Hola ich bin Hannah und melde mich mit meinem letzten Blogartikel, viel Spaß beim Lesen 🙂

Inzwischen fehlt nicht mehr viel, bis wir alle am Flughafen Juan Santamaría eintrudeln, Richtung Deutschland fliegen und ein sehr prägendes Jahr hinter uns lassen werden. So prägend, dass mir beim Reflektieren der letzten Monate noch einmal vieles aufgefallen ist. Zum einen hinsichtlich meiner eigenen Weiterentwicklung, zum anderen bezüglich Gegebenheiten in Costa Rica, die mir früher so selbstverständlich vorkamen. Erkenntnisse eben.

Persönliches Wachstum

Bei den Vorbereitungsseminaren wurde es uns schon prophezeit: In Costa Rica wird man (gezwungenermaßen) gelassener. Denn hier ist es deutlich schwieriger zu planen – die Busse kommen oft nicht wie gedacht (oder manchmal auch gar nicht), auf der Arbeit werden größere Aktivitäten teils erst am selben Tag mitgeteilt und wenn es heißt, „wir fahren um 6 Uhr los“, dann bedeutet das, der Motor wird mindestens 40 Minuten später gestartet. Mit der Zeit bleibt einem also nichts anderes übrig, als sich an die „hora tica“ ein wenig anzupassen und es gelassen zu nehmen.

Und obwohl ich selbst kein Paradebeispiel für Gelassenheit bin, merke auch ich, dass das Jahr in Costa Rica und der „pura vida“-Lifestyle meine damals ständige Gestresstheit gelockert haben. Es fällt mir inzwischen viel leichter, mit unvorhersehbaren Situationen lösungsorientiert umzugehen. Wenn die Kreditkarte vom Automaten eine halbe Stunde vor Ankunft des Busses nach Nicaragua eingezogen wird – dann Karte deaktivieren, die Bank kontaktieren und wieder ruhig werden, denn es ist zwar eine verdammt unpraktische Situation, aber das Ding ist auch nur ein Stück Plastik. Vor einem Jahr hätte so etwas wahrscheinlich meine ganze Reise innerlich ruiniert.

Auch das costa-ricanische Bussystem verwirrt mich selbst nach 10 Monaten noch: Da fährt man normalerweise mit seinem Standardbus immer durch den Flughafen und denkt sich einmal „Ha, ich hab’s verstanden, steig ich da mal für den Anschlussbus aus und spare mir zwei Stunden Fahrtweg“ – Pustekuchen, da bist du dann stattdessen drei Stunden länger unterwegs, weil genau an dem Tag anscheinend kein Bus Richtung Zuhause fährt. Aber auch hier merke ich, dass ich inzwischen, anstatt in Panik zu verfallen, bei den Menschen um mich herum einfach nach Rat frage. Glücklicherweise kann man sich bei solchen Dingen auf die Ticos und ihre Hilfsbereitschaft zu 100 % verlassen, und auch wenn man dann fünf verschiedene Tipps angeboten bekommt, bin ich letztendlich doch auf die eine oder andere Weise immer Zuhause angekommen.

Trotzdem erfordert das Herumreisen Planung, und das ist nun etwas, worin wir, denke ich, alle relativ routiniert geworden sind. Das, und natürlich der Fakt, in eine fremde Kultur einzutauchen, sich zurechtzufinden, sich eine neue Routine aufzubauen, sich auch auf der Arbeit zu organisieren – ein Haufen mehr Selbstständigkeit kommt durch dieses Jahr auf jeden Fall dazu, und dafür bin ich sehr dankbar.

Die Ticos & das Zwischenmenschliche

Zusammen mit meinen noch ziemlich jungen Gasteltern, meinen Gastgroßeltern und drei Hunden leben wir im kleinen Dorf Rosario, das zu Naranjo (Provinz Alajuela) gehört. Diese Menschen (& Tiere) haben mich von Beginn an in ihre Familie miteinbezogen und sich für mich interessiert. Wie die meisten Costa-Ricaner sind sie unfassbar gastfreundlich. Auch die Hilfsbereitschaft ist etwas, was ich an den „Ticos“ (lokales Wort für „Costa-Ricaner“) sehr schätze und dessen Fehlen mir in Deutschland nach dem Jahr wahrscheinlich noch bewusster werden wird. Einmal habe ich zum Beispiel erlebt, dass am Strand ein Truck im Sand stecken geblieben war und daraufhin mindestens sechs verschiedene Personen gemeinsam gefachsimpelt, gedrückt und gezogen haben, um das Fahrzeug wieder zum Rollen zu bringen – und dies letztendlich auch geschafft haben.

Die Menschen zeichnen sich hier nicht nur durch Hilfsbereitschaft aus, sondern auch durch ihr Interesse an anderen. Das bedeutet zwar zum einen, dass – v.a. im Dorf – gerne getratscht wird, jedoch auch, dass man sehr schnell mit völlig fremden Menschen ins Gespräch kommt und/oder plötzlich mehrere, ausstehende Einladungen zum Kaffee hat. Das ist oft sehr schön, jedoch führt es auch dazu, dass ich mich ständig gesehen fühle und manchmal die Anonymität Münchens (meiner Heimatstadt) vermisse.

Doch mit der Anonymität einer Großstadt wäre es undenkbar, dass der Bus automatisch bei meinem Anblick hält oder ich die Nummer des lokalen Busfahrers bekomme, um ihm Bescheid zu geben „falls ich es mal nicht rechtzeitig schaffe“. Das würde ich in Deutschland niemals finden, was dem viel durchgetakteteren und kontrollierterem Transportsystem geschuldet ist. Hier hat man im Gegensatz dazu einen etwas verwirrenden Busfahrplan nur durch Facebook oder Kontakte. Und auch wenn ich mir schon des Öfteren die deutsche Variante gewünscht habe – alles hat seine Vor- und Nachteile und mittlerweile komme ich sehr gut mit dem lokalen Bus zurecht.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass ich zudem noch aus der Großstadt in ein Dorf gezogen bin und sich diese Erfahrung auch nur auf meinen jetzigen Wohnort bezieht, was natürlich einen Riesenunterschied macht.

Die Mehrheit der Costa-Ricaner ist nicht nur sehr warmherzig, gelassen und hilfsbereit, sie sind auch sehr gläubig. Ich selbst bin zwar getauft und habe meine Konfirmation gemacht, jedoch habe ich sonst mit Kirche und Glauben nicht besonders viel zu tun. Deshalb ist es mir umso mehr aufgefallen, wie stark das Christentum die Kultur und das tägliche Leben hier prägt. In der Grundschule und im Kindergarten wird morgens und vor dem Essen gebetet, und auch bei unserer Seniorengruppe ist mindestens ein Gebet zu Beginn der Aktivität ein Muss.

Was ich gelernt habe, ist, wie viel der Glaube Menschen geben kann, vor allem bezüglich Hoffnung und Trost. Ganz oft habe ich festgestellt, dass durch den Glauben daran, dass Gott letztendlich nur Gutes für einen möchte und es dadurch immer Hoffnung gibt, die Menschen optimistischer auf das Leben schauen. Und auch bei Schicksalsschlägen wie Krankheit und Tod ist mir aufgefallen, wie viel Trost es einem spenden kann, die innere Gewissheit zu haben, dass eine geliebte Person oder man selbst von einer höheren Kraft begleitet und beschützt wird.

Hi, ich bin Sophia und habe meinen Freiwilligendienst in Costa Rica absolviert

 

Vor ungefähr 10 Monaten saß ich, mein vergangenes Ich, alleine im Flugzeug, voller Angst und angespannter Erwartung, wie dieses unbekannte Land sein würde. Nun ist etwas Zeit vergangen und das geplante FSJ hat Form und Farbe angenommen. Ich kenne nun die Straßen, die ich mir damals mit Google Maps angeschaut habe, die Gesichter meiner Gastfamilie und die Menschen, die das Projekt tragen. Nun heißt es aber, von allem Abschied zu nehmen.

Es ist komisch, daran zu denken, dass man nicht schon immer den jetzigen Alltag durchlebt hat. Man hat so viel gelernt, dass man es niemals in Worte zusammenfassen könnte. Die Erlebnisse und Erfahrungen, die ich hier gesammelt habe, haben mich auf eine Weise geprägt, die ich nie für möglich gehalten hätte. Die unzähligen positiven wie auch negativen Momente sind zu kostbaren Erinnerungen geworden, die ich für immer in meinem Herzen tragen werde.

Jetzt, wo der Abschied naht, fühle ich eine Mischung aus Traurigkeit und Dankbarkeit. Traurigkeit, weil ein bedeutender Lebensabschnitt zu Ende geht, und Dankbarkeit für all das, was ich erleben und lernen durfte. Auch wenn es schwerfällt, „Auf Wiedersehen“ zu sagen, weiß ich, dass diese Erfahrungen mich für immer begleiten werden.

Hola, ich bin Lonka und möchte dir einen Einblick in meine Gefühlswelt geben…

Erinnerungen und Nostalgie

Es ist still in meinem Kopf. Meine Gedanken wurden so oft von Kindergeschrei verdrängt. Wenn ich jetzt versuche, daran zu denken, verfalle ich in Nostalgie. Wenn ich mich konzentriere, kann ich die einzelnen Schreie noch immer voneinander unterscheiden. In meinen Träumen erscheinen ihre Gesichter und sie lachen. Ich wache auf und will überprüfen, ob sie schon gewachsen sind. Mit jedem Millimeter, den Samuel in die Höhe schießt, verliert er einen Millimeter Erinnerungen an mich. Wie viele Millimeter kann er noch verlieren, bis ich nie existiert habe?

Abschied und Vergessen

Ich habe den Kindern erzählt, dass ich gehen würde. Dass ich sie trotzdem immer lieb hätte und ihnen eine tolle Zukunft wünsche. An wie vielen Morgen wird Elisabeth noch nach mir fragen, bis sie begreift, dass ich nicht wiederkommen werde? Wird sie sich daran erinnern, dass ich da war oder bin ich nur ein weiterer Mensch, der von einem Tag auf den anderen aus ihrem Leben verschwand? Ich habe mir ihren vollen Namen gemerkt. Werde ich ihn in zehn Jahren googeln können und Ergebnisse über eine Person finden, die mal das schlauste vierjährige Mädchen in einem Kinderheim in Costa Rica war?

Arbeit und Prägen

Ich weiß nicht, ob mich die Arbeit mehr geprägt hat oder ich sie. Andere Menschen hätten sie genauso gut verrichten können. Windeln wechseln, Schulrucksäcke packen oder Kinder umziehen erfordert kein individuelles Talent. Aber ich weiß, dass sie mich mein Leben lang begleiten wird. Ich werde mich zurückerinnern, wenn ich später mal die Schulrucksäcke meiner eigenen Kinder packen werde. Ich werde stolz auf mich sein, wenn ich ähnliche Lernspiele mit ihnen spielen werde, die ich mir schon mit 19 Jahren ausgedacht habe. Und ich werde jedes Augenrollen oder Ohrenzuhalten von damals bereuen, wenn meine eigenen Kinder schreien. Aber Kindergeschrei mit Kinderheim-Kindern ist etwas anderes.

Hello, ich bin Nati und lebe zur Zeit in Costa Rica

Während meiner Zeit in Costa Rica habe ich viele Eindrücke gesammelt und verschiedene Facetten des Landes kennengelernt. Ich möchte meine Erfahrungen und Gedanken darüber teilen, wie unterschiedlich die Lebenswelten hier sind und was ich daraus gelernt habe.

Zwei Welten aufeinandertreffen

An einem Tag sitze ich während des Sonnenuntergangs im Jachthafen von Quepos und esse eine Kugel Eis für umgerechnet 3,50 €. Gegenüber des Hafens ist eine Baustelle, auf der sich die Bauarbeiter zur gleichen Zeit auf die Nacht vorbereiten. Am nächsten Tag werden wir von einem Arbeitskollegen mit nach Hause genommen – in einem Tesla. Von dem klimatisierten Auto mit Soundsystem und integrierten Videospielen gehen mein Gastbruder und ich in unser Haus. Am liebsten würde ich erstmal lüften, aber mein Zimmer hat keine Fenster. Das Soundsystem hier ist eher ein „man hört alles“, denn die Wände hören einen Meter unter der Decke auf und statt Türen gibt es Vorhänge.

Für mich sind das zwei Welten, die existieren und hier ständig aufeinandertreffen. Wenn ich in Deutschland mit dem Auto herumfahre, ändern sich vielleicht die Häuser ein bisschen oder eine Straße ist besser asphaltiert als die andere. Hier in Costa Rica bin ich in einem Moment umgeben von neuen, weißen Häusern und im nächsten Moment kann ich nicht von außen entscheiden, ob ich vor einem Haus oder einem Gartenschuppen stehe.

Hola, ich bin Paul und möchte euch einen Einblick in meine Erfahrungen geben

Eine der größten Umstellungen war für mich sicherlich der Wechsel der Sprache. Zwar hatte ich in Deutschland für einige Zeit Spanischunterricht an der Schule, dennoch kam ich mit einem sehr geringen Wissensstand nach Costa Rica. Zum einen waren meine Spanischstunden bereits ein paar Jahre her, zum anderen habe ich meine Stunden mit nur wenig Motivation und noch weniger Erfolg besucht. Doch ich denke, selbst wenn ich Musterschüler mit Topnoten gewesen wäre, hätte mich dies wohl nur zu einem gewissen Punkt vorangebracht. Zum einen, da Sprache in einem Klassenzimmer meistens sehr anders ist als das, was man im echten Leben tatsächlich braucht, und vor allem, da sich das „europäische“ Spanisch, das man in der Schule lernt, enorm vom „lateinamerikanischen“ Spanisch hier vor Ort unterscheidet. So bin ich dann also im August 2023 mit extrem brüchigem Spanisch nach Costa Rica aufgebrochen in der Hoffnung, mir die Sprache hier schnell anzueignen. In meinem folgenden Blog werde ich versuchen, die Entwicklung meiner Sprachkenntnisse festzuhalten und so einen kleinen Einblick in meine Zeit hier zu geben.

Die ersten Wochen – Sprachkurs

Die ersten beiden Wochen hier im neuen Land verbrachte ich mit einigen anderen Freiwilligen in einem gemeinsamen Sprachkurs. Neben vielen schönen Landschaften und einem tollen neuen Klima erfuhr ich hier in Bezug auf meine Sprachkenntnisse vor allem eins: einen harten Realitätscheck. Meine Vokabeln schienen weiter weg denn je, und ich begann es ein bisschen zu bereuen, den Unterricht nicht doch ein bisschen aufmerksamer verfolgt zu haben. Es gab neben mir noch andere Freiwillige, die sich selbst als „Anfänger*innen“ bezeichneten, aber wie so vieles andere auch ist das wohl Definitionssache. Im Vergleich zu den meisten anderen kam ich mir mit meinem Spanisch recht abgehängt vor. Bei einer Übung, die mir hier besonders im Kopf geblieben ist, standen wir im Kreis und mussten spanische Verben aufzählen, bis uns keine mehr einfallen. Nach einer Handvoll Begriffe wurde es mit meinem begrenzten Vokabular doch schwer. Insgesamt hatte ich beim Sprachkurs eine sehr schöne Zeit, doch mir wurde auch klar gezeigt, wie sehr ich mir mit der Sprache schwertue, und dass meine Lücken nicht innerhalb von zwei Wochen aufgeholt werden können.

September bis November

Das Schwierigste in der Anfangsphase war die Kombination aus fehlendem Spanisch und dem absoluten Bedürfnis, sich mitzuteilen. Es war die Ankunft in eine neue Kultur, das Willkommen in einer neuen Familie und der Beginn einer neuen Arbeit. Es war mir wichtig, mich vorzustellen und etwas über mein Umfeld zu erfahren, was durch meine fehlenden Sprachkenntnisse eine Herausforderung war. Besonders frustrierend war dies in der Schule, wenn kleine Kinder auf mich zu gerannt kamen, um mir etwas zu erzählen oder um mich etwas zu fragen, und ich nicht antworten konnte. Auch wurde mir in dieser Phase klar, wie sehr sich das costa-ricanische Spanisch von dem Spanisch unterscheidet, das ich in der Schule gelernt habe. Neben komplett anderer Aussprache und vielen Unterschieden im Vokabular sind sogar die Pronomen völlig anders als in Spanien. „Tú“ und „Vosotros“ also „Du“ und „Ihr“ werden hier nicht benutzt. Menschen reden hier ausschließlich in der förmlichen Form „Usted“, also „Sie“, egal ob sie mit Kollegen, Freunden, Familienmitgliedern oder Haustieren reden. Zudem war ich überrascht davon, dass fast niemand, nicht einmal jüngere Personen, hier Englisch spricht. Dadurch war ich immer auf mein Spanisch angewiesen. Doch es gab auch einiges Positives für meine Kommunikation zu vermerken. Zum einen sind die Menschen hier extrem geduldig und interessiert. Dadurch waren Fehler oder wiederholtes Nachfragen überhaupt kein Problem, und mit Händen und Füßen gelingt es dann meistens irgendwie, sich zu verständigen. Zum anderen fing ich an, vor allem dank der Ähnlichkeit mancher Wörter zum Englischen, einige Dinge zu verstehen. Fortschritt war langsam, aber definitiv vorhanden.

Hola, ich bin Maren und arbeite im Projekt „Valores“ in Costa Rica 

Lange habe ich darüber nachgedacht, worüber ich schreiben möchte. Irgendwie gibt es so viel und ich weiß nicht, wo ich anfangen und aufhören soll. Ein Thema, das mich in meinem Freiwilligenjahr aber 24/7 begleitet, ist das Thema „Kinder“.

Mehr Kinder in Costa Rica als in Deutschland

Seit Tag 1 habe ich den Eindruck, dass ich in Costa Rica viel mehr Kinder sehe als in Deutschland. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass man in Deutschland Kinder ja schon fast suchen muss! Die Arbeit mit ihnen, die Bedeutung hier in Costa Rica, der Umgang mit ihnen, die Erziehungsmethoden, die Entwicklung, die Zukunftsaussichten etc. Kinder und der Aspekt Familie ist hier einfach viel präsenter und hat meiner Meinung nach einen anderen Stellenwert als in Deutschland.

Arbeit mit den Kindern in Parrita

Ich arbeite hier in Parrita mit Kindern aller Altersklassen, die meisten sind jedoch zwischen 6 und 12 Jahre alt. Sie kommen zu 98 % aus dysfunktionalen Familien. Die Mama wohnt alleine oder mit einem anderen Mann, der dann die Vaterfigur darstellen soll, es gibt Berührungspunkte mit dem Thema Drogen, Alkohol und Gewalt, finanzielle Armut und emotionale Armut innerhalb der Familie. Alles führt zu psychischen Belastungen und Problemen, die die Kinder in dem Alter logischerweise noch nicht verarbeiten können.

Liebende Eltern trotz Herausforderungen

Ich muss aber erwähnen, dass trotz all dieser Probleme die meisten Kinder dennoch liebende Eltern haben, die wirklich engagiert sind und alles für das Glück ihrer Kinder geben, was sie können. Die Kinder sind sich bei uns immer der Werte bewusst, die wir versuchen ihnen zu vermitteln. Sie benehmen sich wirklich gut und sind offen für Neues, neugierig und die meisten sehr lernfreudig. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie es mir so einfach gemacht haben, einen so engen Draht zu ihnen aufzubauen. Wenn ich an meinen Abschied denke, zieht sich alles in mir zusammen. Ich bin so viel mit ihnen zusammen und weiß so viel über ihre Familien und Herkunft. Ich würde sie so gerne auf ihrem weiteren Weg begleiten… Oh je, lieber nicht darüber nachdenken, wird ja eh hoffentlich nur ein „bis bald“, statt ein festes „Tschüss“.

Die Bereicherung der Arbeit mit Kindern

Nach all der Zeit, in der ich jetzt schon mit den Kids zusammenarbeite, kann ich bestätigen, dass die Arbeit anstrengend, aber auch unfassbar bereichernd ist. Für mich überwiegt definitiv der zweite Punkt. In Deutschland habe ich einmal mit Kindern gearbeitet, jedoch noch nie so intensiv wie jetzt. Ich hatte, bevor ich nach Costa Rica geflogen bin, wirklich Sorgen, dass ich nicht mit den Kindern klarkommen werde, sei es weil sie mich langweilig finden, mich nicht respektieren oder ich zu unkreativ sein würde. Meine Mutter sagte da immer zu mir: „Kinder sind einfach, tue ihnen nichts Böses und sie mögen dich, gib ihnen ein bisschen Spaß und Liebe und sie lieben dich.“ Jep, das kann ich jetzt bestätigen.

Kleine Gesten, große Wirkung

Allein mit einem Lächeln und einem „Das sieht aber toll aus, was du da gezeichnet hast“, kann man ein Glücksgefühl in einem Kinderherzen bewirken. Es ist wunderschön zu sehen, wenn man den Jungen zum Lächeln und Lachen und wortwörtlich zum Strahlen bringt, von dem man weiß, dass er zu Hause immer nur gedeckelt und für seinen „schwierigen Charakter“ beschimpft wird. Wenn ich eins gelernt habe, dann dass das wohl größte Bedürfnis eines jeden Kindes Liebe und emotionale Sicherheit ist.

Um diese Frage aus meiner Perspektive zu beantworten, möchte ich zunächst einmal auf den geographischen Standort, das Klima und die Möglichkeiten eingehen von Turrialba, der Stadt in Costa Rica in der ich lebe.

Es folgen meine Erfahrungen, die ich in den Bereichen des Bildungs- und Gesundheitssystems sowie über die Sicherheit in Costa Rica gemacht habe. Wie wahr sind die Stereotype, die immer über Costa Rica erzählt werden? -> „Costa Rica ist das sicherste Land Lateinamerikas.“; „Costa Rica ist teuer.“; „Costa Rica hat ein hervorragendes Bildungs- und Gesundheitssystem.“ Außerdem werde ich darauf eingehen, wie ich mich bisher in Costa Rica gefühlt habe und welche Erfahrungen ich mit Costa Ricanern in meinem Alter und generell gemacht habe.

Turrialba, eine Kleinstadt in Costa Rica mit etwa 27.000 Einwohnern, ist von Bergen und üppiger Natur umgeben. Die Nähe zur Karibik sorgt für ein tropisch feuchtes Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit, oft schwüler Hitze und starken Sonnentagen. Meine ersten Wochen hier waren eine Herausforderung aufgrund der intensiven Hitze. Die Regenzeit von Mai bis November bringt Erleichterung, aber auch heftige Niederschläge, wie im Oktober 2021, als Überschwemmungen erhebliche Schäden verursachten.

Trotz ihrer Größe bietet Turrialba alles, was ich brauche. Das Zentrum beherbergt zahlreiche Restaurants, Cafés, Supermärkte, Sportmöglichkeiten und vieles mehr. Besonders die Sportangebote sind vielfältig, von Schwimmbädern über Fitnessstudios bis hin zu Yogakursen.

Man würde das in einem so grünen Land wie Costa Rica nie erwarten, aber gerade hier wurde mir die Bedeutung und der Wert von Strom und Wasser erst so richtig bewusst.

In Deutschland musste ich nur den Wasserhahn aufdrehen, um zu jeder Tages- und Nachtzeit so viel Wasser wie ich möchte, in allen Temperaturstufen, zur Verfügung zu haben. Außerdem musste ich mir dank durchgängig verfügbarer Elektrizität nie Sorgen machen, wann ich mein Handy aufladen kann oder ob es Licht und WLAN gibt.

Erst dadurch, dass das plötzlich keine Selbstverständlichkeit mehr ist, merke ich, was für einen Luxus ich vorher eigentlich gewohnt war. Generell ist es in Costa Rica eher unüblich, in der Dusche warmes Wasser zu haben, da es in den meisten Gegenden das ganze Jahr über sehr warm ist und eine heiße Dusche nicht notwendig und unnötig teuer ist. Viele Familien können sich das schlichtweg nicht leisten.

In letzter Zeit gab es zum Beispiel in Turrialba zusätzlich ein massives Problem mit Trinkwasserverunreinigung, weil die Wasserinfrastruktur jahrelang nicht oder nur unzureichend gewartet wurde. Aus diesem Grund und wegen der Trockenheit wird in dem Viertel, in dem ich lebe, jeden Tag über Stunden hinweg das Wasser abgestellt oder der Wasserdruck auf ein leises Tröpfeln aus dem am tiefsten gelegenen Wasserhahn des Hauses minimiert.

Das Abraham-Projekt ist ein evangelisches Projekt, das aus mehreren Einrichtungen besteht.

Ein Teil ist das Bethany-Projekt, welches sich um die dort wohnenden alleinerziehenden Mütter kümmert. Zudem gibt es einen medizinischen Bereich, der mit Zahnarztstühlen und sonstigen medizinischen Geräten ausgestattet ist. Außerdem werden Gottesdienste und andere Veranstaltungen in einem gemeinnützigen Saal abgehalten, der auch als Sporthalle genutzt wird. Der größte Teil des Projekts besteht aus der Kindertagesstätte; dies ist der Bereich, in dem wir arbeiten.

Unsere Arbeit ist sehr vielfältig. Malin arbeitet größtenteils in den Kindergruppen und verbringt dort ihre Zeit mit Basteln und sonstigen Tätigkeiten wie Kinder füttern, Schnürsenkel binden oder die Zähne der Kinder putzen. Es gibt ungefähr 30 Kindergruppen mit insgesamt über 300 Kindern im Alter von 0 bis 12 Jahren. Malin wechselt täglich die Gruppen und kümmert sich überwiegend um die Zwei- bis Sechsjährigen. Lennart kümmert sich um den Sportunterricht des Projekts und arbeitet hier mit fast allen Altersgruppen. Die Kinder lieben es, Parcours zu machen und gegeneinander anzutreten. Gelegentlich kommen auch Freiwillige von der Universität Costa Rica vorbei, um beim Sportunterricht zu helfen und ihn mitzugestalten.

Selbstverständlich gibt es im Projekt noch weitere Aufgaben für uns. Lennart arbeitet oft im Garten und hilft dem Gärtner beispielsweise beim Rasenmähen, Bewässern der Pflanzen oder beim Fegen der Wege. Alle von uns helfen wöchentlich beim Putzen des Projekts und bei anderen spontanen Arbeiten wie dem Tragen von Tischen oder Stühlen.

Leider bleibt auch das Projekt von finanziellen Kürzungen nicht verschont. Die Gelder für soziale Projekte wie das Abraham-Projekt wurden vor kurzem gekürzt, woraufhin einige Mitarbeiterinnen entlassen wurden und die Essensausgabe reduziert wurde. Umso wichtiger ist unsere ehrenamtliche Arbeit, da wir immer spontan einspringen können und nicht auf eine Entlohnung angewiesen sind.

Nach über 8 Monaten in Costa Rica, würde ich sagen, bin ich endlich wirklich angekommen. 

Ich habe eine feste, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vereinbare Sportroutine gefunden, der Busfahrer kennt meinen Namen, auf der Arbeit sind wir fester Bestandteil des Teams, und ich kann inzwischen ohne Probleme Tortillas backen und Pinto kochen.

Meine Wochenroutine läuft gut, und ich mag meine Arbeit, vor allem mit den Kindern und den Senior*innen. Und bin ich mal ein paar Tage weg, merke ich, dass ich mich trotzdem freue, wieder meine Gastfamilie (& im Besonderen die besten Hunde der Welt) zu sehen – und sie mich.

Doch trotzdem spüre ich Sehnsucht. Sehnsucht nach Dingen, die ich in Deutschland hatte und mit deren Fehlen man sich zeitweise abfindet, die aber vor allem dauerhaft einen großen Unterschied machen. Ich sehne mich nach bestimmten Lebensmitteln, aber vor allem nach der Einfachheit, schnell zu einem Supermarkt zu gelangen. Ich sehne mich nach einem Fahrtweg, bei dem ich zu meinem Sport anstatt 1,5 Stunden nur 10 Minuten brauche und bei dem ich mich ungebunden an irgendwelche Fahrzeiten auf mein Fahrrad schwingen kann.

__________________________________________________________________________________________

Ich sehne mich danach, mich nachmittags spontan mit Freunden im Park oder im Café treffen zu können – beides gibt es bei mir im Dorf nicht, sondern erfordert immer Planungsaufwand aufgrund der schlechten Busfahrzeiten. Doch es ist nicht nur Sehnsucht nach Dingen, die bereits vorhanden waren, beziehungsweise sind, sondern auch danach, weitere Schritte zu gehen. Das heißt für mich, endlich zu studieren, in die erste eigene Wohnung zu ziehen und neue Leute kennenzulernen, die dieselben Interessen teilen.