Hola! Ich bin Lilly und arbeite in Parrita, Costa Rica im Projekt „Valores“
Es ist eine andere Welt, in die man hier eintaucht. Obwohl die Tage aufeinander folgen, Sonne und Regen sich abwechseln, der Wind die Blätter der Bäume rascheln lässt und obwohl alles genau wie überall sonst dem ewigen Lauf der Dinge folgt, scheint die Substanz eine andere zu sein. Sie ist nicht besser als alles, was ich kannte, noch ist sie schlechter – sie ist anders, mit eigenen Vorzügen und Schwachstellen.
Nach zwei Monaten hier kann ich ehrlich sagen: Ich mag es in Parrita. Es ist bescheiden, keine große Stadt, sondern einfach ein Ort, in dem die Leute ihr Leben leben und ihren Tätigkeiten nachgehen. Als ich beschlossen habe, dieses freiwillige Jahr in Costa Rica zu machen, hatte ich nicht erwartet, in einen Küstenort geschickt zu werden. Nachdem ich zuvor schon ein Jahr in San José gelebt habe, dachte ich mir jedoch, dass es eine unglaubliche Chance ist, eine andere Seite des Landes kennenzulernen und so ein kompletteres Bild Costa Ricas mit mehr Facetten zu bekommen. Ich kann wirklich nur empfehlen, wenn sich die Möglichkeit ergibt, in die ländlicheren Regionen zu gehen. Das Leben hier ist anders als das in der Stadt. Irgendwie fühlt sich alles ein bisschen langsamer an, die Tage sind heiß und die Nächte sind warm, einen Bus zu bekommen ist manchmal einfach Glückssache, die Menschen sind verbindlich und freuen sich, ihre Heimat mit uns teilen zu können. Die Strände sind unendlich lang und wunderschön und gar nicht so weit weg, die Straßen teils etwas kaputt, aber immer voller lebhafter Geschäftigkeit, und man gewöhnt sich schnell daran, überall große Palmenplantagen zu sehen. Das Lebensgefühl hier ist ein ganz besonderes, das ich schon jetzt sehr zu schätzen gelernt habe.
„Valores“ – Arbeit mit Kindern
Obwohl ich das Leben hier, wie schon gesagt, sehr mag, ist es wichtig zu erwähnen, dass es keine einfache Gegend ist. Bei der Arbeit im Kids Club und der Auseinandersetzung mit den Schicksalen der Kinder fällt schnell auf, dass die große Mehrheit von ihnen aus dysfunktionalen Familien kommt. Viele leben in eigenartigen Familienkonstellationen, machen teils zuhause schlechte Erfahrungen und leben in unsicheren Gegenden, in denen sie oft mit Drogenproblemen, Gewalt, Sucht oder Ähnlichem in Berührung kommen. Da die meisten von ihnen zwischen sechs und zwölf Jahre alt sind, können sie vieles noch nicht verarbeiten.
Dennoch wird schnell deutlich, dass sich viele Eltern und natürlich auch die Projektleiter sehr viel Mühe geben und großes Engagement zeigen, um den Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen und den Kids Club zu bieten, in dem die Kinder lernen, malen, basteln, spielen, zusammen essen oder manchmal sogar Ausflüge machen und einfach mal abschalten können. Ich finde, es gibt nicht viel Schöneres, als Kinder zu sehen, wie sie einfach nur Kinder sein können, wie sie lachen und Spaß haben und sich über Lob oder guten Zuspruch freuen. Sie sind alle sehr offen, aufgeschlossen, wissbegierig und gut erzogen. Im Club und auch zuhause werden ihnen Werte vermittelt, die ihnen hoffentlich fürs ganze Leben helfen werden. Ich bin sehr dankbar, ein Teil davon zu sein und meinen Beitrag im Club leisten zu dürfen.
Die Arbeit ist unglaublich bereichernd und auch für mich eine Erfahrung, von der ich fürs ganze Leben lernen kann. Manchmal ist es schwierig, sich Aktivitäten für die Kinder zu überlegen, was eine meiner Hauptaufgaben hier ist. Natürlich möchte ich den Club abwechslungsreich gestalten, aber bei so unterschiedlichen Altersklassen und Persönlichkeiten ist es teils schwer, alles unter einen Hut zu bringen. Mein Einfallsreichtum wird definitiv herausgefordert, aber das ist auch etwas sehr Schönes, und ich gebe mein Bestes, mir aufregende Sachen zu überlegen.
Hola, ich bin Indra und werde hier ein bisschen über meine Erfahrungen in Costa Rica erzählen.
Ankunft und erstes WG-Leben
Seit etwa drei Monaten bin ich nun in Costa Rica. Nach einem zweiwöchigen Sprachkurs auf einer Finca bin ich gemeinsam mit zwei weiteren Freiwilligen in unsere WG in Atenas gezogen. Hier haben wir uns schnell und gut eingelebt. Sowohl das erste WG-Leben als auch die Stadt Atenas gefallen mir sehr gut. Auch in meinem Projekt fühle ich mich wohl.
Bereits in meiner zweiten Arbeitswoche wurde in Costa Rica der „Día del Niño“ (Kindertag) gefeiert. Dieser besondere Tag wurde mit insgesamt fünf Festen ausgiebig zelebriert. Es gab Kuchen, Piñatas und viele Aktivitäten wie Tanzen, Spielen und Basteln. Manchmal erhielt jedes Kind sogar ein Geschenk, mit dem der restliche Nachmittag begeistert verbracht wurde.
Die Lebensfreude der Kinder und die Begeisterung für Feste sind ansteckend und machen es zu einem großartigen Erlebnis, hier dabei zu sein.
Alltag im Hogar de Vida
Das tägliche Leben im „Hogar de Vida“, meinem Einsatzort, ist ebenso geprägt von Freude und Herzlichkeit. Jeden Morgen werde ich von den Kindern und den „Tías“ (Betreuerinnen) voller Energie begrüßt, was den Tag positiv beginnen lässt.
Das Heim besteht aus drei Häusern, in denen jeweils 11–13 Kinder leben. Jeder von uns Freiwilligen ist einem der Häuser zugeordnet. Zu unseren Aufgaben gehören:
- Alltag begleiten: Gemeinsames Geschirrspülen, Zähneputzen und Mittagessen.
- Schulkinder betreuen: Unterstützung bei der „Merienda“ (Zwischensnack) nach der Schule.
- Einzelzeit mit Kindern: Zweimal täglich verbringen wir 1-zu-1-Zeit mit den Kindern. Diese Momente sind besonders wertvoll, da die Kinder exklusive Aufmerksamkeit erhalten, die im Alltag oft zu kurz kommt.
Besondere Projekte mit den Kindern:
In Kürze starten wir ein Fußballteam mit den älteren Kindern und planen Schwimmunterricht. Die Vorfreude ist riesig, und die Kinder fragen schon ungeduldig, wann es endlich losgeht.
Hallo zusammen, mein Name ist Felix und ich bin mittlerweile in meiner fünften Arbeitswoche angekommen und möchte euch heute einen ersten Eindruck von meinem Leben und meiner Arbeit hier in Costa Rica geben.
Meine Arbeit unter der Woche
Meine Arbeit für das kommende Jahr lässt sich grob in zwei Bereiche unterteilen: die Arbeit in einem Netzwerk von Organisationen unter der Woche und mein Engagement in der lokalen Gemeinschaft. Unter der Woche bin ich für einen Komplex von Organisationen tätig, darunter vor allem Young Life und Lighthouse.
Young Life ist eine christliche Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Verbindung zwischen Jugendlichen und der Kirche wiederherzustellen. In Costa Rica besuchen nur sehr wenige Jugendliche die Kirche. Ein Grund dafür sind die strengen Regeln und Vorschriften, wie z. B. das Verbot von Tattoos oder Ohrringen und die Kleiderordnung, die lange Hemden und Hosen vorschreibt – bei Temperaturen von über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit keine einfache Aufgabe.
Die Arbeit von Young Life findet vor allem in Schulen und Jugendgruppen statt. Wir organisieren viele Aktivitäten, die mit einer Andacht abschließen. In dieser Woche gab es anstelle der regulären Jugendclubs eine Gebetsnacht, die einmal im Monat für die Leiter stattfindet. Nach dem gemeinsamen Essen spielten wir Spiele, beteten zusammen und füreinander, sowohl in Gruppen als auch einzeln. Danach brachte uns unser Leiter nach Hause – an seinen Fahrstil muss ich mich allerdings noch gewöhnen.
Die Arbeit mit den Jugendlichen gefällt mir bisher extrem gut. Sie ist vielseitig und bietet uns die Möglichkeit, das Leben der Jugendlichen positiv zu beeinflussen. Allerdings gibt es viel zu tun, da unser Wirkungsbereich die gesamte mittelpazifische Küste von Costa Rica umfasst.
Hi, ich bin Sophia und absolviere meinen Freiwilligendienst im Hogar de Vida, einem Kinderheim in Costa Rica.
Der 4. November steht auf meinem Handy – ein Datum, das verwirrt, denn das Wetter fühlt sich nicht wie ein kalter Herbsttag an, sondern wie mitten im Sommer. Es ist kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht: Schon drei Monate meines Freiwilligendienstes sind vorbei. Doch bevor die Reise losging, war die Woche vor meinem Abflug besonders turbulent: Koffer packen, letzte Einkäufe erledigen und das Visum in Berlin abholen. Das größte Problem? Für ein ganzes Jahr zu packen und zu entscheiden, was wirklich wichtig ist. Als alles erledigt war, hieß es Abschied nehmen und ab in den Flieger.
Sprachkurs und Ankommen im Alltag
Nach einer langen Reise begann mein Abenteuer mit einem zweiwöchigen Sprachkurs auf einer Kaffeefinca mitten im Regenwald. Die Zeit dort fühlte sich surreal an – umgeben von Menschen, die dasselbe vor sich hatten, aber doch individuelle Erfahrungen machen würden. Wir schlossen Freundschaften, lernten typische costa-ricanische Gerichte kennen und genossen die beeindruckende Natur. Danach begann der Freiwilligendienst richtig: Wir wurden in San José abgesetzt und mussten erst einmal den richtigen Bus finden, der uns an unsere Zielorte brachte. Mittlerweile klappt das richtig gut. In meiner kleinen Stadt lebe ich in einer WG mit zwei Mitfreiwilligen. Wir arbeiten, kochen und reisen zusammen. Besonders spannend ist es, neue Gerichte und das unglaublich leckere Obst hier auszuprobieren. Trotz Papaya, Ananas und Drachenfrucht warten wir sehnsüchtig auf die Mangosaison – unsere Arbeitsstelle ist nämlich voller Mangobäume.
Hola, ich bin Jule und seit zwei Monaten bin ich nun in Costa Rica und arbeite in meinem Projekt, dem Hogar Metodista. Das Kinderheim liegt etwas außerhalb von San José und bietet einen grandiosen Ausblick auf die Stadt. In diesem Blog möchte ich euch einen kleinen Einblick in meinen Alltag und meine Arbeit mit den Kindern geben.
Ein typischer Tag im Kinderheim
Ich habe das große Glück, dass meine Gastfamilie nur fünf Gehminuten vom Projekt entfernt wohnt. Trotzdem klingelt mein Wecker von Montag bis Freitag um 6:35 Uhr. Um 7:15 Uhr mache ich mich dann auf den Weg, oft begleitet von einer herrlichen Morgensonne und gelegentlich Babykühen, die meinen Weg kreuzen. Im Kinderheim angekommen, bespreche ich mit meiner Mitfreiwilligen, ob es besondere Aufgaben gibt – aktuell basteln wir zum Beispiel viel Weihnachtsdekoration. Unsere Aufgaben teilen wir uns auf: Eine assistiert in der Vorschulklasse, die andere unterstützt die Tías (Betreuerinnen) in den Häusern, indem sie mit den Kleinsten spielt. Dabei kann es manchmal herausfordernd sein, wenn vier Kinder um einen herumwuseln, sich um Spielzeuge streiten oder plötzlich alle in unterschiedliche Richtungen wegrennen wollen. Trotzdem sind die Kleinen unglaublich süß und wachsen einem schnell ans Herz.
Förderung und besondere Momente im Heim
Nach einer kurzen Kaffeepause kommt eines der Kinder zu uns, mit dem wir eine Stunde lang Übungen oder Bastelaktivitäten machen, um seine Konzentration und motorischen Fähigkeiten zu fördern. Nach der Mittagspause folgt ein weiteres Kind, für das wir ein ähnliches Programm vorbereiten. Momentan leben im Kinderheim 22 Kinder im Alter von ein paar Monaten bis 16 Jahren, die von den engagierten Tías betreut werden. Die Älteren besuchen vormittags die Schule, die direkt neben dem Heim liegt. In meiner Zeit hier habe ich bereits miterlebt, wie ein Kind adoptiert wurde und ein neues Kind dazugekommen ist – beides sind sehr emotionale Momente.
Start des Freiwilligendienstes und Einführung in SiNEM
Nach einem zweiwöchigen Sprachkurs auf der Visioneers-Finca begann Ende August meine Freiwilligenarbeit im Projekt SiNEM Quepos. SiNEM (Sistema National de Educatión Musical) ist ein staatlich finanziertes Musikprojekt, in dem Kinder und Jugendliche kostengünstig ein Musikinstrument erlernen und im Orchester spielen können. Hier unterrichte ich in den kommenden zwölf Monaten Klarinette und Saxophon, und mein Mitfreiwilliger, Henri, Trompete, Klavier und Gitarre. Zudem spielen wir im großen Orchester mit und unterstützen die anderen Musiklehrer*innen z.B. bei der Reparatur von Streichinstrumenten oder in der musikalischen Früherziehung.
Erfahrungen im Unterricht und musikalische Herausforderungen
In den ersten Wochen habe ich nach und nach alle Klarinetten- und Saxophonschülerinnen kennengelernt und ihren wöchentlichen Musikunterricht übernommen. Am Anfang haben wir die sprichwörtliche Erfahrung mit dem kalten Wasser gemacht, wenn wir spontan Unterricht übernehmen und uns überlegen mussten, was man in dieser Stunde am besten üben könne. Inzwischen ist daraus aber Alltag geworden, und wir können eigenverantwortlich Instrumentalunterricht geben. Gelegentlich habe ich auch spontan Bratschen-, Geigen- und Klavierunterricht gegeben, was jedes Mal eine abenteuerliche Herausforderung darstellt. Der Musikunterricht gefällt mir sehr gut, vor allem die Möglichkeit, den Fortschritt meiner Schülerinnen über die Wochen hinweg zu beobachten.
Einblick in das Projekt SINEM
Nach fast drei Monaten in Costa Rica habe ich einiges zu berichten. Mein Projekt, SINEM (Sistema Nacional de Educación Musical), ist ein staatlich subventioniertes Musikprojekt, das Kindern aus finanziell schwächeren Familien Zugang zu musikalischer Bildung bietet. In meinem spezifischen Einsatz werden klassische Streichinstrumente wie Geige, Bratsche, Cello und Kontrabass angeboten. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Blasinstrumente wie Trompete, Saxophon, Klarinette oder French Horn zu erlernen. Auch Gitarren- und Klavierunterricht gehören zum Programm.
Meine Aufgaben im Musikunterricht
In dem Projekt unterrichte ich hauptsächlich Klavier, Trompete und neuerdings auch Querflöte für Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 16 Jahren, wobei die Mehrheit der Schüler definitiv jünger ist. Meine Arbeitszeiten sind täglich von 13:00 Uhr bis 19:30 Uhr, da die Musikschüler vormittags in der Schule sind und erst am Nachmittag Zeit für den Unterricht haben. Die Schüler sind sehr interessiert und ehrgeizig, stets motiviert, ihr Instrument zu perfektionieren und neue Stücke zu lernen. Besonders talentierte Schüler haben die Möglichkeit, im SINEM-Orchester mitzuspielen.
Unser neues, für die Öffentlichkeit verfügbare VISIONEERS Begegnungs- und Kulturcafé in der Belziger Straße 71 in Berlin nimmt immer mehr Form an, und wir können es kaum erwarten, bald unsere Türen zu öffnen! Unser Ziel: Einen inklusiven und kreativen Ort der Begegnung für alle zu schaffen, um Vorurteile abzubauen, sich interkulturell auszutauschen und gemeinsam religiöse Feste zu feiern – und nebenbei leckeren Kaffee und Kuchen zu genießen!
In den letzten Wochen wurde ordentlich angepackt: Es wurde gestrichen, gehämmert und gewerkelt, geputzt, geplant und gemalert. Inzwischen stehen die Stühle und Tische, die Wände erstrahlen in frischen Farben und unser Logo hat seinen Platz an der Eingangstüre gefunden. Stromkabel wurden verlegt, Becher beklebt und Tüten bestempelt. Auch eine Küchenzeile ist bereits ausgesucht, die Tapeten sind bestellt und ein waschechter Barista wurde eingestellt, der euch bald mit seinen Kaffeekünsten beeindrucken kann! Kaffeebohnen aus Costa Rica wurden verpackt und beschriftet, eine Kaffeemaschine ausgesucht und -mühlen bestellt. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und wir freuen uns, jeden Tag einen Schritt näher an die Eröffnung zu kommen.
Hola ich bin Hannah und melde mich mit meinem letzten Blogartikel, viel Spaß beim Lesen 🙂
Inzwischen fehlt nicht mehr viel, bis wir alle am Flughafen Juan Santamaría eintrudeln, Richtung Deutschland fliegen und ein sehr prägendes Jahr hinter uns lassen werden. So prägend, dass mir beim Reflektieren der letzten Monate noch einmal vieles aufgefallen ist. Zum einen hinsichtlich meiner eigenen Weiterentwicklung, zum anderen bezüglich Gegebenheiten in Costa Rica, die mir früher so selbstverständlich vorkamen. Erkenntnisse eben.
Persönliches Wachstum
Bei den Vorbereitungsseminaren wurde es uns schon prophezeit: In Costa Rica wird man (gezwungenermaßen) gelassener. Denn hier ist es deutlich schwieriger zu planen – die Busse kommen oft nicht wie gedacht (oder manchmal auch gar nicht), auf der Arbeit werden größere Aktivitäten teils erst am selben Tag mitgeteilt und wenn es heißt, „wir fahren um 6 Uhr los“, dann bedeutet das, der Motor wird mindestens 40 Minuten später gestartet. Mit der Zeit bleibt einem also nichts anderes übrig, als sich an die „hora tica“ ein wenig anzupassen und es gelassen zu nehmen.
Und obwohl ich selbst kein Paradebeispiel für Gelassenheit bin, merke auch ich, dass das Jahr in Costa Rica und der „pura vida“-Lifestyle meine damals ständige Gestresstheit gelockert haben. Es fällt mir inzwischen viel leichter, mit unvorhersehbaren Situationen lösungsorientiert umzugehen. Wenn die Kreditkarte vom Automaten eine halbe Stunde vor Ankunft des Busses nach Nicaragua eingezogen wird – dann Karte deaktivieren, die Bank kontaktieren und wieder ruhig werden, denn es ist zwar eine verdammt unpraktische Situation, aber das Ding ist auch nur ein Stück Plastik. Vor einem Jahr hätte so etwas wahrscheinlich meine ganze Reise innerlich ruiniert.
Auch das costa-ricanische Bussystem verwirrt mich selbst nach 10 Monaten noch: Da fährt man normalerweise mit seinem Standardbus immer durch den Flughafen und denkt sich einmal „Ha, ich hab’s verstanden, steig ich da mal für den Anschlussbus aus und spare mir zwei Stunden Fahrtweg“ – Pustekuchen, da bist du dann stattdessen drei Stunden länger unterwegs, weil genau an dem Tag anscheinend kein Bus Richtung Zuhause fährt. Aber auch hier merke ich, dass ich inzwischen, anstatt in Panik zu verfallen, bei den Menschen um mich herum einfach nach Rat frage. Glücklicherweise kann man sich bei solchen Dingen auf die Ticos und ihre Hilfsbereitschaft zu 100 % verlassen, und auch wenn man dann fünf verschiedene Tipps angeboten bekommt, bin ich letztendlich doch auf die eine oder andere Weise immer Zuhause angekommen.
Trotzdem erfordert das Herumreisen Planung, und das ist nun etwas, worin wir, denke ich, alle relativ routiniert geworden sind. Das, und natürlich der Fakt, in eine fremde Kultur einzutauchen, sich zurechtzufinden, sich eine neue Routine aufzubauen, sich auch auf der Arbeit zu organisieren – ein Haufen mehr Selbstständigkeit kommt durch dieses Jahr auf jeden Fall dazu, und dafür bin ich sehr dankbar.
Die Ticos & das Zwischenmenschliche
Zusammen mit meinen noch ziemlich jungen Gasteltern, meinen Gastgroßeltern und drei Hunden leben wir im kleinen Dorf Rosario, das zu Naranjo (Provinz Alajuela) gehört. Diese Menschen (& Tiere) haben mich von Beginn an in ihre Familie miteinbezogen und sich für mich interessiert. Wie die meisten Costa-Ricaner sind sie unfassbar gastfreundlich. Auch die Hilfsbereitschaft ist etwas, was ich an den „Ticos“ (lokales Wort für „Costa-Ricaner“) sehr schätze und dessen Fehlen mir in Deutschland nach dem Jahr wahrscheinlich noch bewusster werden wird. Einmal habe ich zum Beispiel erlebt, dass am Strand ein Truck im Sand stecken geblieben war und daraufhin mindestens sechs verschiedene Personen gemeinsam gefachsimpelt, gedrückt und gezogen haben, um das Fahrzeug wieder zum Rollen zu bringen – und dies letztendlich auch geschafft haben.
Die Menschen zeichnen sich hier nicht nur durch Hilfsbereitschaft aus, sondern auch durch ihr Interesse an anderen. Das bedeutet zwar zum einen, dass – v.a. im Dorf – gerne getratscht wird, jedoch auch, dass man sehr schnell mit völlig fremden Menschen ins Gespräch kommt und/oder plötzlich mehrere, ausstehende Einladungen zum Kaffee hat. Das ist oft sehr schön, jedoch führt es auch dazu, dass ich mich ständig gesehen fühle und manchmal die Anonymität Münchens (meiner Heimatstadt) vermisse.
Doch mit der Anonymität einer Großstadt wäre es undenkbar, dass der Bus automatisch bei meinem Anblick hält oder ich die Nummer des lokalen Busfahrers bekomme, um ihm Bescheid zu geben „falls ich es mal nicht rechtzeitig schaffe“. Das würde ich in Deutschland niemals finden, was dem viel durchgetakteteren und kontrollierterem Transportsystem geschuldet ist. Hier hat man im Gegensatz dazu einen etwas verwirrenden Busfahrplan nur durch Facebook oder Kontakte. Und auch wenn ich mir schon des Öfteren die deutsche Variante gewünscht habe – alles hat seine Vor- und Nachteile und mittlerweile komme ich sehr gut mit dem lokalen Bus zurecht.
Fairerweise muss man aber auch sagen, dass ich zudem noch aus der Großstadt in ein Dorf gezogen bin und sich diese Erfahrung auch nur auf meinen jetzigen Wohnort bezieht, was natürlich einen Riesenunterschied macht.
Die Mehrheit der Costa-Ricaner ist nicht nur sehr warmherzig, gelassen und hilfsbereit, sie sind auch sehr gläubig. Ich selbst bin zwar getauft und habe meine Konfirmation gemacht, jedoch habe ich sonst mit Kirche und Glauben nicht besonders viel zu tun. Deshalb ist es mir umso mehr aufgefallen, wie stark das Christentum die Kultur und das tägliche Leben hier prägt. In der Grundschule und im Kindergarten wird morgens und vor dem Essen gebetet, und auch bei unserer Seniorengruppe ist mindestens ein Gebet zu Beginn der Aktivität ein Muss.
Was ich gelernt habe, ist, wie viel der Glaube Menschen geben kann, vor allem bezüglich Hoffnung und Trost. Ganz oft habe ich festgestellt, dass durch den Glauben daran, dass Gott letztendlich nur Gutes für einen möchte und es dadurch immer Hoffnung gibt, die Menschen optimistischer auf das Leben schauen. Und auch bei Schicksalsschlägen wie Krankheit und Tod ist mir aufgefallen, wie viel Trost es einem spenden kann, die innere Gewissheit zu haben, dass eine geliebte Person oder man selbst von einer höheren Kraft begleitet und beschützt wird.
Hi, ich bin Sophia und habe meinen Freiwilligendienst in Costa Rica absolviert
Vor ungefähr 10 Monaten saß ich, mein vergangenes Ich, alleine im Flugzeug, voller Angst und angespannter Erwartung, wie dieses unbekannte Land sein würde. Nun ist etwas Zeit vergangen und das geplante FSJ hat Form und Farbe angenommen. Ich kenne nun die Straßen, die ich mir damals mit Google Maps angeschaut habe, die Gesichter meiner Gastfamilie und die Menschen, die das Projekt tragen. Nun heißt es aber, von allem Abschied zu nehmen.
Es ist komisch, daran zu denken, dass man nicht schon immer den jetzigen Alltag durchlebt hat. Man hat so viel gelernt, dass man es niemals in Worte zusammenfassen könnte. Die Erlebnisse und Erfahrungen, die ich hier gesammelt habe, haben mich auf eine Weise geprägt, die ich nie für möglich gehalten hätte. Die unzähligen positiven wie auch negativen Momente sind zu kostbaren Erinnerungen geworden, die ich für immer in meinem Herzen tragen werde.
Jetzt, wo der Abschied naht, fühle ich eine Mischung aus Traurigkeit und Dankbarkeit. Traurigkeit, weil ein bedeutender Lebensabschnitt zu Ende geht, und Dankbarkeit für all das, was ich erleben und lernen durfte. Auch wenn es schwerfällt, „Auf Wiedersehen“ zu sagen, weiß ich, dass diese Erfahrungen mich für immer begleiten werden.