Meine Reise nach Deutschland
Vor der Reise
Vor meiner Reise habe ich mich in einem großen Gefühlschaos befunden. Zum Teil war ich ziemlich nervös und ängstlich wegen meiner Reise nach Deutschland. Ich bin davor noch nie allein verreist gewesen und auch noch nie geflogen. Trotzdem war ich glücklich und gespannt darauf, während meines einjährigen Freiwilligendienst, Deutschland kennenzulernen.
Meine Mutter organisierte eine vorgezogene Abschieds-bzw. Geburtstagsparty für mich, was mir viel Mut gemacht hat, da ich gesehen habe, wie viele Menschen mich unterstützen und hinter mir stehen. Sie hat meine Freund:innen und meine Familie eingeladen. Wir haben uns auf dem Marktplatz bei uns getroffen, haben Pizza gegessen und die letzte Zeit zusammen genossen.
Unterwegs
Auf meiner Reise ist dann allerdings viel schiefgelaufen.
Zuerst wusste ich nicht, wohin ich mein Gepäck bringen oder wo ich einsteigen sollte, da ich bis dahin ja noch nie geflogen bin. Also habe ich am Flughafen eine Mitarbeiterin um Hilfe gebeten. Ich erzählte ihr, dass es meine erste Reise sei, woraufhin sie zum Glück sehr verständnisvoll reagierte und mir alles ganz genau erklärte.
Mein erster Flug ging nach Mexiko-City. Von Mexiko aus sollte ich dann nach Frankfurt weiterfliegen und schließlich in Berlin landen. Jedoch kam es dabei zu den ersten Komplikationen.
Mein Weiterflug in Mexiko hatte Verspätung, weshalb ich meinen Flug in Frankfurt verpasst habe. Schlimmer für mich war jedoch, dass ich in Frankfurt von der Polizei angehalten wurde, da es Probleme mit meinem Visum gab. Nach einer Überprüfung der Dokumente, wobei ich auch von VISIONEERS unterstützt worden bin, wurde mir aber doch noch erlaubt, weiterzufliegen. Allerdings schaffte mein Koffer den Anschlussflug nicht, sodass ich den ersten Tag in Berlin ohne meine Sachen verbracht habe. Am nächsten Tag war er aber wieder da, sodass alles doch noch gut ausgegangen ist.
Die Reise war trotzdem nicht nur aufgrund der Probleme eine große Herausforderung für mich, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass ich allein in ein mir fremdes Land gereist bin, ohne die Sprache verstehen und sprechen zu können. Außerdem komme ich aus einem kleinen Dorf, weshalb mich die Größe der Flughäfen zusätzlich überwältigt hat.
Ein Jahr BFD – eine Reise durch das Unbekannte
Als ich im August vor knapp einem Jahr bei VISIONEERS als Bufdi angefangen habe, hatte ich wirklich überhaupt keine Erwartungen an meinen Freiwilligendienst. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Allein in einer neuen Stadt zu leben, ohne Leute, die ich kannte, war ein völlig neue Erfahrung für mich. Jedoch habe ich bereits nach ein paar Tagen und Wochen Kontakte geknüpft. Zum Beispiel bin ich allein auf ein Konzert gegangen, um dort Leute kennenzulernen und es hat geklappt. Aber auch im Büro wurde ich sofort herzlich aufgenommen.
Es war ein sehr aufregender Sommer. Ich habe gleich zu Beginn meines Freiwilligendienstes damit angefangen, als Deutschlehrer für minderjährige Geflüchtete zu arbeiten und den Jugendlichen die Grundlagen der deutschen Sprache zu lehren. Nach und nach kamen noch Aufgaben wie Nachhilfe geben und die Arbeit als Hausaufgabenhilfe zu meiner Arbeit hinzu.
Mit der Zeit hat sich aber eine gewisse Routine bei mir eingependelt und mit dem Herbst kam das erste Seminar als Freiwilliger. Für mich persönlich waren die Seminare mit die schönsten Bestandteile des Jahres, weshalb ich denen bestimmt auch des Öfteren nachtrauern werde. Dort haben sich Freundschaften geschlossen oder auch einfach gute und wichtige Gespräche mit Mitfreiwilligen über deren Erfahrungen ergeben.
Ende Oktober fand dann die Ferienschule bei uns statt. Zeitgleich hat uns eine Gruppe aus Costa Rica in Berlin besucht. Das waren auch drei sehr spannende und ereignisreiche Wochen, in denen ich deutlich gemerkt habe, welchen Mehrwert doch die soziale Arbeit und die Freiwilligendienste haben. Die Jugendlichen hatten so viel Spaß in der Ferienschule und ich ebenso, das war wunderschön zu sehen.
Irgendwann kam dann der Winter und damit die dunkle Jahreszeit. Das Aufstehen fiel mir schwerer, das Wetter zeigte sich öfter mal von seiner schlechten Seite und natürlich gab es auch mal Tage, an denen ich weniger motiviert war. Aber auch das war vorherzusehen. Bereits auf meinem ersten Seminar hat uns unser Referent Tipps mitgegeben, wie wir mit solchen Phasen in unserem Freiwilligendienst umgehen können. So habe ich gelernt, mich aufzuraffen, wenn ich lieber noch weiter im Bett liegen würde.
Dann kam auch schon Weihnachten und für mich ging es für ein paar Tage nach Hamburg, in die Heimat, bis es schließlich kurz darauf auf die große Reise nach Costa Rica ging.
Die Reise nach Costa Rica
Ich hatte die Möglichkeit, an einer weltwärts-Begegnungsreise teilzunehmen und ließ mir das natürlich nicht entgehen. Diese zwei Wochen in Lateinamerika gehören definitiv zu meinen Highlights des ganzen Jahres. Ich werde nie vergessen, wie ich den Truthahn aus dem Hühnergehege tragen musste, wir Pferdekot geschaufelt haben, ich nachts um 23 Uhr von einem Hund verfolgt wurde oder wir mit den Kindern in Esterillos Oeste Fußball oder Capture the Flag gespielt haben. Diese Reise war ein Traum.
Vollgetankt mit Sonne ging es zurück in den deutschen Winter nach Berlin. Allerdings habe ich nach der Winterpause und der Reise nach Costa Rica etwas Zeit gebraucht, um wieder in den Alltagsrhythmus zu finden. Nach ein bis zwei Wochen hatte ich aber das Gefühl, wirklich wieder in Berlin angekommen zu sein und es ging auch gleich weiter mit dem Deutschunterricht und einer neuen Aufgabe für mich: Skills on Wheels.
Änderungen
Seit Mitte Januar gehe ich mehrere Male in der Woche in eine Unterkunft, um dort mit jungen Menschen und Jugendlichen zu basteln und zu spielen. Mittlerweile sind es vier Unterkünfte, die ich besuche.
Bis Anfang März hat sich so wieder eine Routine etabliert. Dann ging es für mich auf ein weiteres Seminar. Wir waren sieben Tage im Norden von Bayern und es war sehr schön. Wie gesagt, die Seminare waren alle sehr bereichernd für mich. Wir lernten dort viel über Freiwilligendienste, über die Zeit danach aber auch sehr viel über uns selbst.
Ein paar Wochen nach dem Seminar kam ich in eine weitere Phase meines Freiwilligendienstes, die mir auch schon auf den Seminaren angekündigt worden ist.
Was VISIONEERS für mich ist
Als Praktikantin bei einer warmherzigen und freundlichen christlichen Wohltätigkeitsorganisation, die Integrationskurse für unbegleitete Migrantenkinder anbietet, habe ich aus erster Hand erfahren, wie ihre Mitglieder ihren Glauben in die Tat umsetzen. Ich habe persönlich miterlebt, welche positiven Auswirkungen diese Organisation auf das Leben einiger der am meisten ausgegrenzten Jugendlichen unserer Gesellschaft hat, und ich bin erstaunt über die Mitarbeiter:innen und Freiwilligen, die so unermüdlich daran arbeiten, ihnen die Hilfe zu geben, die sie brauchen.
Bei ihrer Ankunft in einem neuen Land sehen sich unbegleitete Migrantenkinder besonderen Schwierigkeiten konfrontiert. Viele sind aus ihrer Heimat geflohen, weil sie dort Gefahr, Armut oder Verfolgung ausgesetzt waren. Sie haben möglicherweise mit den Nachwirkungen eines Trauerfalls oder eines Traumas zu kämpfen und müssen eine neue Sprache und Lebensweise erlernen.
Die Integrationsprogramme unserer Organisation sollen diesen Kindern beim Neuanfang in einem neuen Land eine Starthilfe geben.
Die Arbeit von VISIONEERS
Sprachunterricht, kulturelles Kennenlernen und die Entwicklung grundlegender Lebenskompetenzen wie die Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu behalten oder die eigenen Finanzen zu verwalten, sind nur einige der vielen Bereiche, die wir in unseren Integrationsprogrammen abdecken. Um sicherzustellen, dass die Jugendlichen Zugang zu den Instrumenten haben, die sie für ihren Erfolg benötigen, arbeitet VISIONEERS eng mit Menschen zusammen, die alle einen unterschiedlichen Hintergrund und spezielle Fähigkeiten mitbringen, um ein umfassendes Unterstützungsnetz zu schaffen.
VISIONEERS ist einzigartig, weil wir uns bemühen, unsere christlichen Überzeugungen bei allem, was wir tun, in die Praxis umzusetzen. Wir bemühen uns, jedem Kind mit Freundlichkeit, Anstand und Respekt zu begegnen, weil wir wissen, dass es ein Geschenk Gottes ist. Obwohl unsere Mitarbeiter:innen und Freiwilligen aus vielen verschiedenen Glaubensrichtungen und kulturellen Traditionen kommen, haben wir uns alle dazu verpflichtet, dem Beispiel Jesu zu folgen und Menschen in Not zu helfen.
Skills on Wheels – Das VISIONEERS-Mobil bringt Ehrenamt ins Rollen
Was ist Skills on Wheels?
Skills on Wheels – das ist unser neues Projekt, welches seit Mai 2022 in der Planungsphase steckt. Das VISIONEERS-Mobil, ein umfunktionierter Kleinbus, ermöglicht die Stärkung und Sichtbarmachung von ehrenamtlichem Engagement: Junge Menschen mit und ohne Migrationshintergrund begleiten das Mobil und bringen ihre Talente in Aktionen mit und für andere Heranwachsende ein, z.B. in Wohnheimen oder an sozialen Brennpunkten.
Bevor wir mit einem geleasten Kleinbus in Gemeinschaftsunterkünfte fahren und mit den Kindern und Jugendlichen vor Ort spielen, neue Dinge erleben und eine Menge Spaß haben konnten, gab es viel zu tun, wie z.B. das Erstellen von Flyern, T-Shirts, Poster, Logos sowie die Akquise von Spielmaterialien und tollen Ehrenamtlichen.
Nach einer dreimonatigen Planungsphase hatten wir Ende September unseren ersten Aktionstag. Mit Sonnenschein und viel Spaß haben wir mit circa 15 Kindern und Jugendlichen auf dem Hof gespielt. Wir konnten die jungen Menschen und die Einrichtung in der Alten Jakobstraße kennenlernen und freuen uns, seitdem regelmäßig dort zu sein.
Nun gehen wir drei Mal wöchentlich in verschiedene Gemeinschaftsunterkünfte, in Kreuzberg, Lichtenrade und Mariendorf, in denen wir mit den jungen Menschen vor Ort spielen und gemeinsam miteinander und voneinander lernen.
Boden bereiten für Jugendarbeit!
Die Corona-Pandemie hat junge Menschen in besonderem Maße getroffen. Durch weggefallene Freizeitangebote, kleinere Teilnehmendenzahlen bei Projekten und enge Wohnverhältnisse, vor allem im Falle junger Menschen mit Fluchtgeschichte, ist die Nachfrage nach sicheren Rückzugsorten sichtlich größer geworden.
Bei der Jugendorganisation VISIONEERS treffen sich regelmäßig Jugendliche. Die Organisation hat 2021 neue Räumlichkeiten angemietet, um die Förderung von Jugendlichen weiter auszubauen. Die gemietete Gewerbefläche von 109 m2 am Bahnhof Südkreuz bietet perfekte Voraussetzungen für neue Projekte: Jugendtreff und Begegnungsstätte entstehen hier. In unseren vorherigen Räumlichkeiten war es nicht mehr möglich, alle Jugendlichen zu beherbergen. Die neuen Räumlichkeiten befanden sich bei Anmietung allerdings noch im Rohbau. Aufgrund von Spenden und Eigenmitteln war es uns zunächst möglich, die neuen Räumlichkeiten auszubauen. Für die nächsten Renovierungsschritte fehlten uns nun jedoch weitere Mittel. Vor allem die Verlegung des Fußbodens war dabei eine große finanzielle Hürde.
Die Berliner Jugendjury
Im Juni 2022 nahmen unsere Jugendlichen Elisabeth und Chadrack dann an der Jugendjury des Berliner Demokratiefonds teil.
Bei der Berliner Jugendjury geht es darum, dass Jugendliche die Möglichkeit erhalten, ihre Projekte konkret umzusetzen. Sie bewerben sich mit ihren Vorschlägen und entscheiden selbst, welche Projekte mit wie viel Geld und Expertenhilfe unterstützt werden sollen. Jede Jugendgruppe mit mehr als drei Personen, die einen Projektvorschlag einreicht, ist Teil der Berliner Jugendjury und bestimmt gleichberechtigt bei der Geldvergabe mit. Jedes Projekt soll dabei mit mindestens eine:r Teilnehmer:in in der Jury vertreten sein. Projekte, die keine Vertreter:innen in die Berliner Jugendjury delegieren, können bei der Vergabe der Fördermittel nicht berücksichtigt werden.
Bei der Jurysitzung treffen sich dann alle Jugendliche, die Projektvorschläge eingereicht haben, und entscheiden gemeinsam über die Vergabe der Fördergelder.
(Mehr Infos hier: https://stark-gemacht.de/foerderung/berliner-jugendjury/)
Dabei erhielten wir für den Ausbau der neuen Jugendräume, genauer gesagt für die Fertigstellung des Bodens, Fördergelder in Höhe von 2.493,00€! WOW!
Dank der Förderung der Berliner Jugendjury von knapp 2.500,00€ konnten wir unser Projekt „Boden bereiten für Jugendarbeit!“ in die Tat umsetzen und damit unserem Ziel, der Fertigstellung der Räume, ein Stück näherkommen.
Wir sind euch sehr dankbar und finden euren Einsatz super!
Vielen Dank an @stark_gemacht für diese Möglichkeit!
„Fit für die Schule“ – mehr als Deutschunterricht
„Fit für die Schule“ ist ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, welches jungen Geflüchteten die Möglichkeit bietet, die Zeit des Wartens auf einen Schulplatz sinnvoll zu nutzen. Es geht darum, die Jugendlichen mit Spiel und Spaß auf die Schule, in Form von niederschwelligem Deutschunterricht, vorzubereiten. Die Motivation der Teilnehmenden ist sehr hoch. Die Jugendlichen sind daran interessiert, erste Grundbausteine der deutschen Sprache zu lernen. Durch das Programm wird zunächst der schulische Druck des Lernens rausgenommen, da die Jugendlichen bei uns die Chance dazu haben, angepasst an ihrem Tempo, zu lernen.
Ein Jahresrückblick auf das Projekt „Stark trotz Corona“
Auch in diesem Jahr bieten wir eine Hausaufgabenhilfe in der Carl-Sonnenschein- Grundschule an. Wir versuchen den Kindern dabei zu helfen, die durch Corona entstandenen Lücken wieder zu schließen. Es werden also fleißig Hausaufgaben mit uns erledigt. Es wird gerechnet, gelesen und geschrieben. Aber der Spaß darf dabei auch nicht fehlen. An Fasching haben wir eine kleine Faschingsfeier für die Kinder dieses Projektes organisiert. Die Kinder konnten lustige Masken bemalen, Stopptanz spielen oder einen Schaumkusswettbewerb bestreiten.
Ein besonderer Moment für mich war im März das Singen für den Frieden in der Ukraine. Dort haben sich alle Klassen der Carl-Sonnenschein- Grundschule auf dem Schulhof versammelt und haben Lieder wie „Hevenu shalom alechem“ und „Wir ziehen in den Frieden“ gemeinsam gesungen. Manche Kinder haben auch ihre Gedanken und Wünsche zu dem Krieg geteilt.
Das Projekt „Stark trotz Corona“ beinhaltet nicht nur die Hausaufgabenhilfe, sondern auch die individuelle Unterstützung einzelner Schüler:innen im Unterricht. Das heißt, ich bin auch vormittags in verschiedenen Klassen und unterstütze dort die Lehrer im Unterricht und kann so individuell Schüler:innen bei besonderen Problemen helfen. Diese Hilfe zielt vor allem auf Schüler:innen, die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben.
Bisher war es ein tolles Jahr an der Carl-Sonnenschein-Grundschule. Ich konnte vielen Kindern bei den Hausaufgaben und im Unterricht helfen.
Integrative Mobile Jugend-Lern-Hilfe
Seit Januar 2022 arbeite ich nachmittags für fünf Tage in der Woche in der „Integrativen Mobilen Jugend-Lern-Hilfe“ in der Gemeinschaftsunterkunft am Kirchhainerdamm. Ich selbst lebe inzwischen seit zwei Jahren in der Unterkunft. Ziel des Projekts ist es, geflüchtete Kinder beim Lernen zu unterstützen und die in der Zeit von Corona entstandenen Lernrückstände zu verringern. Durch die zusätzliche Gestaltung von Freizeitangeboten, an denen alle Schüler:innen teilnehmen können, sollen die Kinder auch sozial und emotional begleitet werden.
Meine Aufgaben
An den Schultagen bin ich meistens damit beschäftigt, den Kindern bei ihren Hausaufgaben zu helfen. Wir haben inzwischen einen sehr schönen Raum dafür. Er ist mit ausgemalten Bildern und Lernpostern bunt geschmückt. Es gibt stressigere Tage, an denen beispielsweise elf Kinder zwischen sieben und 18 Jahren, Hilfe beanspruchen. Sie alle haben ein anderes Sprachniveau und gehen in unterschiedliche Klassen, was eine individuelle Betreuung notwendig macht. Somit lernen manche der Schüler:innen die deutschen Buchstaben zu schreiben, während andere bereits eine Präsentation vorbereiten müssen. Diese enge Zusammenarbeit ermöglicht es mir aber auch mitzubekommen, in welchen Bereichen (Rechnen, Lesen oder Schreiben) ein Kind Defizite hat. An ruhigeren Tagen nehme ich mir dann die Zeit, mit einzelnen Schüler:innen zu üben, am besten geht das spielerisch oder mit kleinem Ansporn. Zurzeit sammeln die Kinder beispielsweise Punkte beim Lesen. Jeder liest auf seinem Niveau. Wer viele Punkte sammelt, bekommt am Ende eine Überraschung. Ein bisschen Motivation tut manchmal Wunder! Außerdem dürfen die, die mit ihrer Arbeit fertig sind, auch eine Runde spielen oder Malen.
Meine Arbeit zahlt sich aus
Manchmal geht es bei uns recht lustig zu. Zum Beispiel waren alle mal ganz hibbelig, also entschied ich, dass wir einfach einige Minuten tanzen sollten. Einmal ist auch ein Karton im Zimmer herumgelaufen. Zwei schelmische Augen schauten aus dem Loch im Griff heraus. An manchen Tagen haben wir auch etwas zu feiern: nach langem Üben flutscht endlich das Lesen, der Test, für den wir gelernt haben, wird mit Erfolg bestanden oder jemand geht von der Willkommensklasse in die Regelklasse. In den Ferien ist Spaß das höchste Gebot, denn Spaß verbindet und legt die Basis für eine gute Zusammenarbeit. So haben wir im letzten Jahr zusammen Pizza gebacken und Sirup hergestellt. Wir haben Eier gefilzt und Holz mit Brandmalerei geschmückt. Wir haben zusammen gefrühstückt, haben eine Waldwanderung mit einer Schatzsuche gemacht, den Britzer Garten erkundigt und uns gegenseitig in Wasserschlachten total nass gemacht.
Unterstützung und Workshops in der Willkommensklasse
Kinder und Jugendliche, die nach Deutschland kommen und kein bzw. wenig Deutsch sprechen, werden in der Schule meistens nicht direkt in Regelklassen zugeteilt, sondern sollen in Willkommensklassen auf den Übergang in eine normale Schulklasse vorbereitet werden. Dabei steht natürlich die Vermittlung der deutschen Sprache im Vordergrund, wichtig sind aber auch Grundkenntnisse in anderen Fächern wie z. B. Mathematik.
Ich selbst helfe im Rahmen meines Bundesfreiwilligendienstes regelmäßig, sofern die Schulen geöffnet haben, in einer Willkommensklasse an der Sophie-Scholl-Schule und unterstütze dort die Lehrerin Frau Schneidereit bei ihrem Unterricht. Die Schulnachhilfe wird in Kooperation mit dem Projekt Corporate Volunteering durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und die Stiftung Pfefferwerk gefördert. Da Frontalunterricht aufgrund der unterschiedlichen Sprach- und Lernniveaus kaum möglich ist, bekommen die Schüler*innen individuelle Aufgaben. Dabei helfe ich den Schüler*innen und erkläre ihnen im Einzelunterricht z.B. deutsche Grammatikregeln oder das kleine Einmaleins.
Meiner Erfahrung nach sind die Jugendlichen sehr konzentriert und motiviert beim Lernen und haben großes Interesse, ihre Deutsch- und Mathekenntnisse zu verbessern. Manche sind in ihrem Heimatland nur sehr wenig zur Schule gegangen und brauchen große Unterstützung beim Erlernen mathematischer Grundlagen wie Multiplikation und Division, Wissen, das in den Regelklassen vorausgesetzt wird. „Manche müssen erst einmal das Lernen lernen.“, hat mir die Lehrerin der Klasse erklärt. Auch das Schreiben ist nicht so einfach, viele Schüler*innen kommen aus Ländern mit arabischer Schrift und müssen als erstes die Buchstaben des deutschen Alphabets üben.
Erst letztens, kurz vor den Weihnachtsferien, kam ein neuer arabischsprachiger Schüler in die Klasse, der nur sehr wenig Deutsch verstand, sodass andere auch arabischsprachige Mitschüler*innen übersetzten mussten. Er war bisher nur wenig zur Schule gegangen und konnte nicht arabisch schreiben. Gleichzeitig sind andere Jugendliche schon 2 Jahre in der Willkommensklasse und möchten bald ihren A2 Deutsch Test bestehen. Auch der Altersunterschied (12-16) ist groß und somit haben die Jugendlichen ganz unterschiedliche Entwicklungsstände.
Dabei ist es gar nicht von einer einzelnen Lehrer*in zu leisten, die Schüler*innen individuell zu fördern. Frau Schneidereit ist seit Ende 2016 an der Schule und hat dort auch recht schnell die Willkommensklasse übernommen. Im Ausland hatte sie schon Deutsch als Fremdsprache unterrichtet und dies auch studiert. In der Schule bekommt sie oft Unterstützung von Schulhelfer*innen bei ihrem Unterricht.
Damit aber auch manchmal gemeinsamer Unterricht stattfinden kann, schaut die Klasse öfters die Logo Kindernachrichten zusammen und spricht danach darüber. Das tut der Gemeinschaft gut. Und es sei schön zu sehen, wie sich manche entwickelten, erzählte mir Frau Schneidereit. „Ein Junge konnte am Anfang kein Deutsch und jetzt ist er der Beste in der Klasse.“
Seit Juni 2020 hat Giresse Dako, der Jugendleiter von Visioneers, regelmäßig Workshops in der Willkommensklasse zu verschiedenen wichtigen Themen veranstaltet, die nicht im Unterricht behandelt werden. Er sprach mit den Schüler*innen in mehreren Workshops über Rassismus und Diskriminierung und wie man damit umgeht sowie über Sicherheit in digitalen Medien und Falschnachrichten. Außerdem war Religion ein Thema, es wurde über das Judentum, Christentum und den Islam und ihre Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede gesprochen. Durch die Vermittlung von Wissen über andere Religionen und das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten wurden Vorurteile abgebaut und ein Beitrag zur Prävention von Radikalisierung und Antisemitismus geleistet.
Die Beteiligung an den Workshops und die Rückmeldungen der Jugendlichen haben deutlich gezeigt, dass sie viel Neues lernen konnten und auch Spaß an den Workshops hatten. Manche Jugendlichen sind über diese Workshops auch auf andere Angebote von Visioneers aufmerksam geworden und haben z.B. an Angeboten unseres Jugendtreffs oder an den Ferienschulen teilgenommen. Gefördert waren die Workshops durch die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung.
Während der aktuellen Schulschließungen versucht die Lehrerin, über WhatsApp und Zoom Kontakt zu ihren Schüler*innen zu halten, auch hier macht sie Einzelstunden mit ihnen, um den Jugendlichen angemessene Aufgaben geben zu können. Jede Woche gibt es eine Zoom-Stunde, die mit allen zusammen abgehalten wird, damit sich alle gegenseitig über ihre Lernstrategien zuhause und wie es ihnen sonst so geht austauschen können. Auch ich versuche während der Homeschooling Zeit die Schüler*innen weiterhin zu unterstützen.
Ich hoffe, dass die Schulen bald wieder öffnen können und ich wieder jeden Dienstag meine Unterstützung vor Ort einbringen kann. Denn natürlich merkt man auch hier, wie die Einschränkungen den Lernprozess behindern.
Wir würden uns sehr über Ihre Unterstützung für weitere Projekte auch in diesem Jahr freuen! Überweisen Sie gerne auf unser allgemeines Spendenkonto:
Tja, so schnell geht es rum, das Praxissemester. Ich will euch mitnehmen in meine Erfahrungen als Praktikantin hier bei Visioneers und lasse euch Einblick in meinen Arbeitsalltag nehmen.
Mein Start hätte nicht besser sein können. Am ersten Arbeitstag ging es direkt mit auf ein dreitägiges Seminar (Train the Trainer) nach Gussow. Eine super Gelegenheit das Team und die Jugendlichen, die den Verein mitprägen, kennenzulernen. Durch Lagerfeuerabende, Volleyball, Workshopeinheiten und Spiele wurde der Zusammenhalt im Team und zu den Jugendlichen echt gestärkt. Außerdem gab mir das Seminar einen super Werkzeugkasten für Workshops an die Hand, die ich später selbst durchführen durfte.
(Workshop: „Respekt“ im Boxprojekt)
Mir wurde von Anfang an viel Vertrauen und Verantwortung entgegengebracht. So durfte ich gemeinsam mit Giresse einen Plan für das neues Projekt bei Visioneers erstellen: „Fair Play-Boxen schafft Gemeinschaft“. Schon cool mal so mitzuerleben, wie man ein Projekt als Team plant und dann durchführt. Im Dezember war es soweit, dass ich Workshops zu den Themen: „Umgang mit Konflikten und Streit“ und „Respekt“ anbieten durfte. Es hat mir echt Spaß gemacht mit einer Horde motivierter Jugendlicher über diese Themen nachzudenken.
(Lernbrücken)
Mit etwas weniger Motivation war ich in einem anderen Projekt, den Lernbrücken, konfrontiert. Aber ich meine, wer hat schon Lust auf Hausaufgaben?! Alina und ich haben unser Bestes gegeben den 15-20 Kids der Carl-Sonnenschein Grundschule die Relevanz der Hausaufgaben zu vermitteln :D. Es ging darum jeden Nachmittag Kinder mit besonderen Schwierigkeiten beim Lernen zu unterstützen. Da ging es schon auch mal drunter und drüber. Rückblickend muss ich aber sagen, dass es mir so viel Spaß gemacht hat und ich echt viel lernen konnte. Ich durfte Schaltstelle zwischen Kindern, Eltern, Lehrer:innen und Schulleitung sein und mich voll ausprobieren. Dazu gehört auch Fehler zu machen, sich manchmal zu ärgern und weiterzumachen. Und die Kinder sind mir echt ans Herz gewachsen.
In den Herbstferien konnte ich die Herbstschule planen und durchführen und mal reinschnuppern wie es so ist vor einer Klasse zu stehen. Ich bin aber doch froh mich nicht für das Grundschullehramt, sondern für die Soziale Arbeit entschieden zu haben, so habe ich viel mehr Möglichkeiten individuell auf die besonders problembeladenen Kinder einzugehen. Ich wurde auf jeden Fall in meiner Berufswahl bestätigt!
Was ich sonst so mitgenommen habe?
Uff! So einiges! Ich hätte nie gedacht, dass mich die Arbeit im Büro mit Excel oder Word besonders erfüllen könnte. Aber tatsächlich habe ich sie schätzen gelernt. Und kann mich endlich einwandfrei an Shortcuts und PowerPoint bedienen. Ich habe gelernt Grafiken zu erstellen und Instaposts zu verfassen. Außerdem finde ich, dass Skills wie „Kaffeemaschine entkalken“ oder „Abrechnungslisten erstellen“ auch nicht unterschätzt werden sollten 😉
(Mittagspäuschen mit dem Team)
Ich durfte in einem tollen Team arbeiten und habe mich jede Woche auf unsere Teammeetings oder gemeinsame Mittagspausen gefreut. Außerdem konnte ich dank unserer Costa Ricanischer Mitarbeiter mal wieder meine Spanisch Kenntnisse auf Vordermann bringen!
Abschließend bleibt mir zu sagen, dass ich mich freue mit welcher Leidenschaft Visioneers das Ziel verfolgt marginalisierten Kindern und Jugendlichen einen Raum zur Entfaltung zu schaffen und ihnen dadurch eine Chance gibt, in ihrem Selbstwert zu wachsen.
Vielen Dank!
