Azupizu – 6 Stunden tief im Regenwald

Ich kenne ein Yanesha-Dorf. Es liegt etwa einen sechs stündigen Fußmarsch entfernt, tief im Regenwald.
Um 5:00 Uhr morgens klingelte der Wecker, Regen prasselte leise auf das Dach unseres Projekthauses. Draußen fing es schon langsam an, hell zu werden, als zwei peruanische Teammitglieder, Henry und Lucero, meine Mitfreiwillige Fenja und ich uns für unseren Aufbruch nach Azupizu fertigmachten. Ein langer Tag sollte uns erwarten, ein langer Fußmarsch durch den Regenwald. Da unsere Rucksäcke klein und leicht sein mussten, konnten wir nur das Nötigste mitnehmen.

Der Weg ins Dorf- der erste Abschnitt

Den Weg starteten wir mit einem Pickup. Wir fuhren über die holprigen, von Schlaglöchern übersäten Straßen Zentralperus. Wir fuhren an den entwaldeten Flächen Cacazus vorbei, dem einstigen kulturellen Hauptzentrum der Yanesha-Nation, das aber in den 70er-Jahren, der Straße, Holzfällern und Rinderweiden Platz machen musste. Der Regen begleitete uns. Je weiter wir fuhren desto dichter wurde der Wald, die Grasflächen wurden seltener und es fühlte sich an, als würde man in der Zeit zurückfahren. Doch im Gegenteil, die Zeit fuhr mit uns. Denn während ich einerseits das Gefühl hatte, der Zivilisation zu entfliehen, so fuhren uns andererseits immer wieder mit Holz beladene Laster entgegen. Mir wurde klar, dass die Straße nicht für die Menschen gebaut wurde, sondern für den Transport von Ressourcen.
Nach zwei Stunden hielten wir schließlich am Rande einer Brücke. Hier begann eine Abzweigung des Wegs, der entlang des Flusses und durch den Dschungel der Hochlandregenwaldregion Amazoniens zu der Yanesha-Gemeinschaft San Geronimo führte.

Die Yanesha-Gemeinschaft

Von früheren Ausflügen nach San Geronimo wusste ich, dass in diesen Wäldern Vogelspinnen, Giftschlangen und Jaguare leben. Für die Yanesha-Gemeinschaft ist es allerdings mehr als ein Dschungel.
Seit 3500 Jahren stellt dieser Urwald das Herzstück der Yanesha-Kosmologie dar. An der Seite dieses Waldes hat sich ihre Kultur entwickelt. Wenn man mit den Yanesha durch den Wald läuft, werden unscheinbare Blätter zu Heilpflanzen, Wurzeln zu Giften, abgenagte Bromelien zu einer Fährte und schöne Lagunen zur Heimat von Mythen und Glauben. Es ist eine einzigartige Welt, in der beide Akteure in einer Interdependenz zueinanderzustehen scheinen. Ohne die Yanesha gäbe es keinen Wald mehr und ohne den Wald keine Yanesha. Und so sind sie beide gleichermaßen vor dem Aussterben bedroht.

Der Weg ins Dorf – das letzte Drittel

Je weiter wir gingen desto höher waren die Bäume entlang unseres Weges gewachsen. Gleichzeitig wurde der Wald aber immer lichter. Wir gingen über Bergrücken, durchquerten Flüsse und Täler, während wir immer wieder eine einmalige Aussicht auf die Weite der Baumgipfel in den Tälern und den Hängen bekamen. Doch die Luftfeuchtigkeit, die Schwüle und der vom Regen aufgeweichte Boden machten uns das Laufen unglaublich anstrengend und wir kamen nur langsam voran.
Nach sechs Stunden, das Wasser reichte uns in unseren Gummistiefeln mittlerweile bis zu unseren Waden, kamen wir schließlich auf einer kleinen Lichtung bei einem Haus an, von dem es noch weitere 40 Minuten bis nach Azupizu dauern sollte. Eine Yanesha rief uns zu, dass wir uns ausruhen sollten und lud uns auf einen „Masato“ ein, dem traditionellen Getränk der Yanesha, welches aus Maniok hergestellt wird. Von ihrem Garten aus hatten wir einen Ausblick auf einen wunderschönen Wasserfall auf der gegenüberliegenden Bergseite, der wohl 80 Meter hoch sein musste.

Die Ankunft in Azupizu

Als wir in Azupizu ankamen, war es schon später Nachmittag und da in Peru die Sonne um 18:00 Uhr untergeht, hatte auch schon die Abenddämmerung begonnen. Trotzdem blieb uns noch genug Zeit, um die Dorfgemeinschaft kennenzulernen, von der wir sehr herzlich empfangen wurden und die trotz der Isolation sehr gut organisiert ist. Solarplatten liefern Strom, Maulesel weiden auf dem kleinen Fußballplatz und es gibt Duschen, die die Schwerkraft nutzen, um das Wasser der höher gelegenen Bäche zu verwenden.
Als die Sonne unterging, gingen die Sterne auf, auf einzelne folgten viele und schon bald war der ganze Himmel von ihnen bedeckt. In den Büschen wurde das Spektakel von Glühwürmchen und Glühfaltern, deren Lichter wie Augen zwischen den Ästen aufblinkten, erwidert. Zu den Geräuschen der Zirpen und dem Quaken der Frösche legten wir uns schließlich schlafen. Der Boden des Gemeinschaftshauses diente uns als Bett, auf dem wir nur noch unsere Schlafsäcke ausbreiteten.

Doch ich konnte nicht richtig einschlafen. Die Geschichte der Yanesha, von der sie mir an vielen Abenden erzählten, hielten mich wach. Um verstehen zu können, was wir hier in dem Projekt tun, erzähle ich sie euch.

Ein Tag im Hogar de Vida

Unser Projekt „Hogar de Vida“ ist ein Kinderheim in der Stadt Atenas. Das Kinderheim befindet sich auf einem großen Gelände und legt viel Wert darauf, dass die Kinder hier lernen, eigenständig ihre Aufgaben zu lösen und Verantwortung zu übernehmen.

Auf dem Gelände des Kinderheims gibt es insgesamt drei Häuser, in denen Kinder wohnen. Genannt werden diese Häuser Casa 1, 2, 3 (Haus 1, 2 und 3). Im Heim wohnen 35 Kinder, die auf die Häuser aufgeteilt sind. Sie sind im Alter zwischen 0 und 8 Jahren. Ältere Kinder werden hier auch aufgenommen, wenn sie mit Geschwistern zusammen ankommen. Aufgrund der enormen Größe des Geländes gibt es daneben noch unzählige Spielmöglichkeiten wie Spielplätze, Trampoline und sogar zwei Pools.

Alle Kinder haben eine andere Geschichte, die sie in dieses Heim geführt hat. Uns wurde erklärt, dass das jeweilige Kind im Regelfall für mindestens sechs Monate im Heim bleiben, bevor zum ersten Mal die häusliche Familiensituation der Kinder überprüft wird. Können die Kinder noch nicht nach Hause, bleiben sie länger im Heim. So kommt es vor, dass einige (wenige) Kinder schon seit mehreren Jahren hier sind.

Das Projekt versucht besonders durch einen geregelten Tagesablauf, den Kindern eine Struktur und Ordnung zu geben, die sie mit der Zeit erlernen. Dabei werden sie rund um die Uhr durch die Tías (die Erzieher:innen) mit ganz viel Liebe und Zuneigung unterstützt.

Für Bildung und Persönlichkeitsentwicklung – Mein Engagement als Freiwillige in Costa Rica

Flughafen San José, Freitag, 26. August, 16 Uhr

Draußen regnet es. Die Luft ist schwül. Überall herrscht reges Treiben – Erschöpfung, Aufregung, Freude. Was erwartet uns? Wie wird das kommende Jahr wohl werden? Werden wir uns gut verständigen können? – Das waren meine ersten Wahrnehmungen und Fragen bei meiner Ankunft in Costa Rica, nachdem ich 13 Stunden hierher geflogen bin.

Mittlerweile sind bereits über acht Wochen vergangen und ich habe schon so einiges erlebt:

Umgeben von Gastfreundlichkeit, Palmen und Schildkröten

Vollgepackt rannten wir alle unter Zeitdruck die steinige Straße entlang und huschten in das Busbahnhofsgebäude. Einige von uns stiegen in einen Bus, der kurz darauf schon abfuhr. Da saßen wir Übrigen nun. In etwa einer Stunde sollten wir abgeholt werden.

Zwei Wochen zuvor

Wir Freiwilligen fuhren zu unserem Sprachkurs auf die VISIONEERS-Finca, die in den Bergen liegt. Damals schon hatte sich unsere ursprüngliche Gruppe an Freiwilligen, in der wir angereist waren, verkleinert gehabt. Nun war sie ein weiteres Mal geschrumpft. Wir saßen nur noch zu viert im Auto und bewegten uns immer weiter in Richtung Pazifikküste. Diese Fahrt zu unserem neuen Zuhause fühlte sich anders an. Als wir zum Abendessen einen kleinen Zwischenstopp einlegten und aus dem Auto stiegen, wurde plötzlich alles so greifbar und nah. Ich erinnere mich daran, dass es, trotz der späten Abendstunde noch warm und schwül war.
Jetzt geht es so richtig los, dachte ich. Ich spürte das ganz deutlich.

Ankunft

Als wir etwas später auf einem Schotterweg den Schildern mit der Aufschrift „Playa Bandera“ folgten und vor einem Gittertor in der Dunkelheit zum Stehen kamen, waren meine WG-Mitbewohnerin und ich beide ziemlich gespannt und auch etwas nervös. Eine lächelnde Frau schob zwei bellende Hunde zur Seite und wir wurden freudig hineingelassen.

Unsere WG befindet sich bei der Pulpería, die eine Mischung aus einem Hofladen und einem Kiosk ist, welche mehr oder weniger auch als Dorftreffpunkt fungiert. Unsere neue Familie ist unglaublich herzlich und liebenswert.

Gleich am nächsten Morgen wurden wir mit einem Willkommens-Frühstück als Teil der Familie begrüßt und auch in den Tagen darauf immer wieder zum Essen eingeladen. So durften wir uns mit klassischen und auch traditionellen Gerichten verwöhnen lassen und lernten uns gegenseitig, trotz kleiner Sprachbarrieren, bei tollen Gesprächen etwas besser kennen.

Erste Erlebnisse

Gleich an unserem zweiten Abend bekamen wir die Chance dazu, etwas wirklich Beeindruckendes mitzuerleben. Während des gemeinsamen Abendessens wurden wir über die Sichtung einer Meeresschildkröte informiert. Sofort machten wir uns auf den Weg zum Strand und konnten diese bei der Eiablage beobachten. Der Schutz der Meeresschildkröten stellt in Costa Rica ein großes Thema dar, da die Zahl dieser weltweit stark zurückgeht. Um die Eier vor Wilderern zu schützen, werden diese eingesammelt und in eine Art „Brutstation“ gebracht. Genau dabei durften wir in dieser Nacht behilflich sein. Wir sammelten die 130 tischtennisballgroßen, weichschaligen Eier der Schildkröte ein und brachten sie in Sicherheit. Schon am nächsten Tag leisteten wir Unterstützung dabei, kleine, frisch geschlüpfte Baby-Schildkröten eines anderen Muttertieres ins Meer zu entlassen – eine unvergessliche Erfahrung!
Die ersten Tage in Bandera nutzten wir nicht nur um uns einzurichten und erste Kontakte zu knüpfen, sondern auch um den Strand und die Umgebung zu erkunden. Zwischen Palmen und Sand genossen wir die Wellen, schlenderten durchs warme Wasser und fuhren mit dem Fahrrad in die Kleinstadt um einzukaufen, da wir hier grundsätzlich selbst fürs Kochen zuständig sind. Zusätzlich wurde es zu unserer festen Gewohnheit, immer wieder die Wolken am Himmel zu beobachten, damit wir nicht plötzlich vom Regen überrascht werden, was ganz typisch für die Regenzeit in Costa Rica ist, die etwa von Mai bis Oktober andauert.

El fin

En los últimos tres meses fueron de ardua preparación y trabajos internaciones donde me lleve sin duda uno de los mejores momentos de mi voluntariado y donde más aprendí pero a su vez  tenía un sentimiento muy extraño, momento donde había hecho mi vida en un año y seis meses. Donde tenía nuevos amigos, había conocido tanta gente  y vivido con otra cultura tan distinta a la mía pero  que ahora era parte de mí. Me encontré a mi mismo triste de irme y de volver a empezar pero a su vez feliz de ver a cuanta gente pude ayudar y cuantos chicos no olvidarán mi nombre…de que pude dejar mi grano de arena para que otros a través de mi ejemplo puedan llegar también a ser grandes voluntarios. Un año y seis meses de aventuras y  trabajo duro pero sobre todo formación donde aprendí de muchos grandes trabajadores  y magníficas personas que estuvieron a mi lado trabajando y enseñándome estoy muy agradecido con Dios y con la organización por dejarme ser parte de este hermoso proceso. Me voy a mi país con la ilusión de poder impactar la vida de muchos y de transmitir todo este aprendizaje y cultura en la vida de los que más lo necesiten.

Saludos cordiales y muchos éxitos a los demás voluntarios.

Rückblick- Meine Zeit in Costa Rica

Seit drei Tagen bin ich nun schon wieder bei meiner Familie zu Hause in Deutschland. Schon jetzt vermisse ich Atenas‘ gute Luft, die frischen Früchte, die es zum Frühstück gab, die netten Menschen auf der Arbeit und vieles mehr. Für mich war die Zeit in Costa Rica eine Zeit, die mit unglaublich vielen Erfahrungen und Erlebnissen gefüllt war und ich bin froh darüber, dass ich das erleben durfte. Leider waren es statt der geplanten 12 Monate letztendlich nur 10,5 Monate, die ich in Costa Rica verbracht habe, da sich meine Ausreise aufgrund von Corona verschoben hatte. Trotzdem war es aber genug Zeit für mich, um meinen Horizont erweitern zu können. Ich tauchte in eine andere Kultur ein, lernte eine andere Sprache und durfte ein soziales Projekt mit meinen Fähigkeiten unterstützen, was für mich von Anfang an das Wichtigste war. Inwiefern mich das Jahr aber verändert hat, möchte ich nun erläutern.

Mein Anfang 

Zum ersten Mal ging es für mich für eine so lange Zeit auf einen anderen Kontinent. Doch durch die Seminare von VISIONEERS gGmbH habe ich mich gut vorbereitet gefühlt und war somit bereit für ein Abenteuer. Zunächst musste ich mich Stück für Stück an das Land und an das Klima gewöhnen, das dort herrscht. In Costa Rica gibt es zum Beispiel eine Regenzeit, während der es jeden Tag regnet, wodurch die Natur aber grün und wunderschön aussieht! In den ersten zwei Wochen hatten wir zusätzlich einen Sprachkurs, der uns den Start in Costa Rica etwas vereinfachen sollte. Bereits in dieser Zeit lebte ich in einer Gastfamilie. So durfte ich recht schnell erfahren, wie stark sich die costa-ricanische Kultur von der deutschen unterscheidet. Beispielsweise wird hier sehr oft Reis mit Bohnen gegessen, egal ob morgens, mittags oder abends!

Das Projekt

Nach den zwei Wochen kam ich in meinem Projekt, einem Kinderheim an. Meine ersten Arbeitstage waren aufregend, da ich die Kinder, die „Tías“ (Erzieherinnen; wörtlich übersetzt Tanten) und das Gelände des Projekts kennenlernte. Zum Glück wurde ich gut aufgenommen. Ich versuchte schon von Anfang an, eine gute Unterstützung zu sein, was natürlich auch ein Prozess ist, der seine Zeit brauchte, da ich mich noch nicht so gut auf Spanisch verständigen konnte und viel mit Händen und Füßen ausgleichen musste, was ich mündlich nicht mitteilen konnte. Aber ich lernte schnell. Rückblickend kann ich sagen, dass ich mich auf der Arbeit jeden Tag wohler fühlte, weil ich mich immer mehr an alles gewöhnte und mir dadurch auch mehr Verantwortung übertragen wurde. So durfte ich nach ein paar Monaten beispielsweise jeden Tag für zwei Stunden auf zwei Kinder aufpassen.

 

Peru- Meine ersten Eindrücke

Es ist nun schon sechs Wochen her, seit ich frühmorgens, nach knapp 17 Stunden Flug in Lima, Peru gelandet bin. Trotz einer etwa neunmonatigen Vorbereitung auf meinen Freiwilligendienst, wusste ich doch nicht so recht, was mich erwarten wird.

Ich hatte also nur zwei Gedanken. Ich hoffte inständig, dass mein Gepäck da sein und dass mich jemand abholen würde. Und tatsächlich konnte ich sowohl meinen unversehrten Rucksack vom Gepäckband nehmen und wurde bereits von Maribel erwartet, die vor dem Flughafen stand, um mich abzuholen. Ich war also zunächst erleichtert. Doch dann sind wir mit einem Taxi in Richtung des Hotels gefahren und das war definitiv nichts für schwache Nerven. In Lima wird wild gehupt, rote Ampeln werden ignoriert und geordnete Fahrbahnspuren lassen sich höchstens erahnen. Allerdings siegte meine Neugier über meine Angst, sodass ich fasziniert aus dem Fenster schaute und alle neuen Eindrücke in mich aufsaugte.

Es folgten drei Tage, in denen ich das peruanische Großstadtleben etwas näher kennenlernen konnte. Neben der unerwarteten Feststellung, dass es im peruanischen Winter verdammt kalt sein kann, habe ich zum ersten Mal den Pazifik gesehen und „Chifa“ gegessen, ein an die chinesische Küche angelehntes Gericht. Ein wenig Kulturprogramm war auch dabei. Ich besichtigte die ‚Huaca Pucllana‘, eine der alten Ruinen, die noch den Anfängen der Lima-Kultur zuzuordnen ist. Daneben musste ich allerdings schnell feststellen, dass hier in Peru öfter mal alles ein wenig chaotisch und ungeplant ist. Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich allein innerhalb der ersten drei Tage mit Warten verbracht habe. Nicht einmal meine Verabredungen sind pünktlich gekommen. Dabei handelt es sich nicht nur um ein paar Minuten Verspätung, sondern bis zu zwei Stunden. Ich kann jetzt schon sagen, dass das etwas ist, woran ich mich gewöhnen muss, was mir aber bei meiner pünktlichen Art manchmal noch schwerfällt.

Neues Zuhause

Nach den drei Tagen fuhr ich am Samstagabend weitere zehn Stunden mit einem erstaunlich komfortablen Nachtbus an mein eigentliches Ziel, der Villa Rica. Das ist ein Städtchen in der Selva, der Regenwaldregion Perus, bestehend aus drei betonierten Hauptstraßen, von denen zahlreiche Nebenstraßen aus Schotter und Staub ausgehen.

Hier sind mir vor allem die einfach gebauten Häuser aufgefallen, die oft aus Blech bestehen. Zudem verfügt hier nicht jede:r über einen Wasseranschluss und warmes Wasser ist eine Seltenheit. An vielen Straßenrändern sammelt sich der Müll und Hygienemaßnahmen sind oft nur schwer umsetzbar. Je weiter man sich vom Zentrum entfernt, desto auffälliger wird die Armut. Das war im ersten Moment doch recht bedrückend für mich. Mir wurde bewusst, dass meine tägliche heiße Dusche und meine Heizung, die ich wie selbstverständlich nachts aufdrehen kann, wenn mir kalt sein sollte, alles andere als selbstverständlich sind. Seitdem ich darauf verzichten muss, lerne ich diese Privilegien, die ich habe, sehr zu schätzen.

Ich will hier aber natürlich auch die schönen Seiten hervorheben, denn Villa Rica ist mir echt sympathisch. Wenn man etwas braucht, muss man nur eine der drei Hauptstraßen entlanggehen und in einem der unzähligen kleinen Läden findet man schon etwas Passendes. Am Marktplatz gibt es auch einige kleine Cafés, in denen man den Kaffee aus Villa Rica oder einen frisch gepressten Fruchtsaft genießen kann. Die Highlights sind für mich die „Mirador La Cumbre“, eine Anhöhe von der aus man ganz Villa Rica sehen kann, und der „Laguna El Oconal“, ein See, den man mit kleinen Booten befahren kann. Sie sind auf jeden Fall einen Besuch wert. Die Menschen in Villa Rica sind nett und freundlich und auch das Team, mit dem ich hier zusammenarbeite, hat es mir sehr einfach gemacht, mich zurechtzufinden und in der ‚Familia Atiycuy‘ anzukommen. Die Organisation „Atiycuy Perú“, bei der ich ein Jahr arbeiten werde, hat ein eigenes Grundstück mit zwei Gebäuden für Büros und Unterkunft. Ich war positiv überrascht davon, wie schön die Anlage mit ihrem großen Garten und den unzähligen Pflanzen ist. Neben uns vier Freiwilligen, den beiden Hunden und der Schildkröte, schlafen auch einige Mitarbeiter:innen unter der Woche auf dem Gelände. Es ist also immer etwas los.

Meine Abenteuer in Peru

Inzwischen bin ich schon ein halbes Jahr hier und trotzdem erlebe ich immer noch jeden Tag etwas Neues.

Das letzte halbe Jahr hatte einige Höhen und nur wenige Tiefen.
Unter die Höhen fallen die vielen Abenteuer, die ich auf meiner Arbeit erlebt habe. Dazu gehört das Freilassen einer vier Meter langen  Boa-Schlange in das projekteigene Waldschutzgebiet oder auch jeder einzelne meiner Trips, der mich mitten in den Primärregenwald geführt hat, der so dicht bewachsen ist, dass es nicht einmal einen richtigen Weg gibt, den man entlanglaufen könnte, weshalb man praktisch dazu gezwungen ist, mit einer Machete bewaffnet oder in meinem Fall, mit einem Gehstock, zu wandern.

Aber auch außerhalb meiner Arbeit staune ich immer wieder darüber, wie viel ich hier in so kurzer Zeit erleben darf.
So gehört beispielsweise ein siebentägiger Wandermarsch über die bis zu 4.800 Meter hohen Berge Perus dazu, bei dem wir in alten Inkaruinen gezeltet haben sowie mein erster Marathon, den ich auf einer befahrenen Straße in der sengenden Hitze Pichanakis lief.

Sieben Tage wandern- Das Machu Picchu Abenteuer 

Der oben erwähnte Marsch war nicht von Anfang an als ein solcher geplant. Tatsächlich hatten Paul (ein anderer Freiwilliger) und ich vor, zur Choquequirao zu wandern, einer relativ wenig besuchten Ruine, zu der man ohne viel Gepäck ungefähr zwei Tage zu Fuß braucht.
Nun hatten wir aber viel Gepäck dabei und zusätzlich wenig Ausdauer. Im Endeffekt bedeutete das für uns, dass wir am Ende des zweiten Tages vollkommen kaputt waren und dabei nicht einmal den schweren Teil des Weges hinter uns hatten bringen können.
Wir überlegten bereits, ob wir den Rückweg mit einem Esel antreten sollten, als uns Emanuele begegnete. Lachend erzählte er uns von seinem Plan, anstelle der zwei Tage zur Choquequirao, lieber sieben Tage nach Machu Picchu zu wandern. In unserer damaligen Lage, völlig erschöpft und in Gedanken schon auf einem Esel zurückreitend, war es für uns eigentlich undenkbar, uns ihm anzuschließen. Eigentlich. Denn in den Tagen darauf fanden wir uns auf dem Weg nach Machu Picchu wieder, was vermutlich Emanueles Charme zu verdanken war.
Mit blutig gestochenen Beinen liefen wir über Bergspitzen und an Ruinen vorbei, bis ich mir im nächsten Dorf (Yanama) eine Lebensmittelvergiftung zuzog.
Nachdem ich mich davon erholt hatte, fuhren wir aufgrund von Zeitmangel per Lastwagen zum nächstliegenden Campingplatz (Lucmabamba) weiter, von wo aus wir nur noch etwa 24 km bis zum Ziel laufen mussten.
Letztendlich haben wir es geschafft, nach sieben Tagen trocken und sauber anzukommen. Zugegebenermaßen war es zwischendurch eine der unangenehmsten Wanderstrecken meines Lebens, was größtenteils der Mischung aus schlechtem Essen und einem erschöpften, kranken Körper geschuldet war, doch gleichzeitig warte ich bereits auf das nächste Abenteuer, dieses Mal aber mit stärkerem Magen.

Nicaragua

„Good News: Es darf wieder Nicaragua bereist werden.“

Als wir diesen Satz gelesen haben, stand für Julina und mich sofort fest, dass dieses Land ganz oben auf unserer Bucketlist steht.
Anfang Mai war es dann endlich soweit, mit Reisepass und negativem PCR-Test im Gepäck durften wir die Grenze nach Nicaragua überqueren. Aber schon der Start war chaotisch. Wir hatten weder Cordoba (die nicaraguanische Währung) dabei, noch hatten wir uns vorher über den Wechselkurs informiert. So wurden wir bereits in den ersten fünf Minuten von dem Busfahrer übers Ohr gehauen. Aufgefallen ist uns das allerdings erst ein paar Tage später, als wir langsam ein Gefühl dafür bekamen, wie wenig öffentliche Busse hier wirklich kosten.

Für uns ging es mit dem Bus dann über Managua, der Hauptstadt Nicaraguas, nach Leon. Spätestens in Managua bemerkten wir dann die deutlichen Unterschiede im Vergleich zu Costa Rica. An der Busstation ging es chaotisch zu. Viele alte, gelbe amerikanische Schulbusse, dazwischen ein paar Marktstände und Taxis und weit und breit, abgesehen von uns beiden, keine anderen Touristen. Die Busse fahren hier auch nicht nach Fahrplan, sondern dann, wenn sie voll sind, und zwar so voll, dass man meinen könnte, wenn noch jemand einstiege, platze der Bus. Aber trotzdem steigen immer wieder Händler ein, quetschen sich durch die proppenvollen Gänge und bieten kaltes Wasser, geschnittenes Obst, Krokant oder Süßigkeiten an, nur um an der nächsten Station wieder auszusteigen und mit dem nächsten Bus zurückzufahren.

Leon

Leon, die Universitätsstadt des Landes, ist ein sehr nettes Städtchen. Die alten Kolonialhäuser sehen größtenteils ein bisschen ramponiert aus, aber genau das verleiht der Stadt ihren Charme als liberale Studentenstadt und Zentrum der Revolutionskämpfe 1978/79. Auf den Straßen reihen sich die mit Studenten gefüllten Cafés und Bars aneinander.
Bei unserer Ankunft hatten wir Glück und konnten direkt beim traditionellen Tanzen zuschauen. Vor der wunderschönen Kulisse der weißen Kathedrale haben verschiedene Gruppen von Kindern und Jugendlichen traditionelle sowie modernere Tänze aufgeführt. In der großen Markthalle hingegen sind wir eher der älteren Stadtbevölkerung begegnet, die uns großzügig die eine oder andere Frucht zum Probieren geschenkt hat.

Granada

Nachdem Julina und ich uns in das kleine Städtchen verliebt hatten, fuhren wir kurz danach schon weiter nach Granada. Auch hier stehen immer noch alte Kolonialhäuser, allerdings sind diese, zumindest in der Innenstadt, aufpoliert und hergerichtet, wodurch die Stadt ganz anders auf uns wirkte als Leon. Trotzdem handelt es sich aber auf jeden Fall auch um eine sehr schöne und gemütliche Stadt, nur eben auf eine ganz andere Weise als Leon es ist. Von Granada selbst haben wir in einem halben Tag alles gesehen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, viele schöne Ausflüge in der Umgebung zu machen. Julina und ich waren zum Beispiel in Masaya auf einem großen Markt voller Kunst, Handwerk und Andenken und auf dem gleichnamigen Vulkan in dessen Krater wir Lava sehen konnten!

Naturschutz in Costa Rica: von exzessiver Abholzung zum Naturschutz

Costa Rica ist weltweit bekannt für seine Bemühungen um den Naturschutz in seinem Land. Über ein Viertel des Landes steht unter Schutz und etwa 98% der Energie wird aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Zudem hat die Regierung ehrgeizige Pläne in Bezug auf die CO2 -Neutralität. Doch das war nicht immer so. In den 1960er Jahren begann die großflächige Abholzung des Regenwaldes, um das Holz zu verkaufen und so mehr Fläche für Anbau und Viehhaltung zur Verfügung zu haben. Zwar stellte die Regierung schon im Jahr 1960 viele Teile des Landes unter Naturschutz und auch die ersten Nationalparks wurden gegründet, doch das reichte nicht aus. Innerhalb von 30 Jahren waren von ursprünglichen 75% nur noch etwa 20% des Landes bewaldet. Mitte der 1990er Jahre beschloss die Regierung dann, neue Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Tiere einzuführen.

 

Die Brücke überqueren

Morgens zum Geschrei der Kinder aufwachen, mir einen Smoothie aus tropischen Früchten mixen und mit meinen Mitbewohnerinnen gemütlich frühstücken, bevor wir uns in der warmen costa-ricanischen Sonne auf den Weg zur Arbeit machen, das alles gehört für mich mittlerweile der Vergangenheit an. Und so schön es hier in Deutschland bei meiner Familie und meinen Freunden auch ist, vermisse ich dennoch die Zeit in Costa Rica sehr.
Oft gehe ich durch meine Fotobibliothek auf meinem Handy, schaue mir die Fotos aus dem Jahr an und erinnere mich wieder an die ganzen Dinge, die dieses Jahr so besonders gemacht haben. Wie ich den höchsten Berg Costa Ricas bestiegen habe oder die längste Zipline Lateinamerikas entlanggesaust bin; oder ich erinnere mich an das WG-Leben, das solch eine Nebensache zu sein scheint, die das Jahr aber trotzdem so bedeutsam für mich gemacht hat. Besonders die Bilder meiner Abschiedszeit machen mich immer noch emotional.
In meinem ehemaligen Projekt, dem Kinderheim “Hogar de Vida” sind Abschiede natürlich ein sensibles Thema. Denn einem kleinen Kind kann man natürlich nicht einfach sagen, dass es noch nicht zur Mama zurückdarf, während ein anderes Kind schon nach kürzerer Zeit das Kinderheim verlässt. Deshalb wird dort die Metapher der Brücke verwendet. Die Kinder stehen auf der einen Seite der mit Steinen und Ästen blockierten Brücke und auf der anderen Seite die Familie. Beide Seiten müssen „arbeiten“, um die Steine und Äste aus dem Weg zu räumen und die Brücke überquerbar zu machen. „Arbeiten“ bedeutet in dem Fall der Kinder, gemeinsam mit den Tias (den Betreuerinnen) an Verhaltensweisen zu arbeiten und Meilensteine in der Entwicklung zu erreichen. Aber nicht nur für die Kinder wird diese Metapher verwendet. Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin das Kinderheim verlässt, überquert er/sie auch die Brücke. Und so habe ich auch an meinem letzten Arbeitstag in Costa Rica den letzten Stein von der Brücke gehoben und habe den Weg zu meiner Familie in Deutschland freigeräumt.