Hola, ich bin Rubén und mache für neun Monate einen Freiwilligendienst in einem Kinderprojekt in Heredia, Costa Rica. Hier möchte ich euch einen kleinen Einblick in meinen Alltag geben:)
Die Stadt Heredia liegt zentral in dem mittelamerikanischen Land, in der Nähe von San José, der Hauptstadt von Costa Rica. Es sind nun mittlerweile vier Monate vergangen, seit ich mein Jahr hier angefangen habe und in dieser Zeit ist einiges passiert. Ich möchte euch heute einen kleinen Einblick in meine Arbeit geben.
Ich wohne bei einer Gastfamilie eine halbe Stunde von der Arbeit entfernt. Die Lage ist durch die vergleichsweise gute Anbindung mit den Bussen, einer modernen Mall, vielen kleineren Pulperias (Kiosks), Supermärkten, Restaurants und Parks sehr gut. Von hier aus komme ich überall hin, sei es zur Arbeit, ins Zentrum oder sogar nach San José. Auch wenn man immer mit Vorsicht auf die Straße gehen sollte, kann ich auch zu Dämmerungsstunden noch spazieren gehen.
Ich melde mich zurück! Hi mein Name ist Rubén und ich mache einen Freiwilligendienst in Costa Rica
Wechsel der Gastfamilie und Besuch meiner Eltern
Nach gut drei Monaten seit meinem letzten Blogartikel melde ich mich nun wieder zurück und berichte über die vergangenen drei Monate hier in Costa Rica, meinem Einsatzland. Die vergangenen Monate waren wie bereits am Anfang sehr ereignisreich. Ich habe meine Gastfamilie aus verschiedenen Gründen gewechselt, meine Eltern haben mich zwischenzeitlich besucht und ich habe das Land wieder etwas näher kennenlernen dürfen. Unter anderem war ich diesmal an der Karibikküste in der Region Limón, bin nachts um 2:30 Uhr den Vulkan Turrialba hinaufgewandert und habe viele Tiere in Nationalparks beobachten können.
Armut in Costa Rica
Trotz der sehr eindrucksvollen Natur, die Costa Rica zu bieten hat, habe ich auch eine andere Seite kennenlernen können. Eine Seite, die viele Touristen (leider) nicht wahrnehmen, da sie durch ihre Reisen oft nicht damit in Kontakt treten. Die Rede ist von der Armut, die trotz dem Status Costa Ricas, als sicherstes und eines der teuersten Länder Lateinamerikas, dennoch sehr präsent ist. Zumindest, wenn man in die richtigen Viertel schaut. So zählt auch Guararí zu einem Stadtteil, in dem Armut, Gewalt, Drogenkonsum und Prostitution zum Alltag gehören. Während man tagsüber nicht sonderlich viel davon sieht, bekomme ich doch des Öfteren zu hören, wie gefährlich die Gegend nachts ist.
Dankbarkeit, Lebensfreude und Zuneigung
Das ist es, was ich aus meinen ersten Wochen auf der anderen Seite der Welt mitnehme.
Mein Name ist Oli, ich bin nun seit fast acht Wochen in meinem weltwärts-Projekt „El Refugio“ im Brennpunktbezirk „La Milpa“ in Heredia.
Die Einleitung lässt schon erahnen, dass ich hier mit starker Armut konfrontiert werde. In meinem ganzen bisherigen Leben hatte ich damit noch keinen Kontakt. Ich hatte nichts davon geahnt und gehofft, sie niemals erleben zu müssen.
Zehn Minuten Fußweg liegen zwischen mir und meiner Arbeit. Nach etwa der Hälfte des Weges bin ich im Stadtteil „La Milpa“, in dem sich die Armut deutlich zeigt. Kleine, unstabile „Häuser“, zugemüllte Straßen, abgemagerte Tiere, schiefe Blicke und die nahezu tägliche Frage nach Geld, sind hier mein Alltag. Wenn ich schließlich im Projekt angekommen bin, welches seinen Platz in einem kleinen Haus in einer Seitengasse hat, ist es zu Beginn noch ruhig, da die Kinder noch nicht eingetroffen sind. Diese trudeln an den Dienstagen und Donnerstagen, (meine Lieblingstage, da an diesen Tagen von den großartigen freiwilligen Küchenfrauen für alle Essen gekocht wird und deshalb viele Kinder kommen) ab 10:30 Uhr mit costa-ricanischer Pünktlichkeit natürlich, verspätet ein.
Zwei Frauen, Zwei Leben, ein Land: Costa Rica
In meinen bisherigen Newslettern habe ich hauptsächlich über mich und mein Leben als Freiwillige in Costa Rica geschrieben. Ich habe euch von meinen Reisen, meiner Arbeit und anderweitigen Erfahrungen berichtet. In diesem Newsletter möchte ich aber das Gegenteil tun. Wie ist es eigentlich, in Costa Rica aufzuwachsen und zu leben? Da diese Frage natürlich nicht pauschal beantwortet werden kann, habe ich mich dazu entschieden, beispielhaft zwei Geschichten von zwei unterschiedlichen Frauen zu erzählen. Die eine ist die von Estefania (20), meiner Arbeitskollegin, die andere die von María (16), meiner Nachbarin.
Estefanias Geschichte
Um die Geschichte Estefanias besser verstehen und nachvollziehen zu können, ist es erst einmal wichtig zu wissen, dass Costa Rica durch seine zentrale Lage innerhalb Mittelamerikas und seiner vergleichsweise hohen Sicherheit von Migration geprägt ist. So kamen bereits früh Migranten aus dem Norden, vor allem aus Nicaragua. Dies hat sich in den letzten Jahren verstärkt. Im Jahr 2018 kam es in Nicaragua zu landesweiten Unruhen, weshalb viele Menschen nach Costa Rica flüchten mussten. Zwei Jahre später flohen fast zehntausend Menschen aus Nicaragua nach Costa Rica, was bei fünf Millionen Einwohnern nicht unerheblich ist.
In La Milpa, dem Stattteil von Heredia, in dem sich mein Projekt befindet, lebt Estefania mit ihrer Familie. Sie kam vor vielen Jahren, als sie selbst noch ganz jung war aus Nicaragua nach Costa Rica. Ihre Mutter konnte in ihrer Heimat keine Arbeit finden und so ihr Leben dort nicht mehr finanzieren. Als die Familie in Costa Rica ankam, baute sie sich illegal eine Blechhütte, in der sie noch heute mit sieben Familienmitgliedern lebt, zu denen neben Estefanias Eltern auch noch ihre drei Geschwister und ihre beiden Großeltern gehören. Allerdings besitzen sie weder Stühle noch einen Tisch oder ein Sofa. Lediglich ein paar Betten und einen Kleiderschrank konnten sie in die Hütte stellen. Estefania ist, als das älteste Kind, für alle Lebensbereiche verantwortlich. Sie muss sich um ihre Geschwister kümmern und täglich das Essen auf den Tisch bringen, wobei allein das Kochen bis zu vier Stunden dauern kann. Zusätzlich begleitet sie ihre Großmutter zu Arztterminen, da diese an Krebs erkrankt ist.
Es gibt viele solcher Familien, die illegal in Costa Rica leben, da es sehr schwer und sehr teuer ist, die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Aus diesem Grund finden viele Migranten keinen richtigen Job. Auch das Recht zu studieren, ist an die Staatsbürgerschaft gekoppelt. Estefania würde gerne Grundschullehrerin werden, da sie aber noch keine Staatsbürgerschaft besitzt, darf sie das erst einmal nicht. Solange arbeitet sie freiwillig in dem „Refugio“, in dem Programm in dem auch ihre Geschwister aufgenommen worden sind. Estefania und ihre kleinen Geschwister haben dort die Gelegenheit, Perspektiven für ihr späteres Leben zu entwickeln.
Das Schicksal anderer Kinder
Dennoch gibt es viele Kinder, die dieses Privileg nicht haben. Denn obwohl die Kinder in die Schule gehen könnten, sind ihre Eltern oftmals aufgrund psychischer Erkrankungen oder einer Drogenabhängigkeit nicht dazu in der Lage, ihre Kinder regelmäßig in die Schule zu schicken. Daher verbringen die Kinder oft den ganzen Tag auf der Straße. Sie lernen zu stehlen, müssen sich häufig unter Anwendung von Gewalt behaupten und geraten auf diese Weise schnell in ein kriminelles Milieu. Ihre einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen, besteht dann darin, „unter der Hand“ zu arbeiten, was Korruption beinhaltet oder sie gehen in die Selbstständigkeit. Viele verkaufen in diesem Rahmen Lebensmittel oder handgemachte Artikel an den Haustüren.
Der Drogenhandel
Zudem ist der Handel mit Drogen eine sehr lukrative Möglichkeit, schnell an Geld zu kommen. In La Milpa entwickelte sich das über viele Jahre zu einem riesigen Problem. Gerade in bildungsfernen Familien steigt die Drogenabhängigkeitsrate stark an, womit sich der Teufelskreis fortschreibt, in den die Kinder hineingeboren werden.
Denn mit dem Drogenhandel ist eine Gewaltbereitschaft verbunden, die von der Rivalität zwischen den Drogendealern und deren Gangs ausgeht. Sie begehen Überfälle und misshandeln und entführen Kinder. Häufig sind es auch die Eltern, die für ihre Kinder zu einer Gefahr werden, weil sie sich an ihnen vergehen und das schon in frühen Jahren. Bereits Kinder im Vorschulalter müssen dieses Leid und Unrecht ertragen. Für mich ist es schockierend, das mitanzusehen. Doch auch wenn ich diesen Einblick in das Leben der Kinder durch das „Refugio“ bekomme, kann ich sicherlich nicht wirklich nachempfinden, wie es diesen Menschen wirklich gehen muss und wie ausweglos ihre Situation für sie oftmals zu sein scheint.
Nun möchte ich eine ganz andere Art des Lebens in Costa Rica vorstellen, die von deutlich mehr Wohlstand geprägt ist.
Der Missbrauch von Frauen – Alltag in La Milpa
Ich möchte eine Beobachtung thematisieren, die mich sehr getroffen hat.
In Costa Rica und vor allem in La Milpa werden sehr viele Frauen von ihren Ehemännern misshandelt. Doch dies tritt nicht nur in der ärmeren Schicht Costa Ricas auf. Ich habe eine hoch angesehene und sehr bekannte Anwältin kennengelernt, die 38 Jahre von ihrem Mann misshandelt wurde und erst dann die Scheidung einreichen konnte.
Doch warum ist das so?
„Machismo“ ist in diesem Land sehr präsent. Das bedeutet, dass die Männer besonders von sich und ihren Fähigkeiten überzeugt sind, sich den Frauen überlegen fühlen und denken, sie könnten sie dominieren. Daher sehen sie in den Frauen die Verantwortlichen, die Schuldigen und das in allen Situationen, wie weit sich diese auch der Handelsmöglichkeit der Frauen entziehen mögen, sei es das kaputte Auto oder die unterlegene Fußballmannschaft. Die Frauen werden geschlagen, verprügelt, vergewaltigt.
Doch warum bleiben sie bei ihren Männern?
Zu Beginn muss man sagen, dass die Männer Meister der Manipulation sind. Sie machen den Frauen Geschenke, bereiten Frühstück vor, schenken ihnen Aufmerksamkeit. Hinzukommt, dass die Frauen meistens keine Perspektive haben, sollten sie es schaffen, ihren Mann zu verlassen. Sie haben oftmals nicht die Möglichkeiten dafür, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, denn sie verdienen kein eigenes Geld, haben meist keine Familie, die sie unterstützt und stehen damit in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Mann, das sie an ihn bindet. Und dann verzeiht die Frau ihm jedes Mal. Sie denkt an ihre Kinder, denkt, sie müsse für sie bei ihm bleiben. Doch meiner Meinung nach ist genau das der Trugschluss. Damit wird den Kindern ein ungesundes Verhältnis zwischen Mann und Frau vorgelebt und so wird dieses normalisiert, was unweigerlich zu einer Wiederholung, zu einer Fortschreibung des Teufelskreises führt. Die Mädchen werden einen Mann heiraten, der sie misshandeln wird. Und dann wird sie ihm verzeihen, jedes Mal.
Drei Frauen-Drei Geschichten
Drei Geschichten haben mich besonders bedrückt.
Eine Frau aus der Nachbarschaft erzählte mir, dass sie nach Spanien ausgewandert sei und sich dort in einen Mann verliebt habe, der sie misshandelte. Sie jedoch erkannte das nicht. Sie verzieh ihm, und verteidigte ihn vor ihren Freunden. Eines Tages jedoch, artete es aus – der Mann würgte sie, bis sie in Ohnmacht fiel. Erst da realisierte sie, was ihr von ihrem Mann angetan wurde, es musste soweit kommen, bis sie sich dazu entschloss, das Land zu verlassen und sich selbst zu schützen.
Eine weitere Geschichte passierte in der Nachbarschaft meines Projektes. Eine Mutter lebte mit ihrem Mann und ihren Kindern zusammen. Auch sie wurde misshandelt. Sie wollte ihren Mann aber unter keinen Umständen verlassen, sie glaubte daran, dass er sich ändern würde. In einer Nacht jedoch, rief sie völlig aufgelöst bei meiner Chefin an, ihr Mann verfolge sie und ihre Kinder, er bedrohe sie mit einem Messer. Sie war panisch, ja, doch die Entschlossenheit, auf das Gute in ihrem Mann zu hoffen, konnte sie selbst dann nicht ablegen.
Die dritte Geschichte ereignete sich bei einer unmittelbaren Nachbarin des Refugios. Der Frau wurden ihre Kinder weggenommen. Die „Pani“, eine costa-ricanische Organisation, die sich in ihren Aufgaben dem deutschen Jugendamt ähnelt, verbat es ihr, ihre Kinder bei diesem Mann großzuziehen. Also gab sie ihre Kinder auf. Trotz allem blieb sie bei ihm, sah nicht den Schmerz, für den er verantwortlich war.
Mir war nie klar, dass Misshandlung für so viele Frauen zum Alltag gehört. Wie präsent das Thema hier ist. Es ist kein Tabuthema. Hier wird offen darüber redet, über eigene Erfahrungen oder die der Familie, oftmals betrifft das die Mütter. Jeder Mitarbeiter:in des Refugios hat eine Geschichte zu erzählen, Misshandlung, die ihr oder ihm oder jemandem aus ihrer bzw. seiner Familie widerfahren ist. Fast täglich sehe ich jene Frau mit ihrem Mann auf der Straße und es tut mir weh, zu wissen, wie er mit ihr umgeht.
Durch die zentrale Lage in Mittelamerika war Costa Rica schon immer von Migration geprägt. So kamen bereits früh Menschen mit Fluchterfahrungen aus dem Norden Mittelamerikas in den Süden, vor allem aus Nicaragua. Auch in den letzten Jahren war der Anteil von Menschen mit Fluchtgeschichte aus diesem Land sehr hoch, da es im Jahr 2018 in Nicaragua zu landesweiten Protesten kam, weshalb viele Menschen nach Costa Rica geflüchtet sind. Allein im Jahr 2020 betrug die Anzahl der Menschen aus Nicaragua 9.416 von insgesamt 12.654 Menschen mit Fluchterfahrungen, die nach Costa Rica kamen.
In dem Stadtteil von Heredia, La Milpa, in dem sich mein Projekt befindet, kann man diesen hohen Anteil von Menschen mit Fluchthistorie hautnah miterleben. Um das genauer aufzuzeigen, möchte ich die Geschichte von einer meiner Kolleginnen erzählen. Klarissa (Name verändert) und ihre Familie kamen vor vielen Jahren, als sie selbst noch ganz klein war, aus Nicaragua nach Costa Rica. Ihre Mutter hatte keine Arbeit mehr gefunden und sie konnten ihr Leben in ihrem Herkunftsland nicht mehr finanzieren. In Costa Rica angekommen, musste die Familie sich illegal eine Blechhütte in La Milpa erbauen, in der sie zu Siebt in einer „Drei-Zimmer-Wohnung“ leben. Allerdings besitzen sie nicht mal Stühle, einen Tisch oder ein Sofa. Lediglich ein paar Betten und einen Kleiderschrank. Viele Familien sind illegal in Costa Rica, da es sehr schwer und sehr teuer ist, die Staatsbürgerschaft zu bekommen.
Aus diesem Grund finden viele Menschen mit Fluchterfahrungen keinen richtigen Job. Die einzigen Möglichkeiten, die sie haben, sind unter der Hand angestellt zu werden, viel zu arbeiten für wenig Lohn, Korruption in Kauf zu nehmen, oder selbstständig zu werden. Viele verkaufen Lebensmittel oder handgemachte Artikel an den Häusern. Eine weitere Option ist es, in den Drogenhandel einzusteigen. Vor allem in La Milpa haben diesen Weg viele gewählt. Dies ist ein riesiges Problem und auch der Grund, warum sich Klarissa nie, nicht mal in ihrem eigenen zu Hause, sicher fühlen kann. Das Problem, das durch den Drogenhandel entsteht ist, dass nicht nur viele von außerhalb nach La Milpa kommen um sich Drogen zu besorgen, sondern auch Rivalitäten zwischen den Dealern entstehen, da sie so nah aufeinander wohnen. Somit gibt es viel Unterdrückung, Ausnutzung und Bedrohungen.
Eine weitere sehr traurige Folge ist, dass es in vielen Familien Angehörige gibt, die von Drogen abhängig sind. Dadurch, dass die Familien aus armen Verhältnissen stammen und kaum irgendeine Art von Bildung haben, entsteht ein Kreislauf oder auch Teufelskreis. Die Drogenabhängigkeit wird so zu sagen von Generation zu Generation vererbt und es kommt nicht selten vor, dass selbst die Großeltern süchtig sind.
Klarissa und ihre kleinen Geschwister haben den Vorteil, dass sie durch das Projekt „El Refugio“ dazu motiviert worden sind in die Schule zu gehen. Es gibt jedoch viele Kinder, die dieses Privileg nicht haben. Die Kinder, die illegal in Costa Rica leben, haben die Erlaubnis und sogar die Pflicht in die Schule zu gehen. Viele Kinder leben allerdings in diesem Land, ohne dass der Staat es weiß, weshalb keiner darauf achtet, ob die Kinder tatsächlich in die Schule gehen oder nicht. Viele der Eltern sind durch ihre Abhängigkeit nicht in der Lage, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Die Kinder verbringen den ganzen Tag auf der Straße. Die Kinder fangen an zu stehlen und geraten auch selber schnell in Drogengeschäfte oder andere kriminelle Aktivitäten. Bereits in jungem Alter müssen sie lernen sich durchzusetzen und auf der Straße zu überleben. Es geht um „survival of the fittest“.
Dadurch sind die Kinder schon früh Gefahren wie Kidnapping, Misshandlung oder Überfällen ausgesetzt. Allerdings sind die Kinder leider oft freiwillig den ganzen Tag auf der Straße unterwegs, da sie zu Hause nicht glücklich sind, misshandelt werden und sich niemand um sie kümmert.
Wenn die Kinder Gegenstände (Bücher, Kleidungsstücke oder anderes) besitzen, müssen sie diese Dinge oftmals selbst in ihrer eigenen Familie verstecken, da sie ihnen sonst weggenommen, verkauft oder zerstört werden. Die Kinder sind oft nicht mal in ihrem eigenen Haus sicher. Zu der fehlenden Bildung kommt, dass die Kinder und ihre Familien, die in La Milpa leben, keine Perspektive haben. Viele von ihnen verlassen das Stadtviertel oder die Stadt niemals in ihrem Leben. Sie kennen sich nicht in Costa Ria aus, geschweige denn in der Welt. Deutschland ist für sie gefühlt wie ein anderer Planet. Für mich ist es immer sehr schockierend zu sehen, dass Kinder mit 14 Jahren noch nicht einmal richtig schreiben können, gerade einmal addieren lernen und nicht wissen, wo sich Europa befindet.
Da die Menschen mit Fluchgeschichte keine Staatsbürgerschaft besitzen, haben sie auch nicht das Recht zu studieren. Klarissa zum Beispiel würde gerne Grundschullehrerin werden, da sie aber noch keine Staatsbürgerschaft besitzt, kann sie weder studieren noch arbeiten.
Hinzu kommt, dass die Familien oftmals so arm sind, dass ihnen sogar das Geld für den Bus fehlt. Hierbei muss man wissen, dass öffentliche Verkehrsmittel und vor allem Busse hier in ganz Costa Rica extrem günstig sind. Mit ca. 5 Euro kommt man beispielsweise von der Hauptstadt bis an die Küste. Ich habe eine Familie kennengelernt, die so wenig Geld besitzt, dass der Vater abwägen muss, ob er den Bus hin zur Arbeit nimmt oder den, der zurückfährt. Somit muss er immer einen Weg der ca 15 Kilometer langen Strecke zu Fuß gehen.
Ich finde es eine sehr überwältigende und prägende Erfahrung, diese absolute Armut und diese Lebensweise zu sehen und kennen zu lernen. In einem Industrieland wie Deutschland vergessen wir viel zu oft, in welchen Umständen andere Menschen leben. Die Armut und die Zustände, die ich hier sehe, hätte ich mir nie so vorstellen können. Es ist für mich eine einmalige Erfahrung und zeigt mir jeden Tag aufs Neue, in welchem Luxus ich aufgewachsen bin.
__________________________________________________________________________________________
„weltwärts“ ist eine Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und unterstützt das Interesse von Jugendlichen an freiwilligem Engagement in Entwicklungsländern. Der Großteil der Kosten für das Freiwilligenjahr wird durch den Zuschuss vom BMZ übernommen. Es bleibt jedoch ein Viertel der Gesamtkosten übrig: 3.000 € müssen über VISIONEERS und jedem Freiwilligen selbst gesammelt werden. VISIONEERS ist als unabhängige und gemeinnützige GmbH auf private Spenden angewiesen, um ein umfangreiches und zukunftsfähiges weltwärts-Programm zu ermöglichen.
Helft mir und VISIONEERS, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Bitte unterstützt uns mit einer monatlichen oder einmaligen Spende.
VISIONEERS gGmbH
Berliner Sparkasse
IBAN: DE29 1005 0000 0190 6097 70
BIC: BELADEBEXXX
Betreff: Name + Adresse des Spenders + Freiwilligen
Wir freuen uns jederzeit über Spenden.