300 Kinder und 60 Mitarbeiter – das hört sich nach viel an. Aber in Wahrheit ist das Centro Educacion Especial Turrialba eine große Familie und man lernt ganz schnell alle kennen. Von der Chefin Doña Xinia über Professoren und Helfer, Köchinnen und Putzpersonal bis hin zu Don Giovanni, dem Türsteher grüßen sich alle täglich und fragen nach dem Wohlbefinden. Mehrmals am Tag trinken die Angestellten Kaffee zusammen und man kann sich dazusetzen, immer gibt es was zu reden – sei es das Wetter, die Unterschiede zwischen Costa Rica und Deutschland oder warum in Costa Rica alle schon Mitte November die Weihnachtsdekorationen rausholen. Auch im CEET wird nämlich schon fleißig dekoriert.
Auch mit den Professoren kann man sich super unterhalten – jeder erklärt gerne seine Arbeit und die ganzen Unterschiede zu den regulären Schulen in Costa Rica. Im CEET wird zum Beispiel keine Anwesenheit gezählt, und Noten gibt es auch nicht. In fast allen Schulen in Costa Rica kommt in den letzten Wochen keiner mehr, alle haben ihre Noten und bleiben deshalb zuhause. Im CEET, auf freiwilliger Basis, kommen die meisten Schüler bis zum letzten Tag. Das mag daran liegen, dass die Schüler hier mehr machen als nur Zahlen und Buchstaben lernen – im Colegio dürfen sich die 18- bis 22-jährigen praktisch austoben, und sich Fähigkeiten aneignen, mit denen sie später ihre Familie finanziell unterstützen können. Eine Gruppe zum Beispiel baut Salat an, eine Gruppe stellt Armbänder und anderen Schmuck her, eine andere arbeitet mit Holz und verarbeitet es zu verschiedenen Gegenständen. Einmal im Monat stehen dann Salat, Schmuck und Holzkisten oder ähnliche Sachen zum Verkauf.
Zwei der Professoren versuchen auch, ein bisschen Deutsch zu lernen, und zwar mit zwei sehr verschiedenen Ansätzen. Oskar, einer der Sportlehrer, versucht jeden Tag einen weiteren Satz einer Konversation zu lernen “Guten Morgen”, “Wie geht’s?”, “Gut, und dir?”, “Wie hast du geschlafen?” , und so weiter und so fort. Wir schreiben ihm auch immer alles schön auf, er schreibt die Aussprache darunter und dann wird jeden Tag “abgefragt”. David, ein Lehrer im Colegio, der mit den ungefähr 15- bis 18-jährigen arbeitet, kommt auf einen von uns zu, hält seine Hand vor unser Gesicht und sagt “Piña”. Dann erwartet er die deutsche Übersetzung “Ananas” und das nächste mal, wenn man ihn sieht, hält er einem wieder die Hand vor das Gesicht und sagt “Ananas”. So geht das mit ein paar Wörtern, aber Ananas ist definitiv sein Favorit. David ist wie ein Onkel für uns beide, unglaublich lustig und wir haben ihn jetzt schon sehr lieb – mit ihm kann man keine schlechte Laune haben.
Ein typischer Arbeitstag beginnt für uns um 7 Uhr. Der öffentliche Bus “Santa Rosa” hält direkt vor der Schule, Don Giovanni öffnet uns das Tor und fragt wie fast jeden Tag, ob wir denn schon das Guayabo Nationalmonument besucht haben, er hat da nämlich eine Finca, ein Landhaus, in der Nähe. Je nachdem, in welcher Gruppe wir gerade arbeiten (wir dürfen nämlich ganz frei Gruppen wechseln, um alle Bereiche der Schule kennenzulernen) beginnt der Tag fast immer gleich: Zuerst wird klargestellt, welches Datum und welchen Wochentag man hat, wie das Wetter ist und was heute auf dem Plan steht. Das geht von Sport-, Spanisch- und Musikunterricht bis Sprachtherapie. Durch die freie Gruppenwahl haben wir Freiwillige im Projekt viele verschiedene Möglichkeiten, mitzuhelfen. Im Kindergarten die Kleinen hüten und gleichzeitig durch die unzähligen Kinderlieder unseren Spanischwortschatz erweitern, in den “Talleres” im Colegio Tische bemalen, ein Bingo zu organisieren, im Garten neue Salatdünger kennenlernen, in der Küche typisch costa-ricanische Gerichte zubereiten, oder aber auch mit den Grundschülern den ganzen Tag Weihnachtsdeko zu basteln, von der es schließlich nie genug geben kann. Gegen 8:30 gibt es “Merienda”, die erste Pause – hier wird etwas kleines gegessen und Saft oder Milch getrunken. Dann geht der Unterricht weiter bis zum Mittagessen zwischen 11:30 und 12:00 Uhr, wo uns die tägliche Dosis Reis und Bohnen erwarten – dazu gibt es Fleisch, Salat und Als Getränk Wasser. Zum Nachtisch gibt es Früchte. Oft werden die Bohnen auch durch Gemüse ersetzt, ab und zu gibt es Suppe. Danach wird weiter gearbeitet, es gibt eine zweite Merienda und dann gehen die Schüler langsam. Manche treten schon um 13:00 oder 14:20 Uhr den Weg nach Hause an, manche erst um 15:30, so wie wir Freiwilligen.
An bestimmten Tagen, wie zum Beispiel in der “Semana de Educacion Especial”, im Monat September und zum Weihnachtsanfang, gibt es “Acto civicos” – die ganze Schule kommt zusammen, die Direktorin hält eine Rede und die Schüler präsentieren Tänze und Choreographien, die sie wochenlang geübt haben. Zusätzlich wird die Schule passend zum Thema dekoriert und die Schüler kommen in Kostümen zur Schule, meist nur für die 1-2 Stunden, die die Aktivitäten andauern.
An diesen Tagen, wenn dei ganze Familie des CEET zusammen kommt, ist das Gemeinschaftsgefühl besonders groß. Alle sind stolz auf das, was sie zusammen auf die Beine gestellt haben, stolz auf die Kinder und auf die Jugendlichen, stolz auf ihre Institution und atolz auf das, wofür sie steht. Por una Costa Rica más equitativa – Für ein Costa Rica mit mehr Gleichberechtigung.