Atiycuy Perú

22. März 2019

Seit über einem halben Jahr bin ich nun schon Freiwilliger einer peruanischen NGO in einem Dorf namens Villa Rica, gelegen in den Bergregenwäldern Perus. Nun versuche ich euch einmal näher zu bringen, wie man sich die Arbeit für Atiycuy Perú und das Leben im Projekt vorstellen kann.

Das Projekt selbst werde ich nur noch mal grob erklären, da es ja bereits in der Projektbeschreibung und der Homepage (http://atiycuy-peru.org) vorgestellt wird; diese ist allerdings stark veraltet, letztes Jahr wurde dauernd an einer neuen gearbeitet. Was daraus geworden ist oder ob die neue Homepage noch kommt, keine Ahnung ¯\_(ツ)_/¯.

Das Projekt besteht aus vier Programmen (fünf, wenn man die Freiwilligen mitzählt): ANNA (Acompañamiento de niños, niñas y adolescentes; aka Patenkinderprojekt), CCNN (Comunidades Nativas; Dorfentwicklungsprojekt indigener Gemeinschaften), COBIO (Conservación y Biodiversidad; Naturschutzprogramm welches sich um die 18000 Ha Wald (Concesción) kümmert) und GEA (Gestión y Educación Ambiental; Umweltmanagement und –bildung), welches ich ein wenig genauer erklären kann/werde, da ich zu 90% hierfür arbeite.

Die Arbeit der Freiwilligen ist immer komplett unterschiedlich, je nach dem mit welchem der vier Koordinatoren man halt zusammenarbeitet. Da ich momentan jedoch der einzige Freiwillige bin, helfe ich auch regelmäßig bei den anderen Programmen mit aus. Die Arbeit für CCNN besteht größtenteils aus der Vorbereitung und Durchführung der Versammlungen/Besprechungen in den Comunidades (indigenen Dorfgemeinschaften).

Für COBIO gilt ähnliches, diesmal jedoch in den Dörfern rund um die Concesción (natürlich sind die Themen der Versammlung ganz andere). In näherer Zukunft wird dann auch mit der Arbeit im Wald selbst begonnen (z.B. Kameras aufstellen). Die Arbeit für ANNA gestaltet sich dagegen etwas unterschiedlicher.

Jeden Mittwoch um 16 Uhr kommen die Kinder und Jugendlichen Villa Ricas zu den Talleres (ins Programm eingeschrieben sind derzeit etwa 120, es kommen jedoch meistens zwischen 30 – 50 Kinder und 20 – 25 Jugendliche).

Diese müssen natürlich vorbereitet und durchgeführt werden, wobei man als Freiwilliger auch gerne seine eigenen Ideen einbringen kann/darf/soll. Hierbei gilt allerdings zu erwähnen, dass man peruanische 12 – 16-Jährige nicht mit deutschen vergleichen kann, eher mit deutschen Kindergartenkindern (kein Witz). Regelmäßig müssen auch die Lebensgeschichten kleiner peruanischer Kinder ins Deutsche übersetzt werden, damit diese deutsche Paten finden. Und hin und wieder auch Grüße der Kinder an ihre Paten in Deutschland. Da ANNA aber auch mit den Kindern einiger Comunidades zusammenarbeitet, geht es im Rahmen dessen auch regelmäßig samstags (die Kinder haben ja auch Schule) in die Comunidades, wo man mit den Kindern und Jugendlichen dort (welche wesentlich reifer sind als ihre Altersgenossen in Villa Rica) dann z.B. Pfeil und Bogen schnitzt oder sich Geschichten seiner Kultur erzählt. Nicht selten geht es dann danach auch mal zum Baden in den Fluss.

Jetzt zu meiner Arbeit (und dem Leben. Da man ja im Projekt auch lebt, vermischt sich das ganze auch zwangsläufig etwas). Arbeitsbeginn ist um 8:30 Uhr (natürlich für alle, außer man fährt in eine der Comunidades oder die Concesción, dann geht es um 5 – 6 Uhr los), davor gibt es Frühstück (meistens Haferschleim oder Quinoa, dazu Obst und Fruchtsaft). Zum Essen allgemein sollte man noch sagen, dass auf persönliche Wünsche eigentlich meistens eingegangen wird (solange man diese denn äußert und auch mal dranbleibt, sollte es vergessen werden). Möglichkeiten selbst zu kochen gibt es auch, ab Samstagabend ist die Köchin nicht da, die Küche ist auch ziemlich gut ausgestattet. Mittag ist von 13 – 14:30, Feierabend ist um 18:30, danach gibt es Abendessen.

Samstags wird normalerweise auch gearbeitet, das wird für die kommenden Freiwilligen aber glaube ich abgeschafft. Da ich hauptsächlich für GEA arbeite, bin ich meistens im Garten oder dem kleinen Waldstückchen neben dem Haus unterwegs. Darin befindet sich ein kleiner Rundweg, den wir zu einer Art Waldlehrpfad machen. Letzte Woche war eine Biologin, spezialisiert auf Dendrologie , zu Besuch und hat die vorhandenen Baumarten des Waldes bestimmt (knapp einhundert).

Arbeit die jetzt noch ansteht ist z.B. das Beschriften der Schildchen an den Bäumen mit den wissenschaftlichen Namen. Ich werde Bilder machen und mithilfe von Carlos (welcher mit mir im Garten arbeitet und auch aus einer indigenen Yanesha-Gemeinschaft stammt und daher auch alles über die einheimischen Pflanzen und deren Verwendung weiß) eine Liste der Heilpflanzen erstellen.

Weitere Arbeit ist z.B. das Bauen von Nistkästen, Vogelfutterstellen, Blumen pflanzen, Hunde füttern und rauslassen (ja, es gibt auch zwei Hunde, Orran (Yanesha für Bär) und Mayar (Tiger)), Hochbeete oder Kräuterspiralen bauen, Pflanzen gießen etc. Hier kann man natürlich auch gerne seine eigenen Ideen einbringen, was man denn so machen will. Das alles hat zum Ziel, den Kindern (nicht nur, aber vor allem) die Vielfalt und Schönheit der Natur ihrer Heimat zu zeigen, damit sie lernen diese zu schätzen und zu bewahren, denn der gemeine Peruaner geht mit seiner Umwelt in der Regel absolut respektlos um.

Soviel zur Arbeit, jetzt noch kurz zum Leben im Hause Atiycuy:

Fast alle Mitarbeiter leben gemeinsam hier im Projekt. Einige fahren an den Wochenenden nach Hause zu ihren Familien, manche öfter manche seltener. Es gibt insgesamt zwei Häuser, Block A (in dem sich fast alles befindet, also Esszimmer, Büros, Auditorium und einige Schlafzimmer) und Block B (frisch fertiggestellt, hier gibt es Schlafzimmer und einen Aufenthaltsraum, wie genau der jetzt allerdings gestaltet wird ist noch fragwürdig, da sich Pläne hier alle zehn Minuten ändern). In den Schlafzimmern sind zwei bis drei Betten, in Block A hat jeder sein eigenes Bad, Block B hat nur ein Bad. Jedoch wird auch immer gebaut und etwas geändert, deswegen kann ich nicht sagen, wie es in Zukunft aussieht.

Privatsphäre (ist hier in Peru aber auch eher ein Fremdwort) gibt es nur im eigenen Zimmer, zum Ausruhen gibt es ein Sofa und einen Sitzsack im Esszimmer, ich hab mir noch eine Hängematte für den Garten gemacht (die nehme ich aber mit, ihr müsst euch schon eure eigene machen – wie das geht, zeigt euch Carlos).

Die Mitarbeiter bleiben eigentlich bis sie ins Bett gehen im Büro. Wlan gibt es auch, mal schneller, mal gar nicht.

Ansonsten gibt es nicht viel zu sagen, eigentlich sind alle im Projekt sehr entspannt und freundlich. Villa Rica an sich ist ein recht kleines Dorf, es gibt ein paar (Karaoke-)Bars und Discos, einen Mirador (Aussichtspunkt), zwei Wasserfälle in der Nähe und einen recht großen See. Zur Freizeitgestaltung kann man an den Wochenenden auch die Städte in der Nähe besuchen oder mal nach Lima fahren (10 Stunden Bus über Nacht). Oder ihr fragt einfach eure Mitarbeiter, die kennen in jedem Teil Perus irgendwen, der euch etwas zeigen kann.