SAYÛ – oder auch: helfen – Teil 2

Buenos días zusammen!

Seit unserem letzten Artikel sind nun schon einige Wochen vergangen und wir haben viel Neues und Spannendes aus unserem Projekt in Quepos zu berichten.
In unserem ersten Artikel haben wir vorwiegend den Musikunterricht beschrieben, weshalb wir euch nun unsere weiteren Aufgaben im Projekt SAYÛ vorstellen wollen.

Der Englischunterricht

Neben dem Musikunterricht bieten wir auch Englischunterricht an, bei welchem wir die Grundlagen der Sprache und die Freude an der Kommunikation in einer Fremdsprache vermitteln möchten. Wir sind natürlich keine ausgebildeten Lehrkräfte, aber durch unsere Schulbildung haben wir die Möglichkeit, unser Erlerntes weiterzugeben. Quepos ist eine Stadt, die fast ausschließlich vom Tourismus lebt, weshalb das Beherrschen der englischen Sprache eine wichtige Fertigkeit ist. Vor allem die Angestellten in Hotels und Restaurants müssen sich auf Englisch verständigen können, um mit den Reisenden zu kommunizieren. Trotz des großen Interesses kamen auch in Englisch weniger Schüler:innen zu den Unterrichtsstunden, als sich angemeldet hatten. Wir haben derzeit vier Englischgruppen mit durchschnittlich etwa fünf Schüler:innen im Alter von zehn bis 45 Jahren. Aufgrund dieses großen Altersunterschiedes haben die Teilnehmenden natürlich verschiedene Sprachniveaus und lernen unterschiedlich schnell. Da sich die Schüler:innen aber gegenseitig unterstützen, macht der Unterricht Spaß und funktioniert wirklich gut. Wir versuchen, neben kleinen Grammatikeinheiten, Themen zu besprechen, die die Schüler:innen interessieren und Vokabular zu vermitteln, das sie im Alltag wirklich brauchen. Beispielsweise üben wir, sich selbst vorzustellen, einfache Dialoge zu führen und Wege zu beschreiben. Zurzeit lernen wir weihnachtliche Vokabeln und hören englische Weihnachtslieder.
Die Teilnehmenden freuen sich über die kleinen Fortschritte und über die Möglichkeit, einen kostenlosen Englischunterricht besuchen zu können.

Ein besondere Aktion abseits des Alltags

Ein weiteres Anliegen des Projektes SAYÛ ist der Umweltschutz. Dieses Thema ist in unserer täglichen Arbeit wenig vertreten, daher haben wir uns sehr gefreut, als wir am 19. November bei einer Strandaufräumaktion helfen sollten. Diese wurde anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Nationalparks Manuel Antonio veranstaltet. Um 7 Uhr morgens fuhren wir alle zusammen im strömenden Regen mit dem Bus in Richtung Park. Bevor es an das Aufräumen ging, präsentierte die Folklore-Gruppe von SAYÛ einige Tänze. Danach wurden wir von dem Leiter des Nationalparks begrüßt und in kleine Gruppen aufgeteilt. Anschließend wurde jeder mit Handschuhen und einer Mülltüte ausgestattet und dann ging es auch schon in den Park.
Neben den befestigten Wegen mit einigen Aussichtsplattformen befinden sich im Nationalpark zwei Strände, an denen wir den Müll einsammeln sollten. Nach etwa zweieinhalb Stunden hatten wir einigen Müll gefunden. Vor allem lagen viele kleine Plastikteile, wie Flaschendeckel, im Sand. Zusätzlich brachten wir sehr viel Treibholz hinter die Absperrungen des Strandes, damit dieses nicht wieder ins Meer gelangt.
Anschließend bekamen alle Helfer:innen frische Früchte und Fresco spendiert. (Frescos sind zuckersüße Getränke, wie Eistee, die in Costa Rica sehr viel getrunken werden – Wasser dagegen, wird hier eher weniger angeboten.)

Der Tag war zwar anstrengend, hat jedoch auch sehr viel Spaß gemacht und war eine schöne Abwechslung zu unserem Alltag.

SAYÛ – oder auch: helfen

„Sayû“ bedeutet in der indigenen costa-ricanischen Sprache Boruca „helfen“ und „unterstützen“ und genau das spiegelt unser Projekt auch wider.

Vorstellung

Buenos días, wir sind Aline und Clara. Seit nun zwei Monaten sind wir Freiwillige der „Fundación SAYÛ“ in Quepos. SAYÛ ist eine junge Organisation, die 2020 mit dem Ziel gegründet wurde, die zentralpazifische Region um Quepos ganzheitlich zu unterstützen.

Unsere Arbeit

Unsere Aufgabe in der Organisation ist es, die sprachliche und musikalische Bildung zu fördern. Der Unterricht findet in dem Kulturhaus von Quepos statt und ist für jede Altersgruppe kostenlos zugänglich.
Zum einen unterrichten wir Englisch für Gruppen, die derzeit aus Schüler:innen im Alter von 10 bis 65 Jahren bestehen. Zum anderen geben wir Musikunterricht für eine Gruppe von Anfänger:innen, denen wir versuchen, die musikalischen Grundlagen wie Notenwerte, -namen und Taktarten, spielerisch zu vermitteln sowie einer Gruppe von Fortgeschrittenen. Zwei Klarinetten, zwei Saxophone, zwei Posaunen und eine Querflöte bilden dabei momentan die Gruppe an Blasinstrumenten. Das Ziel des Musikunterrichts ist es, eine Marching Band aufzubauen, an der jede:r, unabhängig von der finanziellen Situation, teilhaben kann. Marching Bands sind in Costa Rica ein großer Teil der Kultur und treten bei nationalen Feiertagen, wie dem Unabhängigkeitstag am 15. September, in Paraden auf.

Die ersten Eindrücke

An unseren ersten Tagen in Quepos wurde das Kulturhaus wiedereröffnet, wo wir Zury und Christian, unsere Chefs sowie einige weitere Leute aus Quepos kennenlernten. Wir wurden herzlich empfangen und haben die Organisation SAYÛ als engagiert und motiviert wahrgenommen.
Die erste Arbeitswoche bei SAYÛ haben wir damit verbracht, Ideen zu sammeln und unseren Stundenplan zu gestalten. Da wir die ersten Freiwilligen in diesem Projekt sind, die in dem Bereich der musikalischen und sprachlichen Bildung arbeiten, wussten wir anfangs nicht, was uns erwarten wird und welches Niveau die Schüler:innen haben werden. Die Unterrichtsvorbereitung war deshalb gar nicht so einfach. Insgesamt haben sich 70 Schüler:innen angemeldet, die wir je nach Verfügbarkeit in Gruppen auf die Tage Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag aufgeteilt haben. Am Freitagabend trat die Folklore-Tanzgruppe von SAYÛ anlässlich des Unabhängigkeitstages, im Hafen von Quepos, auf. So lernten wir an diesem Abend nicht nur den traditionellen costa-ricanischen Tanz, sondern auch weitere Mitglieder:innen der Organisation kennen. Im Anschluss waren wir noch gemeinsam Abendessen, wodurch wir uns direkt integriert fühlten.

Der Start ins Projekt

In der zweiten Woche sollte dann auch schon der Unterricht starten. Vor unserer ersten Unterrichtsstunde waren wir zwar nervös, aber auch gespannt auf die Zusammenarbeit mit den Schüler:innen. Die ersten Stunden waren geprägt von Spontanität und Kreativität, da das Niveau in der Realität niedriger war als bei der Anmeldung angegeben. Weiterhin wurden wir sprachlich, vor allem im Musikunterricht, herausgefordert und mussten uns das musikalische Vokabular erst einmal aneignen.
Schließlich stellte sich am Ende der Woche heraus, dass statt der 70 angemeldeten Leute nur etwa die Hälfte tatsächlich zum Unterricht kommt. Unseren Chef Christian hat dies nicht sonderlich überrascht. Er sagt, dass sich die meisten Ticos, wie man die Costa Ricaner hier nennt, Freizeitaktivitäten gegenüber nicht verpflichtet fühlen.
Am Wochenende haben wir außerdem unsere Blasinstrumentengruppe kennengelernt. Die Schüler:innen erhalten seit einem Jahr Instrumentalunterricht, welchen wir jetzt weiterführen. Besonders hervorheben sollte man, dass keiner der Schüler:innen Unterricht von Lehrer:innen erhalten hat, die selbst auch das jeweilige Instrument spielen. Wie oben bereits erwähnt, ist der Musikunterricht kostenlos, die Instrumente werden von SAYÛ gestellt und die Mitwirkenden arbeiten ehrenamtlich. Finanziell ist es daher nicht möglich, professionelle Instrumentallehrer:innen einzustellen. Die Schüler:innen lernten mit Musikheften und YouTube-Videos die Grundlagen (Griffe und Notenwerte). Es ist sehr beeindruckend, wie motiviert die Musikschüler:innen nach einem Jahr des zähen und schleppenden Lernens geblieben sind.

Persönlicher Bezug zur Musik

Da wir beide seit mehr als zehn Jahren Klarinette lernen und in Orchestern aktiv sind, macht uns der Unterricht mit den Klarinetten am meisten Spaß. Hier können wir unser Wissen am besten einbringen und weitergeben. Trotzdem mussten wir uns dafür aber erst einmal das System der Böhm-Klarinette, welches weltweit, außer im deutschsprachigen Raum, verwendet wird, aneignen. Im Unterricht und bei den Proben können wir die neuen Griffe noch festigen. Neben unserem Spanisch stärken wir somit auch das neu gelernte Klarinettensystem.
Im Gegensatz dazu gestaltet sich der Unterricht mit den anderen Blasinstrumenten schwieriger, weil wir die Instrumente nicht selber spielen. Dass wir als Klarinettistinnen überhaupt andere Instrumente unterrichten würden, war uns vorher nicht bewusst. Um ehrlich zu sein, waren wir im ersten Moment auch ein wenig darüber schockiert, als wir dies erfahren haben. Da wir in Deutschland eine andere musikalische Bildung erhalten haben, war es für uns nur schwer vorstellbar, dass dieses Konzept umsetzbar ist. Das Lernen hier funktioniert anders als wir es kennen, aber wir konnten bis jetzt schon einige Fortschritte bei den Schüler:innen wahrnehmen.
Bei den Proben mit allen Instrumenten zusammen werden wir von Yoxan, dem vorherigen Musiklehrer, weiterhin unterstützt. Er hat sich das Klavier-, Gitarre- und Trompetenspielen selbst beigebracht, obwohl er, wie viele Musiker:innen in Costa Rica, auch keine theoretische Musikbildung erhalten hat. Yoxan freut sich daher, wenn wir ihm in der Musiktheorie Tipps geben können, wohingegen wir sehr erleichtert über seine Erfahrung im Unterrichten sind. Der gegenseitige Austausch ist nicht nur lehrreich, sondern macht auch viel Spaß. So vergingen unsere ersten Wochen ziemlich schnell und keine Woche war wie die vorherige.