Hogar Metodista, so heißt das Kinderheim in dem ich seit Mitte September arbeite. Das Hogar ist christlich geprägt und wurde von Amerikaner gegründet. Insgesamt leben im Hogar 28 Kinder; im Mädchen- und Jungenhaus, Casa Esperanza und Casa Fe. Meine Mitfreiwillige und ich unterstützen die Lehrerinnen in der internen Schule, die auf demselben Gelände liegt wie die Häuser der Kinder. In den Ersten zwei Wochen haben wir noch gelegentlich in den Häusern die Tías, die Hausmuttis, unterstützt. Mittlerweile liegt unser Aufgabenfeld nur noch in der Schule.

Von der Vorschule bis zur sechsten Klasse gehen die Kinder in die interne Schule, danach in eine öffentliche. Vormittags ist immer eine von uns, meist meine Mitfreiwillige, bei der Vorschule dabei. Ich unterstütze in der Zeit die anderen zwei Lehrerinnen und nehme ihnen „leichte“ aber zeitintensive Aufgaben ab, wie z.B. Aufgaben am Computer oder Sachen für kommende Unterrichtsstunden vorbereiten. Aber auch andere Dinge, wie Limo für die Kinder zu machen, die Turnhalle neu zu schmücken oder auf die Kinder in den Pausen aufzupassen damit die Lehrerinnen auch Pause haben etc., gehören dazu. Wir schätzen es sehr, dass es so abwechslungsreich ist.

Am Anfang hatten wir manchmal das Gefühl nicht gebraucht zu werden und „überflüssig“ zu sein. Das ist aber auch ein gutes Zeichen, weil die Schule und auch das Hogar sehr gut organisiert sind und sie nicht auf uns angewiesen sind. Wir als Freiwillige sind nicht mit dem Gedanken gekommen, dass sie ohne uns nicht zurechtkommen und wir alles besser wissen (->White saviour complex), sondern dass wir sie in alltäglichen Dingen unterstützen und von und mit ihnen lernen können. Ich kann mir aber vorstellen, dass es daran lag, dass sie erst seit einem Jahr Freiwillige aufnehmen und letztes Jahr nur eine Freiwillige die Lehrer unterstützt hat. Nach einigen Wochen haben wir mehr Aufgaben bekommen und fühlen uns mittlerweile als Teil des Teams.

Zwischen zerrissenen Oberteilen und Herzchenzeichnungen

Wenn mir jemand in meiner Bewerbungsphase gesagt hätte, dass bereits in den ersten zwei Monaten meines Freiwilligendienstes meine Bluse zerrissen wird, ich mit einer Bastelschere bedroht werde und regelmäßig mit Stiften und Schimpfwörtern beworfen werde, hätte ich mir wohl zweimal überlegt, ob ich für einen Freiwilligendienst in einem Kinderheim auf die andere Seite der Welt ziehe. Doch das war tatsächlich eine der besten Entscheidungen in meinem bisherigen Leben. Sie fragen sich jetzt bestimmt, was ich den armen Kindern antue, sodass sie das Gefühl haben, sich mit Bastelutensilien bewaffnen zu müssen und warum ich es trotz dieser Angriffe nicht bereue, diesen Schritt gegangen zu sein.

Die Herausforderungen im Projekt

Zunächst müssen Sie wissen, dass ich in einem Kinderheim arbeite, in dem Kinder leben, die aus schwierigen Familienverhältnissen kommen. Ihnen wurde körperliche Gewalt angetan oder sie wurden mit Drogenmissbrauch konfrontiert. Zum Heim gehört auch eine Schule, die in mein Arbeitsbereich fällt. Durch die schwierige Vergangenheit der Kinder, sind sie oftmals emotional verletzt und das zeigt sich in Form von täglichen Wutanfällen, unter denen auch mal meine Bluse leiden musste. Doch genau in diesen Momenten gehen die Lehrerinnen, mit denen ich zusammen arbeite mit sehr viel Fürsorge und Respekt auf die Kinder zu und zeigen ihnen, dass sie geliebt werden.
Diese herausfordernden Minuten sind natürlich nur ein Teil meines Tagesablaufs. Der Morgen wird normalerweise mit Malen, Basteln, Lesen, Schreiben, Rechnen, Spielen und vielem mehr gefüllt. Besonders durch die kleinen Lerngruppen kann man sich auf die einzelnen Schüler konzentrieren und baut eine einzigartige Beziehung auf, die man in normalen Schulen niemals knüpfen würde. Beim Malen oder  bei Spieleinheiten geraten die schwierigen Momente immer sehr schnell in Vergessenheit, wenn mir Bilder mit Herzchen oder Umarmungen zur Wiedergutmachung geschenkt werden.