Esterillos Oeste ist eine kleine Gemeinde an der Küste Costa Ricas. Sie liegt im Kanton Parrita in der Provinz Puntarenas. Wie die meisten Küstendörfer ist Esterillos Oeste abhängig von der Landwirtschaft, der Fischerei und insbesondere dem Tourismus. Leider ist der Tourismus sehr stark von der Wirtschaftskrise betroffen, welche durch die Covid-19 Pandemie ausgelöst wurde.
Vielleicht stimmt es, dass in den schwierigsten Momenten die besten und oftmals selbstlosesten Ideen entstehen. In Esteriollos Oeste passierte genau das. Geleitet durch Pastor Dennis León, der außerdem ein ausgezeichneter Surfer und Besitzer eines Kleinbauernhofes ist, entstand dieses wundervolle Projekt, von welchem nicht nur Esterillos profitiert, sondern auch andere Gemeinden wie Bandera, Playón, La Loma, Jacó und Quepos.
Was also ist das Küken Projekt? Im Rahmen des Projektes soll Familien geholfen werden, die am meisten von der aktuellen Wirtschaftskrise betroffen sind. Natürlich stellt sich die Frage: Wie können Küken in einer solchen Situation helfen? Eigentlich ist es ganz einfach: jeder Familie, welche durch das Projekt unterstützt wird, werden einige Küken und eine Henne zur Verfügung gestellt, damit sie sich in einigen Wochen zu gewissem Maße selbst versorgen können und die Möglichkeit ihre Hühner auch für andere Produkte zu tauschen.
Pastor Dennis erklärt, dass noch mehr dahintersteckt. Eines der Ziele des Projektes ist es, den Menschen die stark unter der aktuellen Krise und der damit einhergehenden Perspektivlosigkeit leiden, neue Motivation zu schenken. Was haben die Küken damit zu tun? Das ist gar nicht so abstrakt wie es klingt. Für eine Person, die keine Arbeit hat, der es an grundlegenden Ressourcen fehlt, die viele Sorgen und Stress hat, ist die Fähigkeit eigene Lebensmittel produzieren zu können, ein Faktor, der die schwere Zeit ertragbarer macht. Sie haben eine Aufgabe, der sie sich widmen können.
Wie wird das Projekt finanziert, von dem mehr als 300 Familien profitieren? Möglich gemacht wurde das Projekt durch Geld- und Materialspenden. So konnten die Hühner, die benötigten Materialien für die Gehege sowie das Futter für die ersten Wochen gekauft werden. Die größten Spender waren die Stiftung Nord-Süd-Brücken und das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) welches in Kooperation mit dem gemeinnützigen Verein Visioneers e.V., 5330€ gespendet hat.
Ana Isabel ist Gemeindevorsitzende einer marginalisierten Gegend der Region und konnte von unserem Projekt profitieren. Sie beschreibt, wie sie die Teilnahme am Küken Projekt erlebt. Ana Isabel ist erleichtert zu wissen, dass sie in einigen Wochen, auch wenn sich die Situation nicht verbessert, etwas zu Essen haben wird. Außerdem berichtet sie von der tollen Erfahrung, die Küken aufwachsen zu sehen, was ihr Tag für Tag Motivation schenkt.
Ganz besonders erfreuten sich Kinder an unserem Projekt, die aufgrund der Pandemie zu Hause bleiben mussten. Miguel und Luis (fiktiv gewählte Namen) berichten wie viel Spaß sie mit den Küken hatten und wie viel sie daraus lernen konnten sich um sie zu kümmern.
Schlussendlich sind es Projekte wie dieses, die uns inmitten einer Welt, die aus den Fugen zu geraten scheint, ein bisschen Hoffnung gibt.
Sie möchten eine Kükenpatenschaft übernehmen?
VISIONEERS e. V.
Berliner Sparkasse
IBAN: DE11 1005 0000 0190 4435 45
BIC: BELADEBEXXX
Betrag: 60,00 Euro
Betreff: Kükenprojekt, Name + Adresse des Spenders
Das Projekt wird zum Großteil von dem EZ-Kleinprojektfond der Süd-Nord-Brücken Stiftung finanziert.
Das Coronavirus erreichte Peru wesentlich später als Deutschland. Während in Deutschland die Pandemie Ende Januar anfing, wurde der erste Fall von COVID-19 in Peru erst am 6. März bestätigt. Bereits neun Tage danach verhängte Präsident Martín Vizcarra den landesweiten Lockdown, früher und strikter, als die meisten anderen lateinamerikanischen Staaten reagierten. Die Maßnahmen kamen plötzlich und trafen die Bevölkerung Perus hart: Quarantäne, nur noch die Ausführung von Arbeit, die essentiell für die Versorgung der Bevölkerung war, nur noch für Einkäufe und Bankgeschäfte aus dem Haus gehen, nächtliche Ausgangssperre. Überall patrouillierten Polizei und Militär, um zu garantieren, dass die Bevölkerung die Maßnahmen befolgt. Viele, die sich nicht an die Ausgangssperre hielten, wurden festgenommen.
Quarantäne, das hieß für viele Peruaner für mehr als drei Monate nur mit dem Nötigsten in einem anderen Teil des Landes festzusitzen oder Tag und Nacht mit Familie und Verwandten auf engstem Raum zu verbringen. Nach draußen zu gehen, um zu spazieren o.ä. war in Peru, anders als in Deutschland, nicht möglich.
Mehr als 70% der Peruaner arbeiten selbstständig oder im informellen Sektor, beispielsweise als Straßen- oder Marktverkäufer. Die informellen Arbeiter leben von der Hand in den Mund, d.h. sie ernähren sich von dem Geld, das sie tagsüber verdienen. Während der Quarantäne konnten sie nicht mehr arbeiten gehen, weshalb sich ihre Lebenssituation dramatisch verschlechterte. Für manche Arbeiter wurde die Lage in Lima so prekär, dass sie beschlossen, sich zu Fuß auf den Weg in ihre mehr als 400 Kilometer entfernten Heimatstädte zu machen. Zwar gab es Hilfszahlungen für die Bedürftigsten der Bevölkerung, jedoch waren diese nicht ausreichend und kamen nicht bei jedem an, der sie brauchte.
Auch für indigene Gemeinschaften stellt der Coronavirus eine große Gefahr da. Viele dieser schotteten sich freiwillig ab, um sich vor der Ansteckung mit dem Virus zu schützen. So machten es auch die Dorfgemeinschaften der lokalen Yánesha, die unsere NGO Atiycuy Peru im Zentralregenwald begleitet. Aufgrund der Quarantäne und des fehlenden Telefonnetzes in den indigenen Dörfern konnten diese unsere Organisation am Anfang der Quarantäne nicht oder nur sehr beschränkt kontaktieren. Umso stolzer war unser Team, als wir später ein Video auf Facebook fanden, das einige Dorfmitglieder der indigenen Dörfer zeigte, wie sie mit ihren traditionellen Gewändern und Pfeil und Bogen auf dem Weg vor ihren Dörfern patrouillierten und aufpassten, dass niemand in ihre Dörfern kam. Somit standen sie nun alleine für sich selbst auf, verteidigten ihre Rechte und beschützten ihre Gemeinschaften.
COVID-19 traf Peru hart
Doch trotz des frühen und strikten Lockdowns bekommt Peru das Virus bis jetzt nicht unter Kontrolle. Aktuell (Stand: 24.07.20, 10:00) gibt es insgesamt 371.096 bestätigte Infektionen, 255.945 genesene Patienten und 17.654 Tote aufgrund des Coronavirus. Momentan sind 97.497 Menschen infiziert. Peru liegt auf Platz 6 der Länder mit den meisten Infektionen. Aber woran liegt das? Eine mögliche Ursache ist, dass die Regierung viele europäische Maßnahmen kopiert hat. Das erwies sich aber in der Praxis als untauglich. Peru unterscheidet sich stark von Europa. In der Folge passten die Maßnahmen nicht zur peruanischen Lebensrealität. Nur ein Drittel der Bevölkerung hat einen Internetzugang. Millionen Menschen haben keinen Zugang zu fließendem Wasser, um sich die Hände zu waschen. Und nur ungefähr die Hälfte aller Peruaner besitzt einen Kühlschrank; wer keinen Kühlschrank hat, muss regelmäßig aus dem Haus, um frische Lebensmittel einzukaufen. Dabei kommt es vor allem auf Märkten zu vielen Neuinfektionen.
Für viele Menschen, vor allem für die arme Bevölkerung, ist es unmöglich, die Corona-Regeln zu befolgen. Sie haben keine Wahl und müssen ständig für den Einkauf oder die Arbeit aus dem Haus, um zu überleben. Für Straßenhändler, Schuhputzer, Müllsammler und Tagelöhner gibt es eben kein Homeoffice.
Außerdem stellt auch das öffentliche Gesundheitssystem in Peru ein großes Problem da. Dieses war auch schon vor der Pandemie überlastet und unterfinanziert und durch das Coronavirus gab es Medienberichten zufolge schon vor vielen Wochen nicht mehr genügend Intensivbetten und Beatmungsplätze in Peru. Die Peruaner können also nur hoffen, dass das Virus sie und ihre Familie nicht oder zumindest nicht schlimm erwischt.
Wie geht es jetzt weiter?
Am 1. Juli wurde die nationale Quarantäne beendet. Am Abend zuvor bat der Präsident noch jeden Einzelnen um verantwortungsvolles Verhalten: Mundschutz, Abstand, Hygiene. Nur in einzelnen Regionen, bspw. in Arequipa, die jetzt die neuen Hotspots des Virus sind, wird die Quarantäne weiter aufrechterhalten.
Die Phase 3 der Reaktivierung der Wirtschaft beginnt. Seit Mitte Juli läuft der Bus- und Flugverkehr im ganzen Land wieder an. Seit kurzem öffnen auch Restaurants wieder, mit eingeschränkter Gästezahl. Das Leben normalisiert sich langsam, vor allem in der Hauptstadt Lima und ein Gefühl des Optimismus macht sich breit. Seit Mitte Juni stabilisiert sich die tägliche Zahl der Neuinfizierten auf hohem Niveau. Die Zahl der aktuell Infizierten ist relativ gleich bleibend. Jedoch ist zu bedenken, dass es zu den offiziellen Zahlen noch eine unklare Dunkelziffer an infizierten Personen gibt. Momentan verlangsamt sich die Ausbreitung des Virus in Peru also noch nicht.
Auch der Blick in den Zentralregenwald zeigt: mit dem Ende der Quarantäne kommen wieder mehr Menschen aus der Hauptstadt und aus anderen Provinzen, womit auch die Zahl der Infizierten dort dramatisch ansteigt. Teilweise kollabieren die Provinzkrankenhäuser unter dem Druck der Neuinfektionen. Und auch für die besonders gefährdeten indigenen Gemeinschaften fängt die Pandemie jetzt erst an.
Quellen:
https://www.spiegel.de/politik/ausland/coronavirus-in-peru-lockdown-und-trotzdem-keine-kontrolle-a-578c733a-d850-41bd-9c60-4baf21104a6e https://peruconsult.de/coronavirus/https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Peru#Statistik https://www.tagesschau.de/ausland/coronavirus-karte-101.html
Stell dir vor du befindest dich an einen Ort abseits der Zivilisation. Die Natur um dich herum ist unberührt, Berge und Täler sind von Bäumen überwachsen. Durch die tiefen Täler schlängeln sich Flüsse welche unendlich erscheinen. Die Hügel werden von der heißen Sonne angestrahlt. Hühner Schweine und sogar Pferde laufen frei herum und scheinen keinen Besitzer zu haben. Im Umfeld kannst du vereinzelt stehende Holz- und Blechhütten erkennen. Auch Menschen gibt es hier, wenige, und sie scheinen dich gar nicht wahrzunehmen. Außerdem sind die Worte, die sie wechseln unverständlich. Sie scheinen ihre Alltagsroutine in und auswendig zu können und dieser zu folgen. Ein Stückchen weiter – auf einem kleinen Hügel – spielen ein paar Kinder mit einem kaputten Ball. Sie lachen und toben doch als du auf sie zugehst, verstummen sie und betrachten dich mit einer Mischung aus Neugierde und Angst. Du versuchst ihnen zu erklären, dass sie sich nicht fürchten müssen aber sie verstehen deine Sprache nicht. So beginnst du, den Ball durch die Luft zu kicken und schon bald trauen sich die ersten Kinder mitzuspielen, Worte sind gar nicht nötig.
Anfang März machte ich mich mit einer kleinen Gruppe aus Deutschen, Amerikanern und Costa Ricanern auf den Weg in den Dschungel, dorthin wo die Cabeckas leben, eine kleine Gruppe Indigener. Roland (ein Amerikaner, den ich in Costa Rica kennen gelernt habe) hatte mich und vier weitere Jugendliche eingeladen ihn zu begleiten. Er war schon mehrmals in diesem abgelegenen Teil Costa Ricas unterwegs gewesen. Denn er hat es sich zur Aufgabe gemacht, mitten im Dschungel ein kleines medizinisches Versorgungszentrum für die indigene Bevölkerung aufzubauen, da das nächste Krankenhaus 2,5 Stunden Fußmarsch und eine anschließende 3 stündige Busfahrt entfernt ist. Schon mehrmals durften Gruppen von Freiwilligen Roland zu den Cabeckas begleitet, meistens aber mehrere Tage oder Wochen um ihm beim Hausbau zu helfen. Dieses mal ging es nur darum, die Lage zu checken und die nächsten Schritte zu planen.
Die Reise begann also mit einer etwa 2,5 stündigen Autofahrt, genug Zeit um den kleinen Trupp – mit dem ich das Wochenende verbringen würde – etwas besser kennen zu lernen. Anschließend stand uns eine genauso lange Wanderung bevor und zwar pausenlos bergab bei praller Sonne. Die Natur um uns herum war atemberaubend doch als uns das erste Wildpferd auf dem schmalen Pfad entgegengerannt kam, versetzte mir das doch einen kleinen Schrecken. Schon fast an unserem Zielort angekommen, mussten wir noch einen Fluss überqueren über welchen die Cabeckas (die indigene Bevölkerung) einen Seilzug gebaut hatten. Uns kam sogar jemand zur Hilfe und brachte uns sicher ans andere Flussufer. Auf dem restlichen Weg tauchten schon vereinzelt Hütten auf, welche zum Großteil aus Holz bestanden, aus manchen qualmte Rauch. Ebenso passierten wir eine kleine Schule welche Roland und weitere Freiwillige im vergangenen Jahr frisch gestrichen hatten. Soweit ich es erkennen konnte, war das bisher das einzige Haus, das überhaupt gestrichen war. Kurze Zeit später kamen wir dann auch in der Hütte an in welcher wir die Nacht verbringen sollten. Unsere Schlafsäcke hatten wir selbst mitgebracht und im inneren (einzigen) Raum befanden sich Schaumstoffmatten, die sich als gemütlicher entpuppten als sie aussahen. Nachdem wir unsere Rucksäcke abgelegt hatten, wollten wir natürlich erst einmal die Umgebung erkunden. Neben unserer gab es noch zwei weitere Häuschen und sogar eine kleine Kirche, womit dieser Platz vermutlich das Zentrum darstellte. Nun dürft ihr euch aber auf keinen Fall eine Kirche vorstellen wie wir sie kennen: groß, steinern mit einem Kirchturm und einer riesigen Uhr. Diese Kirche bestand aus Wellblech und im Inneren befanden sich Bänke und ein Altar aus Holz.
Nachdem wir etwas mit den jüngeren Kindern gespielt hatten, kamen auch ein paar Jugendliche dazu, welche zu unserem Erstaunen auch Spanisch sprachen. Ihre Muttersprache ist Cabecka und erst in der Schule lernen sie Spanisch. Einer der Jugendlichen erzählte uns, dass er in der nächstliegenden Stadt zur Universität geht.
Es war sehr schön etwas über ihre Kultur zu erfahren und ein paar Wörter Cabecka zu lernen. Nach dem Abendessen, das wir mitgebracht hatten und einer kurzen Dusche mit eiskaltem Gebirgswasser fand ein Gottesdienst in der Kirche statt. Obwohl ich wenig verstand von dem was gesprochen wurde war die Atmosphäre sehr schön, da unter anderem gesungen und getanzt wurde. Nach dem Gottesdienst verließen die Erwachsenen die Kirche und auch wir wollten schon gehe, doch mehrere Jugendliche begannen zu Rappen, was sich schnell zu einem Rapbattle entwickelte und uns natürlich zum Bleiben einlud. Nachdem der Abend dann mit etwas Gitarren-Geklimper ausklang, zog es auch uns in die Schlafsäcke.
Am folgenden Tag brachen wir schon früh auf um nicht der Mittagshitze ausgesetzt zu sein. Denn die Strecke, die am Vortag bergab ging, galt es heute steil bergauf zu wandern. Und ja es war wirklich steil. Oben angekommen belohnten wir uns mit einem Eis und gingen anschließend mit unserem kleinen Trupp noch etwas essen. Sowohl unser Trupp von Freiwilligen als auch die indigenen Kinder sind mir in dieser kurzen Zeit sehr ans Herz gewachsen und ich hoffe sie bald alle wieder sehen zu können.
Die letzten Tage haben wir damit verbracht, die Wahlworkshops für die neuen Freiwilligen vorzubereiten und durchzuführen. Dabei wurden viele verschiedene Themen behandelt: Die Rolle der Frau in Costa Rica, Klimaschutz, Kultur und Sprache, Flüchtlingssituation, Indigene Bevölkerung, etc.
Kochseminar:
Damit die Online-Seminare nicht nur theoretisch sondern auch praktisch stattfinden können, haben wir außerdem einen Kochworkshop gemacht. Dabei haben wir das Costa-Ricanische Nationalgericht „Gallo Pinto“ gemeinsam per Videocall zubereitet und verkostet. Währenddessen gab es genug Zeit Fragen, Bedenken und Hoffnungen untereinander auszutauschen und zu klären. So konnten wir viele wichtige Tipps zum Thema Gastfamilie, kulturelle Unterschiede, Packen, Freizeit und vieles mehr weitergeben.
In Costa Rica wird das Gericht traditionell zum Frühstück gegessen. Das war für die Freiwilligen schwer vorstellbar, doch es gab ihnen einen ersten Vorgeschmack auf das Leben im Land der Reis und Bohnen.
Das Rezept:
Hier das Rezept für alle, die neugierig geworden sind und es gerne einmal selbst ausprobieren wollen:
- 1-2 Tassen Reis
- 1 Dose Kidneybohnen/schwarze Bohnen
- 1 Zwiebel
- 1-2 Knoblauchzehen
- 1 große Handvoll frischer Koriander
- etwas rote Paprika
- Gewürze: Salz, Pfeffer (evtl. complete seasoning)
- etwas Öl
- Salsa Lizano (oder ersatzweise Worcestershire Sauce: am besten ist die von Lee & Perrins)
Wir drücken fest die Daumen, dass die Ausreise für die neuen Freiwilligen dieses Jahr klappt und sie genauso viele wunderbare Erlebnisse, wie wir sammeln können.
– Lina und Laura
Gefördert durch den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Wenn man über das weltwärts-Programm ausgeschickt wird, werden vom BMZ natürlich auch Ansprüche an den Freiwilligen gestellt. Da wären das Spendensammeln zu Beginn des Freiwilligendienstes, aber auch die Erwartung, sich nach seinem Freiwilligenjahr zu engagieren und entwicklungspolitisch weiterzubilden. In erster Linie macht sich ein frischgebackener Freiwilliger natürlich Sorgen um die Spendensumme, die gar nicht so einfach zu beschaffen ist. Über den zweiten Punkt, die Bereitschaft, sich vollkommen auf das Thema der Entwicklungshilfe und der internationalen Beziehungen einzulassen, denkt man zu Beginn nicht groß nach. Man liest zwar den Punkt seines Vertrages durch, in dem man dazu aufgefordert wird, sich nach Beendigung des Dienstes weiter ehrenamtlich zu betätigen, aber naja, leere Worte. Das wird man schon irgendwie machen, klar, dass das Ministerium das schreiben muss.
Dass sich meine Interessenslage, meine Lebenseinstellung und Mentalität so grundlegend ändern würde, hätte ich deshalb nie erwartet. Besonders nicht angesichts des pandemie-bedingten Freiwilligenabbruchs nach nur sieben Monaten. Und doch: Inzwischen bin ich an meinen Studienort gezogen und über meinem Schreibtisch hängt das Ergebnisdokument der Vereinten Nationen der Weltkonferenz über indigene Völker gleich neben einem Schema zur Definition nachhaltiger Gemeinschaften.
Atiycuy Perú
Die sieben Monate meines Freiwilligenjahres verbrachte ich in Peru. Im Projekt „Atiycuy Perú“ arbeitet man nicht nur mit der lokalen Dorfgemeinschaft, man verbringt auch außerhalb der Arbeit sehr viel Zeit mit den dort lebenden Yanesha. Ob es nun Ausflüge am Wochenende mit Carlos und Cely, dem Yanesha-Pärchen aus unserem Team, Übernachtungen in den indigenen Dörfern oder Besuche bei Meda sind. Meda betreibt einen kleinen Yanesha-Kunsthandwerksladen in unserer Kleinstadt. Und sie bringt uns gern bei, wie wir unseren eigenen Schmuck herstellen können, indem wir die selben Samen wie die Yanesha nutzen. Diese Samen werden nicht irgendwo gekauft, die Yanesha sammeln sie in den Bergen. Edlinda, eine bezaubernde Omi in einem der Dörfer erzählte mir einmal, dass ihr Mann für ein kleines Säckchen roter Samen (also ungefähr 100g) häufig 3 oder 4 Tage auf Suche ist.
Die Indigenen- Gemeinschaft
Die Begegnungen mit den Yanesha hielt für mich sehr gegenteilige Erfahrungen bereit. Gegenteilig, im Leben einer dort lebenden Person jedoch gleichsam real und ganz normal. Zum einen ist da die offene, selbstlose und fröhliche Mentalität, mit der die Yanesha miteinander und mit Fremden umgehen. Die Bezeichnung „Comunidad Nativa“ heißt übersetzt nicht etwa „Indigenen-Dorf“, sie bedeutet „Indigenen-Gemeinschaft“. Und es ist ebendiese Gemeinschaft, die das Leben der Yanesha prägt. Carlos erzählte mir, dass sobald ein Yanesha ein Haus für sich und seine Familie bauen will, das ganze Dorf mit anpackt und das Haus innerhalb von nicht einmal sechs Wochen steht. Das ist Gemeinschaft. Im erschreckenden Kontrast zu diesen liebenswerten Menschen, von denen wir alle sehr viel lernen können, stehen ihre Erfahrungen mit Nicht-Indigenen. Bei Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche angefangen erleben die ursprünglichen Völker Perus Diskriminierung in allen Lebensbereichen. Von Beschimpfungen, Landraub und Diebstahl über die Abweisung des Krankenhauses bei Tumorerkrankungen hin zu Terrorismus. In den 90er Jahren wurden 330.000 peruanische Indigene zwangssterilisiert, um sie so langsam auszurotten.
Wenn man diese Geschichten erzählt bekommt, weiß man meist nicht, wie man reagieren soll. Man fühlt Unglauben, Mitleid, Trauer, Wut kommt auf. Und man schämt sich. Obwohl man persönlich nicht verantwortlich ist. Aber Scham habe ich trotzdem häufig empfunden.
Und plötzlich begreift man: Wir sind alle verantwortlich. Nicht nur aus historischer Sicht. Aber eine andere Sache habe ich auch verstanden: Ich habe eigentlich keine Ahnung, was in der Welt so los ist. Ich halte mich für einen sehr politisch interessierten Menschen, hatte überlegt, Politikwissenschaften zu studieren. Aber nun sehe ich mich mit dem Fakt konfrontiert, eigentlich keinerlei Einblick in viel zu viele Bereiche der Politik und ihre Auswirkungen zu haben. Der Schock dieser Erkenntnis hat mich dazu gebracht, nun, Zuhause, mit Zugang zu Büchern und dank Corona auch mit genug Zeit, viel zu recherchieren und mich weiterzubilden. Angefangen mit Erfahrungsberichten aus den Jahren der Zwangssterilisierung und Büchern über Kolonialismus bereite ich im Moment einen Workshop über nachhaltige Entwicklungshilfe für den neuen Freiwilligenjahrgang vor. Und das Seminar zum Indigenenrecht, das ich vor gut einem Monat vorbereitete, hielt weitere Enttäuschungen bereit. So sind die wirklich wichtigen, umfassenden Dokumente zum Indigenenrecht nicht bindend. Natürlich nicht. Ich lese Berichte über die Umsetzung des Indigenenrechts und habe das Gefühl, je weiter man gräbt, desto schlimmer wird es. In diesem Fall stimmt es wohl. Ungebildet lebt man glücklicher. Aber trotz allem fühle ich mich verpflichtet, mich zu informieren, alles Wissen in mich einzusaugen, alles zu lernen, was man lernen kann, um eines Tages vielleicht wirklich einen Unterschied zu machen.
Und schlussendlich, obwohl ich das anfangs wohl nicht erwartet hatte, erfüllt man die Erwartungen des Ministeriums.
Visioneers e.V. startet ein neues Patenprogramm:
Corona Nothilfe – Küken-Projekt (proyecto pollito)
Costa Rica, ein wunderschönes Land mit Menschen, die bislang mit ihrem Leben und ihrer Umwelt sehr glücklich und zufrieden waren, ist nun durch Covid-19 in eine existentielle Notlage geraten. Viele Menschen haben dort ihre Jobs verloren, den Familien droht Armut und Hungersnot.
Das Projekt
„Give a man a fish, and you feed him for a day. Teach a man to fish, and you feed him for a lifetime.“(Gib einem Mann einen Fisch und er ist für einen Tag satt. Bring einem Mann bei, wie man fischt und er wird sein Leben lang gesättigt sein).
Unter diesem Motto wurde in Costa Rica das Kükenprojekt ins Laufen gebracht. Dennis Leon, der Pastor im kleinen Dorf Esterillos Oeste, möchte den Familien im Umkreis somit eine Chance geben, sich im kleinen Maße selbst zu versorgen. Die Idee ist also, dass den Familien Materialien für einen Hühnerstall, Hühnerfutter und Küken gegeben werden und diese dann somit die Aufgabe bekommen, sich um die Küken zu kümmern. Auch im eigenen Interesse natürlich, die Küken sollen ja später auch mal Eier legen.
Das Haushuhn gilt als das häufigste Haustier des Menschen. Es ist pflegeleicht und anhänglich. Mit seinem Kikeriki erfreut es viele Herzen. Es versorgt die Familien täglich mit köstlichen und frischen Eiern. Die Hühnerhaltung hilft vor allem auch Kindern Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln und die Pflege von Tieren zu erlernen. Auch macht es den Kindern großen Spaß, jeden Morgen frische Eier einzusammeln.
Aber natürlich muss auch dieses Projekt irgendwie finanziert werden.
Da wir bei Visioneers durch den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts schon lange Kontakt zu dem Dorf in Costa Rica haben, möchten wir dort so gut es geht Unterstützung leisten und auch Euch informieren und hoffentlich anregen, auch Unterstützung leisten zu wollen.
Werde Pate einer Kükenfamilie
Damit das aber nicht nur so anonym und unpersönlich geschieht, möchten wir eine Patenschaft anbieten. Deutsche/europäische Familien übernehmen eine Küken-Patenschaft für eine costa-ricanische Familie. Mit einer einmaligen Spende von nur 60 Euro kann eine Familie in Costa-Rica einen Hühnerstall bauen und die ersten Küken kaufen. So ist der Grundstein für eine Hühnerzucht gelegt.
Außerdem ist so auch der Grundstein für neue Freundschaften gelegt. Dank der noch funktionierenden Digitalisierung wird sich Visioneers e.V. bemühen, Kontakte zwischen den Familien herzustellen. Die Familien aus Costa Rica können mit Wort und Bildern von ihren neuen Haustieren berichten. Und wer weiß? Vielleicht ergibt sich später, nach Coronazeiten, auch mal die Möglichkeit eines Besuchs…
Möchtet Ihr mitmachen? Dann schreibt uns gerne an: ntepass@visioneers.io
Costa Rica
Mitten in Lateinamerika liegt Costa Rica, ein wunderschönes Land mit eindrucksvollen Naturlandschaften, Regenwäldern, einer atemberaubenden Tierwelt und paradiesischen Stränden an der Karibik sowie dem Pazifik. Wie viele Länder des globalen Südens ist es als Schwellenland klassifiziert.
Bestimmt habt auch Ihr in letzter Zeit mal darüber nachgedacht, in Costa Rica Urlaub zu machen, denn Tourismus ist der Hauptgrund dafür, dass Costa Rica über die letzten Jahre wachsen und sich weiterentwickeln konnte. Aufgrund des steigenden Tourismus wurden immer mehr Arbeitsplätze geschaffen und mittlerweile arbeitet 60% der Bevölkerung direkt oder indirekt im Tourismus. Daher ist die Existenz vieler Costa-Ricaner durch COVID-19 gefährdet. Viele Hotels und Restaurants müssen schließen, denn die Touristen bleiben aus. Dennoch geben die Menschen dort nicht auf, sondern erwecken viele neue Hilfsprojekte zum leben. Wie z.B. das Kükenprojekt.
Sie möchten eine Kükenpatenschaft übernehmen?
VISIONEERS e. V.
Berliner Sparkasse
IBAN: DE11 1005 0000 0190 4435 45
BIC: BELADEBEXXX
Betrag: 60,00 Euro
Betreff: Kükenprojekt, Name + Adresse des Spenders
Das Projekt wird zum Großteil von dem EZ-Kleinprojektfond der Süd-Nord-Brücken Stiftung finanziert.
„Wertschätzung lässt Verbundenheit und Vertrauen wachsen. Es ist der Treibstoff für die Straße des Lebens, den wir täglich brauchen“ (Jeanette Holdingausen).
Wieso beginnen wir also erst die Dinge wertzuschätzen, wenn wir sie nicht mehr haben oder sie nicht mehr greifbar sind? Vielleicht fühlen wir uns deshalb an so vielen Tagen träge, schlapp und ohne Motivation. All das, weil wir nicht jeden Tag wertschätzen, nicht die kleinen, positiven Dinge zu schätzen wissen? Hätten wir mit mehr Wertschätzung den nötigen Treibstoff, den wir bräuchten, um jeden Tag unsere Straße des Lebens energievoll zu bestreiten? Warum haben die negativen Dinge so viel Gewicht, sodass die positiven Dinge in Vergessenheit geraten?
Wertschätzung bedeutet das Schätzen von einzelnen oder mehreren messbaren Eigenschaften einer Sache oder von Individuen. Was würde passieren, wenn wir einzelne Sachen oder Personen mehr wertschätzen würden? Würden wir dann positiver, glücklicher und zufriedener durch das Leben ziehen? Eigentlich ist die Antwort ganz einfach – ja würden wir! Wieso also nicht gleich mit mehr Wertschätzung beginnen? Deshalb appelliere ich an die Leser dieses Blogeintrages, für einen kurzen Moment in sich zu gehen und die Augen zu schließen. Denkt an Personen und Sachen, die ihr in eurem Leben schätzt. Denkt an den heutigen Tag und jedes noch so kleine, positive Ereignis, dass ihr noch nicht wertgeschätzt habt. Ich bin der Meinung, dass mit mehr Wertschätzung die Menschheit präsenter wäre und mehr im Moment leben würde.
Mit diesem Blogeintrag will ich mich genauer mit den Dingen befassen, die ich an meinem Jahr in Costa Rica wertschätze. Ich will nicht erst damit anfangen, wenn ich wieder in Deutschland bin und die Personen und Sachen so weit weg oder ungreifbar sind. Ich möchte über die Dinge nachdenken, die ich hier liebe, für die ich dankbar bin, die ich anerkenne. Ich möchte mehr Treibstoff für meine Straße des Lebens sammeln. Ich will nicht enttäuscht in Deutschland sitzen, weil ich gewisse Momente und Personen nicht wertgeschätzt habe und sie deshalb in Vergessenheit geraten sind.
German, unser Nachbar
Ein schon etwas älterer Mann mit einem großen Herz für Mensch und Tier. German ist einer der herzlichsten Menschen, die ich kenne. Ich habe großen Respekt vor ihm. ich schätze und achte ihn sehr. German arbeitet als Security nachts vor einer Bar. Das ganze 12 Stunden und 6 Tage die Woche. Meistens sind es sogar deutlich mehr als 12 Stunden, da er in der letzten Zeit häufig viel später als normal von der Arbeit zurück gekommen ist. Heute beispielsweise kam er erst um 8 Uhr morgens zurück, obwohl seine Schicht eigentlich um 6 Uhr zu Ende ist. Von 18 Uhr abends bis 8 Uhr morgens arbeiten – das sind 14 Stunden! Für mich unvorstellbar. Und ob er die Überstunden bezahlt bekommt? Wohl eher nicht. Dazu kommt, dass er bei seinem Job kaum Geld verdient. Wie wenig er verdient, weiß ich leider nicht und kann somit nur vermuten. Der Mindestlohn in Costa Rica liegt bei ca. 500$ pro Monat. Das bedeutet, dass German bei 72 Stunden pro Woche und 288 Stunden pro Monat rund 1,70$ pro Stunde verdienen würde. Dabei muss beachtet werden, dass Costa Rica ähnlich teuer wie Deutschland ist. Dass German wenig Geld hat, ist deutlich erkennbar an seinen Lebensverhältnissen.
Er lebt in einer Wohnung mit nur einem kleinen Zimmer, in dem alles steht, und einem winzigen Bad. Eine Küche besitzt er nicht, weshalb unsere Vermieterin immer für ihn kocht. Seine Kinder leben in der Hauptstadt San José. Doch oft fehlt das Geld für den Bus, um seine Kinder zu besuchen oder Sachen in der Hauptstadt zu erledigen. Trotz alledem kauft er regelmäßig Futter für unsere Katze. Er liebt es, unsere Katze zu füttern. Jedes Mal freut er sich aufs Neue wenn er der Katze Futter gibt. Deshalb füttern wir unsere Katze mittlerweile nicht mehr und füllen lediglich die Flasche mit Katzenfutter auf, damit German die Katze füttern kann. Oftmals kommen sogar 3 andere Katzen und betteln um Futter. Obwohl alle Katzen nicht seine (eigentlich auch nicht unsere) Verantwortung sind und er kaum Geld hat, gibt er jedes Mal aufs Neue jeder Katze Futter. Ebenfalls hat er uns bereits des Öfteren auf ein Eis eingeladen. Er klopft an unserer Tür und sagt, dass er Eis für uns hätte. Wir setzten uns mit ihm draußen hin, schlabbern das Eis und unterhalten uns. Er scheint glücklich und zufrieden zu sein. Mein Herz geht auf.
Zudem hatte ich ihm erzählt, dass ich früher viel Flöte gespielt habe. Am nächsten Tag klopfte er an die Tür und schenkte mir seine wunderschöne aus Holz gefertigte, bemalte Flöte, die leider nicht mehr funktioniert. Ich konnte es kaum fassen. Ein Mann, der so wenig Besitz hat, schenkte mir ein Teil seines kleinen Besitzes. Doch genau das macht German glücklich – teilen und geben. Ich werde sein großes Herz in Deutschland sehr vermissen. Es gibt so viele Dinge, die ich an German wertschätze und bewundere. Ich wünschte, dass es mehr Menschen wie German auf dieser Welt geben würde. Ich bin dankbar, dass er unser Nachbar ist und ich ihn kennen lernen durfte. Ich habe bereits viel von German gelernt und durch ihn über viele Dinge nachgedacht.
Estrella
Außerdem schätze ich es sehr, ein Haustier zu haben – unsere Katze Estrella (Stern) – oder Coco? Die ehemaligen Freiwilligen haben uns erzählt, dass sie Coco heiße. Doch German meinte, dass ihr Name Estrella sei. Also nennen Lina und ich sie momentan Estrella. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sie sehe. Es ist beruhigend, sie zu streicheln und zu kuscheln. Wie kann ein so kleines und zartes Tier so viel Wärme und Zuneigung schenken?
Eine weitere Sache, die ich wertschätze ist, dass wir auf einem Hof zwischen Ticos leben. Meiner Meinung nach ist das die beste Art und Weise, die Kultur zu erleben und zu entdecken. Um 5 Uhr kräht der Hahn. Um 6 Uhr beginnen die Leute rumzuschreien. Tumult rund um die Uhr. Nicht zu vergessen, die vielen Tiere, die ständig überall rumlaufen. Irgendwie klingt die Beschreibung meines Lebens zwischen Ticos nicht sonderlich schön. Ich kann nicht beschreiben wieso, aber genau das liebe ich alles. Mich stört es nicht, früh aufzustehen bzw. aufzuwachen. Das ist Teil der Kultur und ich bin schließlich hier, um die Kultur hautnah zu erleben.
Anderer Standard
Ebenfalls bin ich dankbar für die Wohnung, in der wir leben. Ich würde sie als eine „Tico-Wohnung“ bezeichnen. Für mich bedeutet das, dass die Wohnung klein und sehr einfach gebaut sowie ausgestattet ist – nicht vergleichbar mit dem „deutschen Standard“, der deutlich höher liegt. Alles wirkt irgendwie dreckig, aufgrund der alten Möbel bzw. Einrichtung und der bröckeligen Wände. Auch aufgrund des Schimmels, der hier keine Seltenheit ist, wirkt alles schmutziger und ungemütlicher.
An das Bad musste ich mich am Meisten gewöhnen. Klein, eng, kein Platz zum Sachen abstellen und so einen „Duschkopf“ gibt es wohl kaum in Deutschland. Abermals klingt meine Beschreibung wenig nach Wertschätzung. Dennoch bin ich unglaublich froh, dass ich in einer Wohnung lebe wie die Ticos. Genau das gehört zu meiner Erfahrung dazu. Sonst wäre es ja langweilig, da hätte ich auch gleich in Deutschland bleiben können. Ein komplett anderer Lebensstandard. Mit weniger zu leben bzw. auszukommen, ein Zimmer teilen, weniger Privatsphäre – fernab von der Konsumgier der westlichen Länder und des Größenwahnsinns. Eine Erfahrung bzw. eine Lektion, aus der ich viel Nutzen ziehen kann.
Im Bett liegen, die Augen zu, und dem Meeresrauschen lauschen – ein kleiner und doch so schöner Moment, den ich wertzuschätzen weiß. Beim Einschlafen das Rauschen der Wellen hören, wie geil ist das denn bitte? Zudem wirkt es sehr entspannend und hilft beim Einschlafen, glaubt mir. Abends das Meeresrauschen und morgens gleich zum Strand. Wie schön es ist, für ein Jahr in einem Dorf direkt am Strand zu wohnen. In der Mittagspause kurz Sonne am Strand tanken oder schnell einmal in das Meer hüpfen. Nach der Arbeit oder am Wochenende das Surfboard schnappen oder stundenlang am Strand entspannen und Ukulele spielen, lesen Musik hören, Karten spielen, die Augen schließen, den angenehmen Wind im Gesicht und dessen salzige Brise des Meeres spüren. Schön lässt`s sich leben. Wertschätzung.
Auch die kleinen Dinge, wie das selbstgemachte Eis meiner Abuela, das als Ersatz für meine dunkle Schokolade wirkt, schätze ich. Schokolade und Erdnussbutter, Schokolade und Banane, Ananas, Kokosnuss, oder doch Schokolade pur? Die Entscheidung fällt mir immer schwer. Obwohl ich meine dunkle Schokolade doch sehr vermisse, bin ich froh, dass ich das Eis meiner Abuela habe.
Bleiben wir gleich beim Thema Essen. Gallo Pinto, das Nationalgericht Costa Ricas. Reis und Bohnen, einfach aber gut. Gibt es immer und überall und dennoch kann ich nicht genug davon bekommen. Zumindestens noch nicht. Wenn Gallo Pinto bei uns in der WG auf dem Tisch kommt, dürfen viel Lizano-Soße und Platanos nicht fehlen! Ich muss gestehen, dass ich es liebe und es sehr in Deutschland vermissen werde. Wie soll ich das bloß in Deutschland nachkochen, ohne die richtigen Bohnen, Kochbananen oder die Lizano-Soße? Vielleicht sollte ich damit anfangen, es jeden Tag zu essen? Wobei lieber nicht, sonst muss ich noch zwei Plätze auf dem Rückflug buchen…..
Meine Freiwilligenarbeit
Ein große Sache, die ich in Costa Rica ebenfalls wertschätze, ist meine Arbeit als Freiwillige. Ich bin dankbar, dass ich ein kleines soziales Projekt hier unterstützen darf. Ich weiß, dass ich die Welt nicht rette oder verändere, aber ich schätze es, dass ich einen kleinen Beitrag für eine bessere Welt leiste. Sei es nur einem Kind, ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Mit den Kindern zu spielen, zu basteln, zu lachen, rumzualbern – eine positive Sache, die nicht nur den Kindern viel Spaß bereitet und Energie schenkt, sondern auch mir. Auch die Kinder zaubern mir oft ein Lächeln in mein Gesicht, indem sie angerannt kommen, meinen Namen schreien, mich umarmen, mir Fragen stellen. So drücken die Kinder auf ihre eigene Art und Weise ihre Dankbarkeit aus. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Eine Erfahrung, aus der ich jeden Tag mehr lerne und mehr Nutzen ziehen kann. Meine Erfahrung, als Freiwillige zu fungieren, werde ich noch lange in Erinnerung behalten.
Das wunderschöne Land Costa Rica
Ich schätze nicht nur meine Erfahrung als Freiwillige, sondern auch, dass ich genug Zeit habe, um Costa Rica zu bereisen und zu entdecken. Costa Rica, ein Land mit einer unbeschreiblich schönen Natur und einer faszinierenden Tierwelt. Das Meer, der Strand, die Palmen, die Berge, die wunderschönen Sonnenaufgänge und -untergänge, die Berge, die Vulkane, Affen, Leguane, Riesenspinnen, Papageien, Faultiere. Einfach nur Wow. Ich bin schon viel gereist, aber eine Landschaft und eine Vielfalt wie in Costa Rica sehe ich zum ersten Mal. Nicht fehlen dürfen bei den Dingen, die ich an meinem Jahr in Costa Rica wertschätze, meine gewonnene Ruhe und Gelassenheit sowie die viele Zeit, die ich für mich habe und die wenigen Verpflichtungen. Einfach mal einen Tag, das tun, was ich will und nicht meinen unendlichen Verpflichtungen hinterherrennen, wie ich es in Deutschland tat. Eine Erfahrung, die mir unglaublich gut tut. Weniger Stress, mehr Ruhe, Gelassenheit, Entspannung und Zeit. Hoffentlich kann ich davon ein großes Stück zurück mit nach Deutschland nehmen.
Es gibt so viele Dinge und Personen, die ich an meinem Jahr in Costa Rica wertschätze, für dich ich dankbar bin, die ich liebe und respektiere. Würde ich noch mehr Sachen aufzählen, noch mehr ins Detaille gehen und die kleinen, winzigen Sachen betrachten, würde dieser Artikel das Maß überschreiten. Wie viel Freude es mir bereitet hat, diesen Blogartikel zu schreiben. Oft mit einem Lächeln im Gesicht, gut gelaunt, zufrieden, glücklich, entspannt, positiv – das Wunder der Wertschätzung.
Innehalten, durchatmen, wertschätzen, Treibstoff tanken.
Momentan gibt es eine immer größere Nachfrage nach Mundbedeckungen. So haben viele Menschen begonnen, sich selber Masken zu nähen und auch Visioneers ist im Rahmen des Projektes „Gemeinsam für ein besseres Berlin“ fleißig mit dabei.
Die Gruppe der Teilnehmer ist bunt durchmischt, so kommt es zu einem regen Austausch zwischen Kulturen wie Rumänien, Afghanistan, Palästina, Costa Rica und Deutschland. Von absoluten Neustartern, über Hobby-Näher, bis hin zu einer professionellen DIY Bloggerin ist alles mit dabei.
Regelmäßige Onlinesitzungen
Mehrmals die Woche wird sich online über neue Schnittmuster, Ideen zur Stoffverwertung, Alternativen zum Draht und vielen weiteren Tipps und Tricks ausgetauscht und in Videoanrufen gemeinsam genäht. So werden aus alten T-Shirts Jersey-Nudeln hergestellt, Stoffe aus Bettbezügen geschnitten und Heftklammern als Drähte, für sicher sitzende Masken, eingenäht.
Untereinander erfährt man viel Unterstützung, so werden Gummibänder verschickt, Ratschläge zu zankenden Maschinen gegeben und über Stoffe beraten. Außerdem wurden drei neue Nähmaschinen gekauft, die an Jugendliche in Berlin verteilt wurden, damit sie am Projekt teilnehmen können.
An wen werden die Masken weitergegeben?
Über 300 Masken wurden bereits mitsamt Informationsschreiben zur richtigen Anwendung an Nachbarn, Freunde, Großeltern, Obdachlose, Altersheime, Friseure, Kitas und Pflegedienste verteilt. Und das Nähen geht weiter, denn zum Schutz unserer Mitmenschen und für uns selbst werden weiterhin viele Masken benötigt. Das Maskennähteam freut sich, denn bei so einigen wurde das Interesse am Nähen geweckt.
Die Motivation wird außerdem durch #VisioneersChallenges, wie zum Beispiel mit Überraschungen zu den kreativsten Masken, gesteigert. So entstehen täglich aufs neue individuelle, stylische und vor allem schützende Masken.
Wir sind von der kleinen Stadt Villa Rica, im Zentralregenwald Perus, in die Hauptstadt gefahren und befinden uns schließlich in Lima. Am nächsten Tag geht unser Rückholflug nach Deutschland. (Die Geschichte, wie es dazu gekommen ist, kannst du hier auf meinem Blog nachlesen).
Wir schauen nochmal in der Uber-App nach, um sicherzugehen, dass wir morgen auch wirklich eine Fahrmöglichkeit von unserer Unterkunft zum Treffpunkt der deutschen Botschaft haben. In der App stand: „Dieses Angebot ist an deinem Standort momentan nicht verfügbar.“. Wir versuchen es mit anderen Taxiapps, doch immer wieder das gleiche. In der Email der deutschen Botschaft stand zwar, dass manche Taxiunternehmen und einige unabhängige Taxis noch arbeiten, aber wir wollten uns nicht auf die Straßentaxis verlassen. Also riefen wir unseren Kollegen Martín an, um ihn zu fragen, ob er uns abholen kann. Selbstverständlich, meinte er.
Treffen mit der deutschen Botschaft
Am Montagmorgen stehen wir früh auf, frühstücken den Rest, den wir noch haben: Joghurt, Müsli mit ein bisschen Wasser gestreckt. Dann machen wir uns und unsere Sachen fertig und gehen nach unten. Wir stehen kaum 3 Minuten am Straßenrand, da kommt Martín auch schon mit dem Auto angefahren. Zusammen mit Martín fahren wir die 20 Minuten zum Treffpunkt. Meine letzte Fahrt durch Lima. Die Straßen sind ruhig, aber es sind schon manche Menschen draußen. Autos sind nur wenige unterwegs. Wir werden ein paar Mal vom Militär kontrolliert, die Sicherheitskräfte winken uns aber schnell durch, sobald sie unseren Passierschein der deutschen Botschaft sichten.
Wir kommen am Treffpunkt an, schleppen unsere Sachen Richtung Eingang und stellen fest, dass die Menschen in einer langen Schlange davor anstehen. Wir gehen also zum Ende der Schlange. Dafür gehen wir bis zum Ende der Straße, biegen rechts ab und laufen nochmal einen halben Block. So lange ist die Schlange – und das meist ohne den Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern. Ca. 300 Personen werden heute bei dem Rückholflug mitfliegen.
Martín wartet mit uns. Ich glaube, er war ein bisschen begeistert, das alles mitzuerleben. Er sagt halb im Spaß, dass er schon immer mal mit so vielen Deutschen auf einen Haufen zusammen sein wollte. Später, als wir dann schon bis um die Ecke vorgerückt sind, kommentiert er: „Die Deutschen sind ganz schön ruhig. Ich höre kaum irgendjemanden lachen.“. Das stimmt wirklich. Und ich glaube, es liegt nicht nur an der Situation, wir sind einfach generell etwas ernster als die Peruaner.
Nach und nach kommen mehr und mehr Deutsche an. Es sind aber auch einige Peruaner dabei, die einen dauerhaften Wohnsitz in Deutschland haben. Vor uns ist z.B. eine Peruanerin in den 50ern oder 60ern mit einem großen getigerten Koffer. Sie erklärt uns auf Spanisch, dass sie ihre Eltern hier besuchen wollte und erst seit zwei Wochen hier ist. Jetzt nutzt sie die Gelegenheit, um wieder zurück nach Deutschland zu fliegen – denn wer weiß schon, wann es normal wieder möglich ist? Sie muss ja schließlich auch zurück zu ihrer Arbeit und Wohnung..
Als wir schließlich am Eingang sind, verabschieden wir uns nun endgültig von Martín. Wir müssen die Hände waschen und den Pass vorzeigen. Bei den Mitarbeitern der deutschen Botschaft herrscht soweit recht gute Laune. Einer fragt mich, warum ich denn so ein Gesicht ziehe, ob ich nicht ausreisen will. Ich könnte auch gerne hier bleiben. Er zeigt auf die andere Seite des Tores, wo einige Leute auf dem Gehweg am Boden sitzen. „Sie können gerne einem von denen ihren Sitzplatz überlassen, die haben nämlich noch keinen.“ Ich verneine die Frage und sage ihm, dass ich gerne geblieben wäre. Er legt den Kopf schief und schaut mich abschätzend an. „Lassen Sie mich raten, Sie sind weltwärts-Freiwillige?“ Ich nicke. „Tut mir Leid, dann müssen wir Sie wohl mitnehmen.“, meinte er mit einem Grinsen. Ich grinse halb zurück: „Ich weiß.“
Drinnen treffe ich auf unsere Ansprechpartnerin der deutschen Botschaft. Wir unterhalten uns ein bisschen und sie erzählt mir, dass in unserem Flieger wohl mindestens 30 weltwärts-Freiwillige nach Deutschland zurückkehren werden. Ich frage sie, ob sie denn auch nach Deutschland zurückkehrt und sie verneint die Frage. Wir wünschen uns gegenseitig alles Gute und verabschieden uns.
Nach ein bisschen Warten steigen wir in den Bus ein. Es dauert ein bisschen, bis sich dieser bewegt. Wir passieren das Tor und sehen Martín, der immer noch draußen wartet. Er winkt und schießt Fotos.
Busfahrt zum Flughafen
Schließlich fahren wir los. Nach einigen hundert Metern sehe ich, wie neben unserem Bus ein graues Auto fährt, der Fahrer hupt. Ich schaue genauer hin: es ist wieder Martín. Er ist doch tatsächlich dem Bus ein Stück hinterhergefahren..
Überall wo das Militär patrouilliert, werden wir ohne jegliche Kontrolle durchgelassen. Wahrscheinlich wurden die Sicherheitskräfte schon im Vorfeld über die deutsche Rückholaktion und die Busse, die zum Flughafen fahren werden, informiert. Langsam verlassen wir die Wohngebiete und biegen ab auf die mehrspurige Straße, die hinunter zum „Circuito de Playas“, der Straße am Meer führt. Normalerweise liebe ich es, an dieser Straße mit dem Meerblick entlangzufahren. Doch heute ist es einfach nur seltsam und traurig. Mein letztes Mal für unbestimmte Zeit. Außerdem ist die Straße außer uns, den zwei oder drei Bussen, die mit Polizeieskorte – Polizeimotorräder vorne, hinten und seitlich – unterwegs sind, komplett leer. Wir verlassen die Straße, fahren durch das Viertel San Miguel und von dort schließlich nach Callao.
Ich schaue aus dem Fenster. Lange Schlangen von Männern (heute ist Montag, Männertag), die alle mit Abstand voneinander vor Banken, Supermärkten oder Apotheken anstehen. Manche bemerken uns gar nicht, schauen auf den Boden oder auf ihr Handy, andere wiederum schauen zu uns hoch. Manchmal trifft sich unser Blick und bleibt kurz aneinander hängen. Wegen der Mund-Nasen-Masken, die wir tragen, sehen wir das Gesicht des anderen nicht, nur die Augen. Was sie wohl denken, wenn sie die Busse voller „Gringos“ in Polizeibegleitung Richtung Flughafen fahren sehen? Dass die Gringos gerne Perú besuchen, um dort zu reisen und die Landschaft zu genießen, aber dann doch lieber in ihr sicheres europäisches Land abhauen, wenns brenzlig wird?
Eigentlich habe ich mich in Perú mittlerweile so eingewöhnt, ja mich schon so weit angepasst oder auch assimiliert, dass ich mich manchmal mehr mit den Peruanern verbunden fühle, als mit meinen Landsleuten. Als ich so die Peruaner draußen anschaue, fühle ich mich ein bisschen wie ein Verräter…
Wir kommen schließlich am Militärflughafen an. Unser Flug geht von dort aus, da der normale Passagierflughafen in Lima ja momentan nicht mehr in Betrieb ist. Wir fahren über das Rollfeld zu einem Platz, an dem provisorisch Zelte und in diesen Plastikstühle aufgestellt sind. Ein Bundeswehrsoldat kommt in den Bus und gibt uns Anweisungen. Er klingt wirklich wie einer, der es gewöhnt ist, Soldaten Anweisungen zu geben: „Sie steigen jetzt da aus, sammeln ihr Gepäck ein und setzten sich dann jeder auf einen Plastikstuhl. JEDER auf EINEN Plastikstuhl. Nicht zwei auf einen.. Verstanden?! Das war wohl vorhin nicht ganz klar..“ Die Leute im Bus schmunzeln kurz. „Noch Fragen?“
Wir begeben uns in die Zelte, wo uns Soldaten des peruanischen Militärs auffordern, unser Gepäck in die Mitte zu stellen. Es werden nochmal die Pässe kontrolliert, unser Gepäck bekommt den Gepäckaufkleber, Drogenhunde gehen durch. Dann wird unser Gepäck mitgenommen und wir werden aufgefordert, wieder in den Bus zu steigen. Dieser fährt dann 100 Meter und bleibt für ein paar Minuten stehen. Dann fährt er wieder aufs Rollfeld und hält in der Nähe eines Lufthansaflugzeugs, unser Flugzeug.
Wir müssen nochmal ca. eine halbe Stunde warten, bis wir einsteigen können. Drinnen warten wir nochmal ungefähr die selbe Zeit. In der Zeit telefoniere ich nochmal mit Eli und der Abel-Familie, der Familie, meiner Kollegen Carlos, Cely und Lizz. Sie wünschen mir einen guten Flug und sagen, dass sie mich jetzt schon vermissen.
Rückflug von Peru nach Deutschland
Ich sitze in der Mitte, in unserer Viererreihe bin ich die einzige Deutsche, neben mir sitzen lauter Peruaner. Irgendwie tröstet mich das ein bisschen. Schließlich geht es los: der Pilot macht eine Ansage, entschuldigt sich dafür, dass sie heute nicht den gleichen Service wie sonst anbieten können, es gibt kein warmes Essen, da die Lebensmittel aufgrund von Corona sowohl in Perú als auch in Deutschland nicht geliefert werden konnten. Dafür hat jeder einen Karton auf dem Sitz mit Nudelsalat, Croissant und einer Menge deutscher Snacks und Süßigkeiten. Und das Multimediaprogramm funktioniert auch.
Außerdem erwähnt er, dass die gesamte Crew uns trotz der Situation gerne nach Hause fliegt – und dass die Welt zuhause ein bisschen anders aussehen wird, wie als wir sie verlassen haben.
Seit jetzt fast zwei Wochen bin auch ich wieder in Deutschland und arbeite nun von hier aus weiter für Atiycuy, meiner Organisation in Peru. Auch meine Pläne wurden durch Corona ziemlich „über den Haufen geworfen“, doch wer hätte zu Beginn dieses Jahres schon damit gerechnet, wie schnell die Welt, wie wir sie kennen, aus den Fugen geraten kann?
Peru in der Krise
Covid-19, ein Virus, der wohl gerade mehr als alles andere all unsere Pläne durchkreuzt, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, mit noch immer steigenden Fallzahlen. So auch in Peru. Bereits nach den ersten Fällen in Lima hielt der peruanische Präsident eine Ansprache an das Volk, rief innerhalb kürzester Zeit den nationalen Notstand aus, schloss die Grenzen und verhängte eine landesweite Quarantäne. Seit Mitte März steht der Alltag still. Lediglich für die nötigsten Einkäufe darf zwischen 7 und 12 Uhr das Haus verlassen werden. Wer nach 6 Uhr abends das Haus verlässt, läuft Gefahr vom Militär verhaftet zu werden. Seit wenigen Wochen dürfen Peruaner und Peruanerinnen nur noch nach Wochentagen getrennt auf die Straße, es herrscht Mundschutzpflicht und wer von einer Stadt in die Nächste fahren will, kommt ohne einen Passierschein und gelegentliche komplett-Desinfektion des Fahrzeugs nicht weit. Auf den ersten Blick wirken diese Maßnahmen extrem, doch Peru steht mit momentan fast 13.500 bestätigten Fällen (RKI, Stand 18.04.2020) noch am Anfang. Diese strikten Maßnahmen gelten nicht ohne Grund, denn ein Virus, das bereits europäische Gesundheitssysteme an seine Grenzen bringt, ist für die Gesundheitsversorgung Perus, vor allem in ländlichen Regionen schwer zu tragen.
Was ich damit meine ist nicht, dass das europäische Gesundheitssystem perfekt ist, auch hier gibt es Schwierigkeiten, Schwachstellen, die uns diese Pandemie gerade aufzeigt. Auch hier werden Fachkräfte nicht angemessen bezahlt, ja zum Teil nicht einmal ausreichend geschützt, doch zumindest hat so gut wie jeder hier die Möglichkeit eine ärztliche Behandlung zu erhalten. In vielen Teilen der Welt ist diese Möglichkeit nicht gegeben. In Villa Rica kämpfen ein paar wenige Ärzte mit kaum ausreichenden Mitteln gegen die Pandemie. Die mehrere Stunden vom Krankenhaus entfernt liegenden indigenen Gemeinschaften haben praktisch keinen Zugang zu einer zeitnahen ärztlichen Versorgung. Was passiert, wenn sich Krankheitsfälle in dieser Region häufen? Gerade in den Provinzen sind Länder wie Peru nicht auf diese Fälle vorbereitet. Der Staat kümmert sich kaum um die so weit abgelegenen Dorfgemeinschaften, die ohne engagierte Ärzte, wie einer der Ärzte in Villa Rica, so gut wie auf sich allein gestellt wären.
Pandemie verschärft die Armut in den Dörfern
Doch was mindestens genauso kritisch ist, wie das Virus selbst, sind die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der, nun bereits über einen Monat andauernden, nationalen Quarantäne.Ich erinnere mich noch, wie bereits am ersten Tag der Quarantäne ein Bekannter mit Tränen in den Augen fragte, wie er denn jetzt Geld verdienen solle, wo es doch offiziell verboten ist zur Arbeit zu gehen. Sowohl in Villa Rica, in den Dörfern um das Naturschutzgebiet, als auch in den lokalen Gemeinschaften leben viele Familien von den paar Soles, die sie sich als Tagelöhner auf den Kaffeefeldern verdienen. Wie sollen sie ihre Familien über Wasser halten, wenn diese Arbeit verboten wird? Bereits jetzt machen sich die Auswirkungen der Quarantäne bemerkbar. Wie lange kann die Bevölkerung noch durchhalten, ohne sich und ihre Familien in Gefahr zu bringen?
Vor zwei Wochen kam der Chef von Machca Bocaz, einer der indigenen Gemeinschaften, mit der wir erst seit kurzem zusammenarbeiten, der „Mashin Wilmer“ zu Eli. Sein Gesicht zierten tiefe Sorgenfalten, obwohl er noch ein junger Mann ist, der erst vor kurzem zum Chef gewählt wurde. Er erzählte ihr, wie schwierig die Situation in den Hochlandgemeinschaften jetzt ist: Die Flüsse sind immer noch überlaufen, durch die starken Regenfälle der letzten Monate, und es gibt keinen Fisch. Die intensiven Regenfälle verhindern die Jagd, die sie genauso wie den Fisch brauchen, um ihre Familien ernähren zu können. Doch nicht nur das, durch die Ausgangssperre kann außerdem niemand in der Vorerntezeit des Kaffees arbeiten, weshalb selbst die paar Soles, die sie auf den Kaffeefeldern verdienen, ausbleiben.
Vor ein paar Tagen habe ich mit Eli gesprochen. Ich habe sie oft gestresst erlebt, doch die Tränen in ihren Augen, als sie von den Familien sprach, die noch nicht in das Patenprogramm aufgenommen werden konnten, die sie kaum mit den Mitteln Atiycuys versorgen kann, berührten auch mich sehr, denn auch mir sind diese Familien ans Herz gewachsen. Umso wichtiger ist es, dass Atiycuy trotz allem nicht aufgibt und bereits Grundnahrungsmittel besorgt, um diese so bald wie möglich an die Familien zu verteilen. Das ANNA-Programm (das Kinderpatenprogramm) ist dafür unerlässlich, denn durch das Programm zeigen wir, dass unsere Brüder nicht allein sind, dass es eine Perspektive und Hoffnung gibt, dass wir die notwendigen Informationen, Nahrungsmittel und Hygieneprodukte bereitstellen können, damit sie in den Gemeinden und Dörfern nicht leiden. Leider gibt es vor allem in Pichanaz, Gerónimo und in den Dörfern San Juan de Miraflores, Alto Gran Playa und Pampa de Oso eine Gruppe von Familien, die nicht über den Schutzschild des Kinderpatenprogrammes verfügen, die durch die Krise mehr denn je vor tiefgreifende finanzielle, existenzielle Probleme gestellt werden.
Bevölkerung vor Ort ist auf Hilfe angewiesen
„Jetzt tun wir alles, was wir können, aber wir verfügen nicht über die notwendigen Mittel! Es ist unverzichtbar, dass auch (die restlichen Familien) in das Patenprogramm aufgenommen werden, da uns ansonsten die Hände gebunden sind“, so meine Chefin Eli in einer Email, in der sie uns um Hilfe bat. Wir wissen nicht, wie lange die Krise andauern wird, doch es ist klar, dass sie besonders die treffen wird, die schon zuvor unter den folgen Jahrzehnte langer systematischer Diskriminierung und zum Teil daraus resultierender Armut litten. Wir wissen nicht, was kommen wird, nirgendwo auf der Welt. Doch gerade jetzt dürfen wir nicht aufgeben für das Gute zu kämpfen. Für mehr Gerechtigkeit, mehr Würde, gerade jetzt müssen wir, so schwer es manchmal fällt, auch über unseren eigenen Tellerrand blicken, unsere Welt als eine Welt erkennen. Denn am Ende sind wir alle Menschen, alle gleichwertig, alle Brüder und Schwestern.
„Die Menschen müssen wissen und sehen, dass sie nicht allein sind. Sie brauchen eine Perspektive für ihr Leben, über die Pandemie hinaus. Wir wissen zwar, dass wir nicht jedem in unserer Region helfen können, aber wie die deutsche Regierung wollen wir einen Schutzschirm zumindest auf alle gefährdeten Bevölkerungsgruppen ausdehnen, mit denen wir zusammenarbeiten Sie brauchen jetzt Lebensmittel, um ihre Familien zu versorgen, sie brauchen uns! Und sie brauchen uns jetzt mehr denn je.“ – Eli über die momentane Lage in Peru
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