn zu sehen. Vor allem, weil es das erste Mal in meinem Leben war. Es war fantastisch! Und so ziehen die Tage vorbei, ich bin schon kurz davor, wieder Wärme zu spüren, was natürlich nur passend und wichtig ist. Es ist wunderschön zu sehen wie die Blätter anfangen zu wachsen, alles wieder grün wird, die Blumen anfangen zu blühen und auch die Menschen wieder munterer werden. Es besteht kein Zweifel, dass sich die Jahreszeit verändert; es wird Frühling.Auch meine Zeit hier in Berlin wird immer kürzer und ist bald vorbei, in ein paar Monaten werde ich „Auf Wiedersehen“ zu diesem großen Abenteuer sagen müssen, welches mir eine Menge an Erfahrungen geschenkt hat.