¡Buenos días y Pura Vida aus Costa Rica!

Ich arbeite nun schon fast ein halbes Jahr in meinem Projekt, der Musikschule SiNEM in Quepos, und habe inzwischen auch Weihnachten und Neujahr in Costa Rica gefeiert – höchste Zeit also für eine kurze Zwischenbilanz meines Projektalltags.

In der ersten Novemberwoche lief bei SiNEM alles seinen gewohnten Gang: Wir hatten Orchesterprobe, stellten ein wenig Weihnachtsdeko auf, und ich unterrichtete weiterhin meine Klarinetten- und Saxophonschüler*innen. Außerdem hatten wir eine Probe mit der „Band“ – was hier einfach das Orchester ohne Streicher ist. Experten nennen es auch ein Blasorchester.

In den darauffolgenden anderthalb Wochen war unser Projekt jedoch leider komplett geschlossen – aufgrund landesweiter Überflutungen. Hurrikan Rafael wütete zwar in sicherer Entfernung in der Karibik und im Golf von Mexiko, doch er brachte enorme Regenmengen nach Mittelamerika. Fast zwei Wochen lang regnete es hier nahezu durchgehend, und viele Teile des Landes wurden überschwemmt. In Quepos waren wir glücklicherweise kaum betroffen – abgesehen von sehr matschigen Wegen und Gärten. Dennoch blieb SiNEM für eine ganze Woche geschlossen. Als der Regen allmählich nachließ, konnten wir unser Projekt wieder öffnen und unsere Musikschüler*innen begrüßen.

Ende des Monats standen zwei Konzerte an – diesmal allerdings nicht mit dem großen Orchester, sondern nur mit der Band. Einmal spielten wir in einem Restaurant in Manuel Antonio, dem kleinen Ort vor dem gleichnamigen Nationalpark, und einmal in einem eleganten 4-Sterne-Hotel mit Blick auf den Pazifik und die Bucht des Nationalparks. Bei diesem Konzert feierte das Hotel gerade seine Weihnachtsfeier, sodass neben einigen Gästen auch die gesamte Belegschaft zuhörte. Die Stimmung war großartig, die Aussicht atemberaubend – und am Ende gab es für uns heiße Schokolade, Kuchen und Cookies umsonst. Ganz klar: das bisher beste Konzert!

Start des Freiwilligendienstes und Einführung in SiNEM

Nach einem zweiwöchigen Sprachkurs auf der Visioneers-Finca begann Ende August meine Freiwilligenarbeit im Projekt SiNEM Quepos. SiNEM (Sistema National de Educatión Musical) ist ein staatlich finanziertes Musikprojekt, in dem Kinder und Jugendliche kostengünstig ein Musikinstrument erlernen und im Orchester spielen können. Hier unterrichte ich in den kommenden zwölf Monaten Klarinette und Saxophon, und mein Mitfreiwilliger, Henri, Trompete, Klavier und Gitarre. Zudem spielen wir im großen Orchester mit und unterstützen die anderen Musiklehrer*innen z.B. bei der Reparatur von Streichinstrumenten oder in der musikalischen Früherziehung.

Erfahrungen im Unterricht und musikalische Herausforderungen

In den ersten Wochen habe ich nach und nach alle Klarinetten- und Saxophonschülerinnen kennengelernt und ihren wöchentlichen Musikunterricht übernommen. Am Anfang haben wir die sprichwörtliche Erfahrung mit dem kalten Wasser gemacht, wenn wir spontan Unterricht übernehmen und uns überlegen mussten, was man in dieser Stunde am besten üben könne. Inzwischen ist daraus aber Alltag geworden, und wir können eigenverantwortlich Instrumentalunterricht geben. Gelegentlich habe ich auch spontan Bratschen-, Geigen- und Klavierunterricht gegeben, was jedes Mal eine abenteuerliche Herausforderung darstellt. Der Musikunterricht gefällt mir sehr gut, vor allem die Möglichkeit, den Fortschritt meiner Schülerinnen über die Wochen hinweg zu beobachten.

 

Einblick in das Projekt SINEM

Nach fast drei Monaten in Costa Rica habe ich einiges zu berichten. Mein Projekt, SINEM (Sistema Nacional de Educación Musical), ist ein staatlich subventioniertes Musikprojekt, das Kindern aus finanziell schwächeren Familien Zugang zu musikalischer Bildung bietet. In meinem spezifischen Einsatz werden klassische Streichinstrumente wie Geige, Bratsche, Cello und Kontrabass angeboten. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Blasinstrumente wie Trompete, Saxophon, Klarinette oder French Horn zu erlernen. Auch Gitarren- und Klavierunterricht gehören zum Programm.

Meine Aufgaben im Musikunterricht

In dem Projekt unterrichte ich hauptsächlich Klavier, Trompete und neuerdings auch Querflöte für Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 16 Jahren, wobei die Mehrheit der Schüler definitiv jünger ist. Meine Arbeitszeiten sind täglich von 13:00 Uhr bis 19:30 Uhr, da die Musikschüler vormittags in der Schule sind und erst am Nachmittag Zeit für den Unterricht haben. Die Schüler sind sehr interessiert und ehrgeizig, stets motiviert, ihr Instrument zu perfektionieren und neue Stücke zu lernen. Besonders talentierte Schüler haben die Möglichkeit, im SINEM-Orchester mitzuspielen.

Mein Jahr in Costa Rica

Fast ein Jahr ist nun vergangen seitdem ich meine Familie in Berlin verabschiedet habe, in ein Flugzeug gestiegen bin und meinen Freiwilligendienst in Quepos, Costa Rica begonnen habe. Ich war damals sehr aufgeregt, schließlich war alles neu: die Kultur, die Gastfamilie, die Aufgaben bei der Arbeit, die Sprache und vieles mehr…

Heute habe ich einen gewohnten Alltag und fühle mich in Quepos sowie in meiner Gastfamilie super wohl. Der Weg bis hierhin war jedoch nicht immer einfach und ich habe viele gute, wie auch schlechte Erfahrungen mitgenommen.

Die Sprache

Vor meiner Ausreise war ich davon ausgegangen, dass ich schon ganz gut Spanisch spräche und mich gut verständigen könnte. Dies war auch meistens der Fall. Die typisch costa-ricanischen Ausdrucksweisen musste ich jedoch erstmal erlernen. Meine Gastmutter nutzt außerdem viele Sprichwörter, die mich immer wieder zum Stutzen gebracht haben und immer noch bringen, weshalb ich auch jetzt noch häufig nachfragen muss, was diese bedeuten. Ebenfalls musste ich mir in meinem Projekt erstmal das Fachvokabular aneignen, um mich verständlich ausdrücken zu können.
Die meisten Menschen sind allerdings verständnisvoll damit umgegangen, dass ich immer noch Spanisch lerne und mich nicht immer perfekt ausdrücken kann. In einigen Disskusionen haben mir jedoch mal die passenden Worte gefehlt und meine direkte Ausdrucksweise wurde daraufhin bemängelt. Ich persönlich mache mir da jedoch keine Vorwürfe, da Auseinandersetzungen nie einfach sind und ich schon froh war, meine Meinung überhaupt auf einer Fremdsprache geäußert zu haben.

Kulturelle Unterschiede

Im Allgemeinen habe ich mich am Anfang des Freiwilligendienstes eher zurückgehalten, was die Äußerung meiner Meinung betrifft, da ich Bedenken hatte, dass sie kulturell falsch aufgenommen werden könnte. Außerdem war ich mir anfangs unsicher, ob ein Verhalten, was ich als respektlos empfunden habe, wirklich respektlos war oder eher kulturell bedingt war.
Nach einem Jahr kann ich viele Situationen besser einordnen und ich habe gelernt, dass ich für mich selbst einstehen muss, besonders in Situationen, in denen ich mich respektlos behandelt fühle. Natürlich ist es dabei immer wichtig, die Kultur zu achten, aber ich denke, dass Respekt und Verständnis des Gegenübers auch vorhanden sein sollten.

Planung und Realität

Ein weiterer kultureller Unterschied bezieht sich auf die Planung der Costa Ricaner:innen. Es werden viele Einladungen ausgesprochen und indirekte Verabredungen getroffen, die mehr eine Idee, als ein Plan sind. Dieses Verhalten hatten wir bei unserem Vorbereitungsseminar bereits besprochen, daher hat es mich nicht überrascht. Ein wenig mühselig finde ich es jedoch schon, wenn Treffen nicht stattfinden oder ich häufiger nachfragen muss, um einen festen Termin festzulegen.
Mir ist dabei aufgefallen, dass ich doch sehr gerne plane. Inzwischen habe ich mich aber daran gewöhnt und bin auch spontaner geworden. Gerade die Treffen auf der Straße, die dann zu spontanen Ausflügen an den Strand oder zum Kaffeetrinken im Café geführt haben, waren schöne Erfahrungen und haben mir gezeigt, dass Spontanität auch seine Vorteile hat und nicht alles geplant werden muss.

SAYÛ – oder auch: helfen

„Sayû“ bedeutet in der indigenen costa-ricanischen Sprache Boruca „helfen“ und „unterstützen“ und genau das spiegelt unser Projekt auch wider.

Vorstellung

Buenos días, wir sind Aline und Clara. Seit nun zwei Monaten sind wir Freiwillige der „Fundación SAYÛ“ in Quepos. SAYÛ ist eine junge Organisation, die 2020 mit dem Ziel gegründet wurde, die zentralpazifische Region um Quepos ganzheitlich zu unterstützen.

Unsere Arbeit

Unsere Aufgabe in der Organisation ist es, die sprachliche und musikalische Bildung zu fördern. Der Unterricht findet in dem Kulturhaus von Quepos statt und ist für jede Altersgruppe kostenlos zugänglich.
Zum einen unterrichten wir Englisch für Gruppen, die derzeit aus Schüler:innen im Alter von 10 bis 65 Jahren bestehen. Zum anderen geben wir Musikunterricht für eine Gruppe von Anfänger:innen, denen wir versuchen, die musikalischen Grundlagen wie Notenwerte, -namen und Taktarten, spielerisch zu vermitteln sowie einer Gruppe von Fortgeschrittenen. Zwei Klarinetten, zwei Saxophone, zwei Posaunen und eine Querflöte bilden dabei momentan die Gruppe an Blasinstrumenten. Das Ziel des Musikunterrichts ist es, eine Marching Band aufzubauen, an der jede:r, unabhängig von der finanziellen Situation, teilhaben kann. Marching Bands sind in Costa Rica ein großer Teil der Kultur und treten bei nationalen Feiertagen, wie dem Unabhängigkeitstag am 15. September, in Paraden auf.

Die ersten Eindrücke

An unseren ersten Tagen in Quepos wurde das Kulturhaus wiedereröffnet, wo wir Zury und Christian, unsere Chefs sowie einige weitere Leute aus Quepos kennenlernten. Wir wurden herzlich empfangen und haben die Organisation SAYÛ als engagiert und motiviert wahrgenommen.
Die erste Arbeitswoche bei SAYÛ haben wir damit verbracht, Ideen zu sammeln und unseren Stundenplan zu gestalten. Da wir die ersten Freiwilligen in diesem Projekt sind, die in dem Bereich der musikalischen und sprachlichen Bildung arbeiten, wussten wir anfangs nicht, was uns erwarten wird und welches Niveau die Schüler:innen haben werden. Die Unterrichtsvorbereitung war deshalb gar nicht so einfach. Insgesamt haben sich 70 Schüler:innen angemeldet, die wir je nach Verfügbarkeit in Gruppen auf die Tage Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag aufgeteilt haben. Am Freitagabend trat die Folklore-Tanzgruppe von SAYÛ anlässlich des Unabhängigkeitstages, im Hafen von Quepos, auf. So lernten wir an diesem Abend nicht nur den traditionellen costa-ricanischen Tanz, sondern auch weitere Mitglieder:innen der Organisation kennen. Im Anschluss waren wir noch gemeinsam Abendessen, wodurch wir uns direkt integriert fühlten.

Der Start ins Projekt

In der zweiten Woche sollte dann auch schon der Unterricht starten. Vor unserer ersten Unterrichtsstunde waren wir zwar nervös, aber auch gespannt auf die Zusammenarbeit mit den Schüler:innen. Die ersten Stunden waren geprägt von Spontanität und Kreativität, da das Niveau in der Realität niedriger war als bei der Anmeldung angegeben. Weiterhin wurden wir sprachlich, vor allem im Musikunterricht, herausgefordert und mussten uns das musikalische Vokabular erst einmal aneignen.
Schließlich stellte sich am Ende der Woche heraus, dass statt der 70 angemeldeten Leute nur etwa die Hälfte tatsächlich zum Unterricht kommt. Unseren Chef Christian hat dies nicht sonderlich überrascht. Er sagt, dass sich die meisten Ticos, wie man die Costa Ricaner hier nennt, Freizeitaktivitäten gegenüber nicht verpflichtet fühlen.
Am Wochenende haben wir außerdem unsere Blasinstrumentengruppe kennengelernt. Die Schüler:innen erhalten seit einem Jahr Instrumentalunterricht, welchen wir jetzt weiterführen. Besonders hervorheben sollte man, dass keiner der Schüler:innen Unterricht von Lehrer:innen erhalten hat, die selbst auch das jeweilige Instrument spielen. Wie oben bereits erwähnt, ist der Musikunterricht kostenlos, die Instrumente werden von SAYÛ gestellt und die Mitwirkenden arbeiten ehrenamtlich. Finanziell ist es daher nicht möglich, professionelle Instrumentallehrer:innen einzustellen. Die Schüler:innen lernten mit Musikheften und YouTube-Videos die Grundlagen (Griffe und Notenwerte). Es ist sehr beeindruckend, wie motiviert die Musikschüler:innen nach einem Jahr des zähen und schleppenden Lernens geblieben sind.

Persönlicher Bezug zur Musik

Da wir beide seit mehr als zehn Jahren Klarinette lernen und in Orchestern aktiv sind, macht uns der Unterricht mit den Klarinetten am meisten Spaß. Hier können wir unser Wissen am besten einbringen und weitergeben. Trotzdem mussten wir uns dafür aber erst einmal das System der Böhm-Klarinette, welches weltweit, außer im deutschsprachigen Raum, verwendet wird, aneignen. Im Unterricht und bei den Proben können wir die neuen Griffe noch festigen. Neben unserem Spanisch stärken wir somit auch das neu gelernte Klarinettensystem.
Im Gegensatz dazu gestaltet sich der Unterricht mit den anderen Blasinstrumenten schwieriger, weil wir die Instrumente nicht selber spielen. Dass wir als Klarinettistinnen überhaupt andere Instrumente unterrichten würden, war uns vorher nicht bewusst. Um ehrlich zu sein, waren wir im ersten Moment auch ein wenig darüber schockiert, als wir dies erfahren haben. Da wir in Deutschland eine andere musikalische Bildung erhalten haben, war es für uns nur schwer vorstellbar, dass dieses Konzept umsetzbar ist. Das Lernen hier funktioniert anders als wir es kennen, aber wir konnten bis jetzt schon einige Fortschritte bei den Schüler:innen wahrnehmen.
Bei den Proben mit allen Instrumenten zusammen werden wir von Yoxan, dem vorherigen Musiklehrer, weiterhin unterstützt. Er hat sich das Klavier-, Gitarre- und Trompetenspielen selbst beigebracht, obwohl er, wie viele Musiker:innen in Costa Rica, auch keine theoretische Musikbildung erhalten hat. Yoxan freut sich daher, wenn wir ihm in der Musiktheorie Tipps geben können, wohingegen wir sehr erleichtert über seine Erfahrung im Unterrichten sind. Der gegenseitige Austausch ist nicht nur lehrreich, sondern macht auch viel Spaß. So vergingen unsere ersten Wochen ziemlich schnell und keine Woche war wie die vorherige.