Weihnachten in Costa Rica

21. Dezember 2019

Feliz Navidad!

Ein kurzes Update vom anderen Ende der Welt.

Ach, wer kennt es nicht: die Luft wird langsam kälter, die ersten Weihnachtslieder laufen im Radio – es beginnt die ruhige, besinnliche Zeit im Jahr. Die Familie kommt zusammen und genießt die Zeit im Advent, die Vorfreude auf Heiligabend wächst mit jedem Tag. Nun ja – hier, in Costa Rica läuft das alles ein wenig anders. Schon wenige Wochen nachdem ich in hier in Quepos angekommen bin (und das war Mitte September), haben die ersten Läden bereits ihre Weihnachtsdeko im Schaufenster präsentiert. Von kleinen, glitzernden Schleifen bis bunten Lichterketten konnte sich also jeder schon gute zwei Monate vor der Adventszeit eindecken.

Aber das geht sogar den meisten Menschen hier zu weit. Nein, geschmückt wird Mitte bis Ende November – dann aber auch gleich so richtig. Meine Gastfamilie und ich waren bereits vor ein paar Wochen in Alajuela, einer der Großstädte im Herzen Costa Ricas. Geplant waren ein paar kleine Ausflüge, ein Familienbesuch (selbstverständlich) und ein kurzer Shopping-Trip. Es war eine super Zeit und in den Bergen ist es so kalt, da fühlt man sich fast schon wie im eisigen Deutschland. Für einen kleinen Moment bin ich ja fast schon melancholisch geworden, als ich daran dachte, dass mein Weihnachtsfest dieses Jahr wahrscheinlich bei 35 Grad im Schatten stattfindet – ich glaube die Hoffnung auf weiße Weihnachten kann ich dieses Jahr erstmal aufgeben…

Aber das ist halb so wild – immerhin hat Weihnachten am Strand auch was. Ich hätte es zwar bevorzugt, wenn wir eine Palme anstelle dieses Plastikweihnachtsbaums in unserem Vorgarten geschmückt hätten – aber man kann ja nicht alles haben. Dafür waren wir nach dem Wochenende in Alajuela ungefähr 45 Meter Lichterkette reicher. Und sehr viele glitzernde Sachen haben es auch noch in unseren Korb geschafft – wirklich seeehhhhr viele. Für deutsche Augen würde ich den Dekogeschmack der Ticos vorsichtig als extravagant beschreiben. Unser Haus blinkt in allen Farben – bevorzugt grelle Neontöne – und auch unser Baum hat eine dieser begehrten, bunten Ketten abgegriffen. Dazu schmücken ihn grelle Kugeln in Neonpink und -grün, sowie glitzernde Gold- und Silbertöne. Selbstverständlich haben auch noch ein paar Schleifen darauf Platz gefunden, einige große Schmetterlinge und auf der Spitze sitzt eine – nach meinem Geschmack – absolut hässliche Weihnachtsmütze. Wenigstens der Baum selbst ist grün – und nein, das ist absolut nicht selbstverständlich.

Mir wurden also schon Ende November mindestens zwei Dinge klar. Erstens: „Besinnlich“ ist Weihnachten hier eher nicht. Es ist ein richtiges Fest. Die Musik ist laut, die Leute tanzen. Die Deko ist alles andere als schüchtern oder dezent gewählt. Zweitens: Epileptikern empfehle ich zu Hause zu bleiben… es blinkt fast jeder Quadratmeter im dunkeln! Auch in den Schulen liefen die Vorbereitungen schon seit Ewigkeiten auf Hochtouren. In jedem Klassenraum wurde gesungen oder getanzt, unsere Gastschwester hat Tag und Nacht die neuen Melodien auf ihrer Lira für die Schulband geübt und Paula und ich haben mit den Kindern Weihnachtskarten gemalt.

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Letzte Woche war es dann endlich so weit – das große Weihnachtsfest stand bevor. Alle Kleinen (und Großen) waren in Kostümen unterwegs oder hatten zumindest eine dieser roten Zipfelmützen auf. Es wurde gesungen und getanzt, einige Kinder haben sogar ein kleines Stück vorgespielt. Paula und ich haben dann noch ein deutsches Weihnachtslied zum besten gegeben – es wollen ja alle ihren Beitrag dazu leisten (;

Eines meiner persönlichen Highlights war der, eigens aus den USA engagierte, Santa Claus, der die Kinder zumindest mit ein paar coolen Tanzeinlagen und einer Fotostunde begeistern konnte. Dadurch, dass er nur Englisch gesprochen hat, kamen die Mahnungen und guten Wünsche allerdings nicht so eindeutig rüber. Aber das war sowieso eher nebensächlich. Und wenn etwas auf einer guten Weihnachtsfeier (abgesehen von dem Englischsprechenden Santa Claus) nicht fehlen darf, dann ist es wohl gutes Essen.

Hier in Costa Rica bedeutet das Tamales – wie bitte? Tamales! Das ist faktisch ein kleines, päckchenförmiges Mittagessen und wir haben am Tag vor der großen Feier ca. 300 Stück davon zubereitet. Zuerst wird Maismehl zu einem mehr oder weniger flüssigen Brei verarbeitet (schmeckt besser als es klingt, trust me). Davon kommt ein großer Klecks auf ein Stück Bananenblatt. Anschließend Gemüse und Fleisch nach belieben hinzufügen. Päckchen binden, kochen – fertig. Super einfach! Mein persönliches Lieblingsessen wird es zwar dennoch eher nicht, aber hier findet es auf jeden Fall viele Fans. Viel besser finde ich das Getränk, das es für die Kinder gibt. Ich bin mir zwar unsicher was genau es ist, aber es ist eine extrem gesüßte warme Milch mit einem Hauch Zimt – schmeckt ein wenig nach Weihnachten.

Also, ich glaube es ist offensichtlich, wie unterschiedlich Weihnachten auf der Welt gefeiert wird. Aber damit habe ich schon gerechnet als ich hierher gekommen bin und ich muss sagen, ich habe mich riesig darauf gefreut und bin immer noch froh, das miterleben zu dürfen. Es ist super aufregend.

Da war mir allerdings noch nicht klar, dass es weder einen Adventskalender, noch einen Nikolaustag gibt. Diese armen Kinder! Sie mussten noch nie Schuhe putzen, um dann am nächsten Morgen mit Süßigkeiten dafür belohnt zu werden. Sie mussten noch nie voller Ungeduld auf den nächsten Tag warten, um endlich das nächste Türchen suchen zu dürfen.

Und – noch schlimmer (ja das geht) – hier werden keine Plätzchen zu Weihnachten gebacken!!! Aber, keine Sorge – wir haben schon für den nötigen Kulturaustausch gesorgt – pünktlich zum 30. November haben wir unseren selbstgemachten Kalender aufgehängt, gefüllt mit allerlei Kleinigkeiten, wie zum Beispiel einem Rezept für Bratäpfel, Anleitungen für Fröbelsterne, einem eigens gebastelten Mensch-ärgere-dich-nicht und selbstverständlich super vielen Süßigkeiten. Für den Nikolaustag werden wir auch noch etwas vorbereiten – und wir haben auch schon drei mal gebacken, auch wenn das hier eine ziemliche Herausforderung darstellt. Jap, ich würde sagen wir haben einen bleiben (Weihnachts-)Eindruck hinterlassen.

Aber natürlich ist nicht alles unterschiedlich. Weihnachten ist immer noch Weihnachten. Die Familie spielt eine super wichtige Rolle. Alle kommen zusammen, verbringe die Zeit miteinander. Es wird überlegt wie man dem Anderen eine Freude machen kann. Beide Länder haben ihre typischen Weihnachtsessen und kleine Traditionen. Überall wird zu Weihnachten die Wohnung geschmückt – auch wenn die Deko recht unterschiedlich ausfallen kann. In den Kirchen wird gesungen, in den Schulen finden Konzerte statt – alle freuen sich auf den heiligen Abend

Wenn ich bis jetzt eines gelernt habe, dann, dass es die kleinen Dinge sind, auf die es ankommt. Ich vermisse viele dieser kleinen Traditionen aus Deutschland, besonders in der Weihnachtszeit. Also – genießt die kalte Luft die euch um die Nase weht, freut euch über die ruhige Musik die im Radio läuft (ja, selbst wenn es schon wieder nur „Last Christmas“ ist), über die ganzen Kerzen und Lichterketten die zwar nur einfarbig, aber doch irgendwie beruhigend leuchten, darüber dass ihr jeden Tag ein Türchen suchen dürft, backt fleißig Weihnachtsplätzchen und wenn ihr über den Weihnachtsmarkt lauft – gönnt euch ein paar gebrannte Mandeln und trinkt bitte einen Glühwein für mich mit (;

Weihnachtliche Grüße vom anderen Ende der Welt!Lena