Ein Geben und Nehmen

Nach zwei erlebnisreichen Wochen, während derer ich einen Sprachkurs in den Bergengemacht hatte, bin ich Mitte September mit meinem Mitfreiwilligen nach Parrita an die Pazifikküste gefahren.
Dort bin ich nun schon seit fast zweieinhalb Monaten und habe bereits einiges erlebt, viele neue Orte gesehen und bin mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt gekommen. Bereits jetzt fühlt es sich an, als wäre ich seit einem halben Jahr hier und ich fühle mich schon gut in der Gemeinschaft integriert.

Meine Gastfamilie

Das liegt vor allem daran, dass ich seit dem ersten Tag sehr herzlich von meiner Gastfamilie aufgenommen wurde und wir schon viel zusammen unternommen und sie mich überallhin mitgenommen haben. So habe ich bereits den Geburtstag meiner Gastoma mitgefeiert sowie viele andere Familienmitglieder und Freund:innen meiner Familie besucht und kennengelernt. Außerdem haben wir schon viele Aktivitäten, wie eine Kajaktour durch Mangroven, zusammen unternommen, waren zusammen im Urlaub und haben schon viele gemeinsame Pläne für die nächste Zeit. Ich fühle mich bereits wie ein richtiges Familienmitglied, wofür ich wirklich sehr dankbar bin.
Ich arbeite von Mittwoch bis Sonntag und bin meistens den ganzen Tag beschäftigt. Meine freien Tage, Montag und Dienstag, nutze ich, um etwas mit meiner Gastfamilie zu unternehmen, die Gegend mit Freund:innen zu erkunden oder zu verreisen.

Meine eigenen Projekte

Zusammen mit meinem Mitfreiwilligen arbeite ich zum Teil im „Colegio“. Dort bieten wir den Schüler:innen des Colegios einen Deutschclub an, um den Schüler:innen die Kultur Deutschlands sowie die Sprache näherzubringen, indem wir gemeinsam spielen, kochen oder Musik hören.
Zusätzlich biete ich mit meinem Mitfreiwilligen viermal die Woche Englischkurse für alle Altersklassen an. Unter anderem haben wir einmal wöchentlich nachmittags einen Englischkurs für Erwachsene. Englisch spielt, vor allem bezüglich der Jobmöglichkeiten an der Pazifikküste, eine sehr wichtige Rolle, da in dieser Region ein Großteil der Jobs im Tourismusbereich liegen.

Mein Alltag und alles, was dazugehört

Falls Sie sich fragen, was ich eigentlich mache, wenn ich nicht gerade gegen Krokodile und Meeresströmungen kämpfe oder frische Kokosnüsse genieße, bleiben Sie dran. Denn wie der Titel schon vermuten lässt, werde ich im Folgenden von meinem Alltag in meiner Gastfamilie und meinem Projekt erzählen.

Mein Projekt und meine Aufgaben

Das Projekt, in dem ich arbeite, ist ein sogenanntes ‚Outreach Programm‘, welches verschiedene Events für Kinder mit Fokus darauf anbietet, vor allem jene aus schwierigen Verhältnissen zu erreichen. Es gibt sowohl Treffen in Kleingruppen als auch größere Aktionen, die wöchentlich oder monatlich stattfinden. Dabei geht es in erster Linie darum, den Teilnehmer:innenn einen Safe-Space zu geben, in dem sie so akzeptiert werden, wie sie sind. Während bei den kleineren Zusammenkünften eher auf Konversationen und Gemeinschaft gesetzt wird, steht bei den größeren Events Spaß im Vordergrund. Meine Aufgaben dabei sind es, Beziehungen zu den Jugendlichen aufzubauen, ein Vorbild zu sein und durch Fotos und Videos die Dokumentation in den Sozialen Medien zu sichern.
Vormittags helfen wir oft an den örtlichen Schulen bei Projekttagen zur Drogenprävention. Außerdem haben wir vor, Englischunterricht und einen Deutsch-Club anzubieten. Koordiniert wird das alles mithilfe eines Arbeitsplanes, wobei sich hier jedoch Theorie und Praxis stark voneinander unterscheiden. Denn in der Theorie umfasst eine Arbeitswoche hier bis zu 47 Stunden. Praktisch beläuft es sich allerdings momentan eher auf knapp 30 Stunden, weil einige Projekten zwar schon seit längerer Zeit geplant, aber noch nicht umgesetzt worden sind.
Generell ist meine Erfahrung in Costa Rica, dass ein Plan eher eine abstrakte Idee als eine konkrete Zukunftsvision darstellt. Das Gute daran ist, dass es nicht langweilig wird. Bis jetzt hat hier jede Woche andere Aufgaben für mich bereit gehabt.

Mein neues Zuhause

Vor zehn Tagen bin ich schließlich auch bei meiner Gastfamilie angekommen. Ich wohne hier zusammen mit einer Frau und ihren zwei erwachsenen Kindern. Alle drei sind super herzlich. So habe ich mich von Anfang an sehr willkommen gefühlt. Das Haus lässt sich am besten als eine „High-End-Hütte“ beschreiben. Das große Wellblechdach schützt uns vor der Sonne und dem Regen, macht es uns bei Unwettern aber fast unmöglich, uns zu unterhalten, weil es so laut ist, wenn der Regen darauf niedergeht. Es gibt drei Zimmer und ein weiteres ist an die Hütte angebaut, worin die Mutter schläft. Die Wände dienen jedoch ausschließlich als visuelle Trennung, da sie nicht bis zur Decke hoch gehen, selbst im Bad nicht. Wenn bei meiner Gastschwester also abends noch das Licht an ist, dann ist die ganze Wohnung quasi gut beleuchtet. Ich habe ein eigenes Zimmer, das von Bett über Spiegel bis Schrank alles hat, was ich brauche. Zu essen gibt es jeden Tag Reis mit Bohnen. Das Gericht wird zwar mit verschiedenen Fleisch- oder Gemüsesorten kombiniert, aber dafür auch dreimal täglich serviert. Nicht nur mein Reis- und Bohnenkonsum sondern auch mein Kaffeekonsum hat sich, obwohl ich es kaum für möglich gehalten hatte, nochmal gesteigert. Um ehrlich zu sein, mag das aber auch daran liegen, dass das Wasser hier sehr stark nach Chlor schmeckt.
Eine Sache, die mich anfangs sehr verwirrt hat, ist, dass der Fernseher hier ununterbrochen läuft. Wenn ich sage, dass meine Gastfamilie alles auf Netflix geschaut hat, das es gibt, dann meine ich das wörtlich. Egal ob Tierdokus, K-Dramen oder Serienkiller-Thriller zusammen mit der 9-jährigen Cousine, flimmert der Bildschirm bis spät in den Abend hinein. Tatsächlich schreibe ich diesen Blog gerade, während mein Gastbruder nebenan auf ohrenbetäubender Lautstärke ,,Iron Man II“ schaut, was es mir quasi unmöglich macht, mich richtig zu konzentrieren. Falls Sie also grammatikalische Fehler sowie auch inhaltliche Lücken entdecken, ist diesmal nicht das Berliner-Bildungssystem schuld. Apropos politisches Versagen.