Gerade die Weihnachtszeit ist für uns eine Zeit der Familie. Wie wird also Weihnachten gefeiert in einem Heim für Kinder, die gerade keine Familie haben?
Die Weihnachtszeit wird generell in Costa Rica, aber auch im Hogar de Vida sehr genossen und voll ausgeschöpft. Schon im November wurde die erste Weihnachtsdekoration rausgeholt und die ersten Weihnachtslieder gehört. Auch wenn wir durch das warme Wetter kaum in Weihnachtsstimmung gerieten, hat uns doch die Weihnachtseuphorie der anderen gepackt, und wir haben uns schon sehr auf das Fest zum Beginn der Weihnachtszeit gefreut.
Im Dezember gab es eigentlich jeden Samstag eine Weihnachtsfeier für die Kinder. Als der Tag der ersten Feier dann gekommen war, wurde das Rancho (unser Versammlungsort) liebevoll weihnachtlich geschmückt und auch ein riesiger Weihnachtsbaum dort aufgestellt. Dafür hat jedes Haus einen Tanz zu einem Weihnachtslied eingeübt und alle Tías haben eine Sammelbestellung für Weihnachtst-Shirts aufgegeben. Auch die Lehrerinnen des Hogars hatten einen Tanz vorbereitet. Das Team, das im Büro arbeitet, hat die Weihnachtsgeschichte erzählt und wir haben zusammen gebetet. Danach haben sich alle in einer Reihe aufgestellt und jedes Kind durfte eine Kugel an den Baum hängen.
Wir freuen uns Zuhause jedes Jahr darauf, den Weihnachtsbaum mit unseren Familien zu schmücken, deswegen war es für uns ein ganz besonderer Moment, dieses Ereignis dieses Jahr mit den Kindern und dem ganzen Hogar teilen zu dürfen. Anschließend gab es für alle Tamales (in Bananenblättern gedämpfter, mit Fleisch gefüllter Maisteig), Kuchen und Rompope (typischer Eierlikör ohne Alkohol). Wir finden es besonders schön, dass zu solchen Anlässen auch die Tías in die Mahlzeiten eingebunden werden, da so alle am Fest teilhaben können. Nach der Stärkung haben wir noch viele Fotos gemacht und zu Weihnachtsmusik getanzt. Am Abend gab es dann noch Pizza für alle.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Ich freue mich, Dir von meinem knapp zweimonatigen Aufenthalt in Ghana berichten zu können. In dieser Zeit habe ich viele interessante Eindrücke gesammelt, und einige davon möchte ich hier mit Dir teilen.
Mein Einsatzort: Das OVC-Kinderheim
Das OVC-Kinderheim (Orphans and Vulnerable Children) befindet sich in Jirapa, einer Stadt mit etwa 20.000 Einwohnern im Norden Ghanas, genauer gesagt in der Upper West Region, nahe der Grenze zu Burkina Faso.
Jirapa ist eine kleine, aber geschäftige Stadt mit zwei großen, asphaltierten Straßen, die sich im Stadtzentrum an einem Kreisverkehr kreuzen. Entlang dieser Straßen finden sich die wichtigsten Einrichtungen der Stadt, darunter:
- Das öffentliche Saint Joseph Hospital
- Die Polizeistation
- Das Postamt
- Die Bushaltestelle
- Die Kirche, die ich jeden Sonntag besuche
Zwischen den Gebäuden reihen sich zahlreiche kleine Läden, wodurch die Stadt wie ein großer Markt wirkt.
Das OVC-Kinderheim liegt etwas außerhalb der Stadt an einer der Hauptstraßen. Direkt nebenan befindet sich die Power House School, eine private Schule, die von allen Kindern des Heims besucht wird. Zwischen Schule und Heim liegt eine kleine Freifläche, die von einem riesigen Baum dominiert wird.
Das Kinderheim besteht aus vier Häusern, die sich um einen zentralen Platz gruppieren. Dieser Platz ist das Herzstück des täglichen Lebens im Heim – ein Treffpunkt und Verbindungselement für die Bewohner.
Mein Zuhause im Heim
Gemeinsam mit meiner Mitfreiwilligen bewohne ich eines der Häuser. Die violett gestrichenen Außenwände und die blau gestrichenen Innenräume schaffen eine freundliche Atmosphäre.
Unser Haus verfügt über:
- Einen großzügigen Aufenthaltsraum mit einem großen Tisch, Kühlschrank und Wandschrank mit Spielen und Büchern
- Ein kleines Durchgangszimmer mit einem Spiegel, von dem drei Türen in unsere Schlafzimmer und das gemeinsame Bad führen
- Mein Zimmer ist zweckmäßig eingerichtet: ein Bett mit Moskitonetz, ein kleiner Plastikschreibtisch und ein Regalsystem für meine Kleidung. Hier beginne und beende ich jeden Tag.
Die Regenzeit hat angefangen…
Hola an alle, ich melde mich mit meinem zweiten Beitrag aus Peru
Mittlerweile ist Dezember und seit einigen Wochen hat hier die Regenzeit begonnen. In der Regenwaldregion Perus dauert der Sommer ungefähr von April bis Oktober mit wenig Regen, und ab November nehmen die Niederschläge stetig zu. Laut dem Modell des peruanischen Ministeriums für Meteorologie und Hydrologie (SENAMHI) können in einem Monat bis zu 800 mm Regen fallen, was ungefähr dem entspricht, was in Bochum innerhalb eines Jahres fällt. Ich arbeite hier unter anderem daran, die klimatische Situation in den Gemeinden, mit denen wir im Rahmen der Zonierung (was ich im ersten Beitrag ein wenig erklärt habe) zusammenarbeiten, zu analysieren. Direkte Wetterdaten von Stationen sind hier kaum verfügbar und oft nur eingeschränkt zugänglich, daher bin ich auf Modelle angewiesen, die unter anderem auf Satellitendaten basieren.
Der viele Regen hat natürlich auch Folgen, nicht nur für die Menschen in den Gemeinden, die diese teilweise kaum verlassen können, wenn die Flüsse zu hoch und die Strömung zu stark ist, um sie zu Fuß zu überqueren. Auch unser Arbeitsweg zu den Gemeinden wird schwieriger, je mehr Regen fällt. Die Straßen sind häufig nicht asphaltiert, sodass der Schlamm zur Herausforderung wird. Außerdem kommt es zu Erdrutschen und Bergstürzen, die die Straßen versperren können, sodass sie mehrere Stunden nicht befahrbar sind.
Die Flüsse steigen meist rasant an und führen nach starken Niederschlägen viel Sediment mit sich. Leider ist für viele Menschen in den Gemeinden häufig der einzige Zugang zu Wasser ein Fluss oder Bach, da es keine Frischwasserleitungen gibt. Im Rahmen unserer Arbeit haben wir daher auch eine Wasseranalyse eines Flusses in einer Gemeinde durchgeführt. Neben der qualitativen Analyse haben wir die Flüsse auch vermessen, um den Abfluss zu berechnen.
Abgesehen von den vielleicht etwas technischen Problemen steigt in der Regenzeit auch das Risiko für Erkrankungen, die vor allem von Mücken übertragen werden, wie z.B. das Denguefieber.
Außerdem haben wir ein paar Aufnahmen mit der Drohne gemacht und weitere Daten in der Gemeinde erfasst. Um die Bilder der Drohne später korrekt zu verarbeiten, haben wir Referenzpunkte markiert. Auf dem Bild sieht man den roten Punkt und den Kreis aus Kreide; ich speichere gerade die Koordinaten. Das andere Bild zeigt die Drohne und zwei Feuerwerkskörper. Wofür die sind? Anscheinend haben die Adler hier die Angewohnheit, Drohnen aus der Luft zu fangen, was weder für die Drohne noch für das Tier ein gutes Ende bedeutet. Daher haben wir, sobald wir einen Adler kreisen gesehen haben, den Feuerwerkskörper gezündet, um ihn zu verjagen.
Hogar Metodista, so heißt das Kinderheim in dem ich seit Mitte September arbeite. Das Hogar ist christlich geprägt und wurde von Amerikaner gegründet. Insgesamt leben im Hogar 28 Kinder; im Mädchen- und Jungenhaus, Casa Esperanza und Casa Fe. Meine Mitfreiwillige und ich unterstützen die Lehrerinnen in der internen Schule, die auf demselben Gelände liegt wie die Häuser der Kinder. In den Ersten zwei Wochen haben wir noch gelegentlich in den Häusern die Tías, die Hausmuttis, unterstützt. Mittlerweile liegt unser Aufgabenfeld nur noch in der Schule.
Von der Vorschule bis zur sechsten Klasse gehen die Kinder in die interne Schule, danach in eine öffentliche. Vormittags ist immer eine von uns, meist meine Mitfreiwillige, bei der Vorschule dabei. Ich unterstütze in der Zeit die anderen zwei Lehrerinnen und nehme ihnen „leichte“ aber zeitintensive Aufgaben ab, wie z.B. Aufgaben am Computer oder Sachen für kommende Unterrichtsstunden vorbereiten. Aber auch andere Dinge, wie Limo für die Kinder zu machen, die Turnhalle neu zu schmücken oder auf die Kinder in den Pausen aufzupassen damit die Lehrerinnen auch Pause haben etc., gehören dazu. Wir schätzen es sehr, dass es so abwechslungsreich ist.
Am Anfang hatten wir manchmal das Gefühl nicht gebraucht zu werden und „überflüssig“ zu sein. Das ist aber auch ein gutes Zeichen, weil die Schule und auch das Hogar sehr gut organisiert sind und sie nicht auf uns angewiesen sind. Wir als Freiwillige sind nicht mit dem Gedanken gekommen, dass sie ohne uns nicht zurechtkommen und wir alles besser wissen (->White saviour complex), sondern dass wir sie in alltäglichen Dingen unterstützen und von und mit ihnen lernen können. Ich kann mir aber vorstellen, dass es daran lag, dass sie erst seit einem Jahr Freiwillige aufnehmen und letztes Jahr nur eine Freiwillige die Lehrer unterstützt hat. Nach einigen Wochen haben wir mehr Aufgaben bekommen und fühlen uns mittlerweile als Teil des Teams.
Buenas! Mein Name ist Finja, und derzeit absolviere ich meinen Freiwilligendienst in Bogota, Kolumbien bei der Einsatzstelle „Fundacion Buena Semilla“.
Ankunft in Bogota und Erste Eindrücke
Am 10.10.2023 begann mein Abenteuer bei der Fundacion „Buena Semilla“. Voller Vorfreude und Aufregung wurde ich am Flughafen El Dorado von meiner Gastmutter Juanita begrüßt. Die Stadt und meine Arbeit sollten bald sehr vertraut für mich werden, doch zunächst führte mich meine Reise weiter nach Palmira, einer kleinen Stadt in der Nähe von Cali, wo ich von meinem Chef Elias und meinen zukünftigen Kollegen herzlich empfangen wurde.
Arbeit bei der Fundacion Buena Semilla
Einmal im Jahr unterstützt Buena Semilla die Fundacion „Rio Nima“, um geflüchteten Kindern aus Afrika eine schöne und sorgenfreie Zeit zu ermöglichen. In den ersten Tagen erlebte ich eine völlig neue Realität, geprägt von Armut und Einsamkeit, aber auch von der Freude, Musik, Tanz, Liebe und Hoffnung der Kinder und Jugendlichen.
Nach meiner Rückkehr nach Bogota begannen meine ersten Arbeitstage bei der Fundacion Buena Semilla, die sich für Kinder und Jugendliche in einem der ärmsten und gefährlichsten Viertel Bogotas einsetzt. Hier bieten sie Sicherheit und fördern die Talente der Kinder mit Musik- und Kunstunterricht, Gartenarbeit, Bibelstunden sowie Englisch- und Mathematikunterricht.
Bereits seit drei Monaten lebe und arbeite ich in der Stadt Atenas in Costa Rica und mir gefällt es hier sehr gut.
Ich arbeite in einem Kinderheim mit Kindern im Alter zwischen drei und neun Jahren. Das Heim “Hogar de Vida” (= Heim des Lebens) besteht aus drei Häusern, in denen jeweils elf Kinder leben. Aktuell arbeite ich im “Casa dos” und bin dort auch sehr zufrieden.
Die Kinder freuen sich sehr über meine Anwesenheit und begrüßen mich freudig, wenn ich komme. Mein Arbeitsalltag beginnt um 11:00 Uhr. Zunächst beschäftige ich mich, etwa eine halbe Stunde lang, mit den Kindern, bis es dann um 11:30 Uhr Mittagessen gibt. Dort sitze ich neben den Kindern und achte darauf, dass sie die Tischmanieren lernen und genug essen.
Nach dem Mittagessen putze ich dann die Zähne der Kinder. Alternativ mache ich zusammen mit ihnen den Abwasch. Der Hauptbestandteil meiner Arbeit folgt am Nachmittag: Um etwa 15:00 Uhr beginnt die “Alleinzeit”. Mir wird jeden Tag ein Kind zugeteilt, welches dann anstatt die Arbeitsphase mit der Gruppe mitzumachen, von mir betreut wird. Die Kinder freuen sich sehr über die Abwechslung und haben so die Möglichkeit mehr alleinige Aufmerksamkeit zu bekommen, die normalerweise im Kinderheim fehlt.
Genau drei Monate sind seit meiner Ankunft in Costa Rica vergangen und ich kann kaum glauben wie schnell die Zeit vergeht. Gleichzeitig habe ich in dieser kurzen Zeit schon so viel erlebt und einige Ups und Downs durchlebt, sodass meine ganzen Erlebnisse auch eine viel längere Zeitspanne umfassen könnten.
In meinem Projekt, Fundación Fundamentes, habe ich mich mittlerweile richtig gut eingewöhnt und habe ein viel engeres Verhältnis zu den Kindern und meinen Kolleginnen als zu Beginn. Die Kinder erzählen mir immer mehr aus ihrem Leben und begrüßen mich oft freudig mit einer Umarmung. Es gibt aber auch viele Tage an denen die Arbeit sehr anstrengend sein kann, weil die Kinder keine Lust auf die kleinen Bastel-Workshops, die ich oft zusammen mit zwei anderen deutschen Freiwilligen aus einer anderen Organisation anbiete, haben, oder sich schlichtweg nicht konzentrieren können. Die hyperaktiven Kinder, die dann lautstark durch die Gegend laufen, unter Kontrolle zu bekommen ist in solchen Momenten eine echte Herausforderung.
Auch in San José kenne ich mich mittlerweile ganz gut aus und obwohl ich die Stadt zunächst nicht besonders ansehnlich fand, habe ich nun auch ihre schönen Seiten kennengelernt. So gibt es beispielsweise im Barrio Escalante viele nette Cafés und ein Food Center, das unfassbar leckere vegane Pizza anbietet. Außerdem ist die Stadt abends, wenn in den Häusern die Lichter brennen und die Straßenlaternen angehen, ein echter Hingucker, da man durch die bergige Landschaft weit in die Ferne blicken kann und einem ein wunderschönes Lichtermeer entgegnet. Trotzdem sollte man nicht vergessen, dass in San José eine hohe Kleinkriminalitätsrate vorherrscht und man immer gut auf seine Wertsachen aufpassen muss. Dieser Umstand wurde mir vor einer Woche noch einmal verstärkt bewusst, als mir mein Handy auf der Straße beim Vorbeigehen aus meiner Rucksacktasche geklaut worden ist, ohne dass ich es bemerkt habe. Zum Glück blieb es bei diesem Taschendiebstahl und obwohl der Verlust meines Handys natürlich äußerst ärgerlich ist, werde ich nun noch mehr darauf achten, meine Wertsachen an meinem Körper zu tragen und sie nicht aus den Augen zu lassen. Aus Fehlern lernt man ja bekanntermaßen.
Was ich auf jeden Fall etwas mehr lernen könnte, sind Spanischvokabeln. In der Schule hatte ich zwei Jahre Spanisch und bin daher nur mit einem sehr kleinen Grundwissen der spanischen Sprache nach Costa Rica gereist. Mein Ziel ist es mit einem guten Spanischlevel nach Deutschland zurückzukehren und obwohl ich auf jeden Fall schon deutlich besser Spanisch kann, kann ich leider noch nicht wie durch ein Wunder fließend Spanisch sprechen, obwohl ich schon eine ganze Serie auf Spanisch gestreamt habe. Spaß beiseite, im Alltag ist meine Fähigkeit Spanisch zu sprechen sehr tages- und themenabhängig. An manchen Tagen verstehe ich sehr viel und an anderen kaum ein Wort. Die gelegentlichen Gespräche mit meinen Uber-Fahrern, die eigentlich immer nach dem gleichen Muster ablaufen (Wo kommst du her? Wann bist du angekommen und wie lange bleibst du? Was machst du in Costa Rica? Wo bist du schon hingereist?), könnte ich im Schlaf meistern, aber wenn mir ein achtjähriges Kind leise nuschelnd eine einfache Frage stellt, verstehe ich leider absolut nichts. Erschwert wird das Ganze durch die unglaubliche Sprechgeschwindigkeit der Ticos, aber ich bin guter Dinge, dass ich mein Ziel letzten Endes noch erreichen werde, auch wenn es vielleicht etwas länger dauert, als ich es mir erhofft habe.
Hallöchen,
schön dich hier auf meinem ersten Blockeintrag zu sehen. Wenn du wissen möchtest, wie meine ersten drei Monate in Costa Rica, insbesondere als Freiwillige im Ort Bejuco, ausgesehen haben, bis du hier genau richtig.
Wer bin ich eigentlich und was mache ich überhaupt in Costa Rica?
Ich bin Lara und mache meinen weltwärts-Freiwilligendienst im Projekt „Centro de desarollo para la ninez OCTOPUS“ in Bejuco.
„OCTOPUS“ – Was ist das eigentlich?
Octopus ist ein Kinderprojekt für Kinder zwischen 2 und 12 Jahren, wobei die meisten Kinder zwischen 3 und 6 Jahre alt sind. Es ist Montags bis Sonntags von 07:00 Uhr bis 15:00 Uhr für die Kinder geöffnet, wobei diese beliebig von den Eltern gebracht und abgeholt werden können. Die Kinder in dem Projekt stammen aus unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen, wobei nur die Eltern, die es sich finanziell leisten können, Beiträge zahlen müssen. Dies finde ich besonders schön, da so jedes Kind aus dem Ort und den umliegenden Orten in das Projekt gehen kann. Octopus wird durch private Spenden, so zum Beispiel über VISIONEERS, finanziert.
Am Morgen des 10.08.2023 stand ich also mit meiner Familie am Berliner Flughafen und suchte den Lufthansa Gepäckschalter. Mein Koffer erschien mir auf dem Rollband, dafür dass mir der Inhalt für ein ganzes Jahr reichen musste, auf einmal ziemlich klein. Mit einem Ruck setzte sich das Band in Gang und verschlang mitsamt dem Gepäck auch das Gefühl mich nochmal umentscheiden zu können. In kürzester Zeit werde ich in ein ganz neues Leben katapultiert.
Nur 12 Stunden Flug und eine wilde Autofahrt durch Costa Ricas dunklen, kurvigen und viel zu schmalen Straßen später, war ich umgeben von runden Türknäufen und Fenstern, die ich nicht verstand zu öffnen. Noch weniger konnte ich mich allerdings an den leinwandgleichen Ausblick hinter ihnen gewöhnen. Die tiefgrünen bewaldeten Berge wirkten trotz der zahlreichen mir noch unbekannten Tiere, die darin wohnten, friedlich.
Die unberührte Natur rund um die Visioneers Finca, in der wir mit den anderen Freiwilligen zusammen einen einwöchigen Sprachkurs absolvierten, bildete das exakte Gegenteil zu San Josés dreckigen, lauten und überfüllten Straßen, die ich jetzt mein Zuhause nenne. Fragt man Einheimische nach ihrer Meinung über die eigene Hauptstadt, fällt immer das gleiche Wort: “feo” (=hässlich). Und obwohl die kleinen bunten Häuser, die Strommasten und die Palmen für Ausländer wie mich ästhetisch wirken, weiß ich was die Ticos meinen. Die Straßen haben Schlaglöcher, von den Überirdischen Leitungen hängen lose Kabel, wenn in leeren Hauseingängen kein Müll liegt, dann liegt an seiner Stelle dort meist ein Obdachloser oder gleich eine ganze Familie.
Wenn ich mal alleine durch eine dieser Straßen laufe, habe ich immer das Gefühl beobachtet zu werden. Meistens sind es Männer, die mir beim Vorbeigehen oder aus ihren Autofenstern hinterherstarren und meine grünen Augen oder meine blonden Haare inspizieren, als wäre ich hinter einem Fensterglas im Zoo. Nur das man im Zoo die Tiere meistens nicht nach ihrer Telefonnummer fragt. Auch auf meinem Arbeitsweg ist das nicht anders. Dass ich als Frau in diesem Land eine andere Rolle trage, fällt mir immer wieder spätestens dann auf, wenn mir auf dem Weg über eine schmale Brücke Männer den Vortritt gewähren, obwohl genug Platz für zwei aneinander vorbeilaufende Personen wäre.
Kaffee ist das beliebteste Getränk der Deutschen, noch vor Bier und Mineralwasser – Stand 2023 wird in Deutschland so viel Kaffee getrunken, wie nie zuvor. Dennoch ist den meisten wohl kaum bekannt, wie Kaffee eigentlich angebaut und bepreist wird.
Kaffeeernte
Kaffee ist ein aus Äthiopien stammender immergrüner Strauch. Sein Anbau ist langwierig und zeitaufwendig. Erst nach drei bis vier Jahren blüht die Pflanze zum ersten Mal, vorher gibt es keinen Ertrag. Weltweit im großem Stil angebaut werden Arabica- und Robusta-Pflanzen, wobei in Costa Rica ausschließlich Arabica angepflanzt werden darf.
Reif ist eine Kaffeefrucht, wenn sie dunkelrot ist. Eine Kaffeefrucht bzw. -kirsche enthält dabei zwei Kaffeebohnen. Da die Früchte nicht alle gleichzeitig reif sind, muss jeder Kaffeebusch bis zu drei, vier Mal “bepflückt” werden. Geerntet werden die Früchte – per Hand – meist von Gastarbeiter:innen, überwiegend aus Nicaragua. Für sie eine dringende Einnahmequelle. Bezahlt wird nach Kilo. Wenn man wirklich viel und schnell pflückt, kann man am Tag wohl zwischen 20 und 30€ verdienen, je nachdem wie viel die Finca pro Pflückkorb (sog. „Cachuela“) bezahlt. Ca. 180 Kilo Kaffeekirschen hat man dann geerntet. Also gilt: je mehr man pflückt, desto besser. Das hat Auswirkungen. Zum Beispiel, dass die Menschen die ganze Woche durchpflücken, auch am eigentlich freien Sonntag. Da die Pflücker:innen über mehrere Monate hier leben, müssen sie ihre Kinder mitbringen. Heißt dass Kinder, sobald sie alt genug sind, oft mitpflücken – und bei jedem Wetter 10h und mehr mit im oft sehr steilen Kaffeeberg stehen.
Kaffeeverkauf
Geerntet wird der Kaffee in der Region rund um San Andrés de León Cortes, wo auch die VISIONEERS Finca steht, von Ende Oktober bis Februar. Die Bohnen der VISIONEERS Finca werden (noch), wie die meisten anderen auch, auf dem einzigen, aber leider für die Kaffeebauer:innen im Vergleich auch unwirtschaftlichsten Weg verkauft: sie gehen als ganze Frucht an Zwischenhändler:innen (sog. “Cooperativas”). Dort werden die Bohnen mit anderen gemischt, geschält, geröstet und dann exportiert. Wo ihre Bohnen am Ende landen und verwertet werden, wissen die Bauer:innen dabei nicht. Auch die Preisfestlegung erscheint intransparent und die Kaffeebauer:innen haben wenig bis keinen Verhandlungsspielraum. Weder Kaffeebauer:innen und Pflücker:innen werden hierbei angemessen für ihren Einsatz entlohnt, obwohl sie diejenigen sind, die mit Anbau und Ernte die meiste Arbeit haben.
Wir sprechen mit Ronald, einem erfahrenen befreundeten Kaffeebauern aus San Andrés. Er baut auf ca. 42.000m2 Kaffee an und ist damit einer der Größeren hier in der Gegend. Die Gegend ist sehr landwirtschaftlich geprägt, so hängt über 90% der Bevölkerung vom Kaffeeanbau ab. Überwiegend sind es kleinbäuerliche Betriebe.
Letztes Jahr hat Ronald etwa 36.000 kg Kaffee geerntet und damit umgerechnet ca. 27.000€ verdient. Das sind 0,75€ pro Kilo Kaffee. Umsatz, kein Gewinn – ein schlechtes Jahr. Davon müssen die Pflücker:innen bezahlt und alle weiteren Kosten gedeckt werden, die rund um die Finca über das gesamte Jahr anfallen. Im Vorjahr fiel noch etwa 10.000€ mehr Umsatz ab. Verständlich, dass Ronald auch auf den Verkauf von Avocados angewiesen ist, die teilweise als Schattenbäume zwischen den Kaffeepflanzen wachsen. Wie hoch der Kaffeepreis für die aktuelle Ernte ausfallen wird, weiß er noch nicht.